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Erzbistum Paderborn
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Wie sich das Ehrenamt verändert

Worauf es beim Ehrenamt heute ankommt und wie die Corona-Pandemie das Engagement verändert.

Interview mit Daniela Deittert, zuständig für Ehrenamtsförderung

Ob in der Gemeinde, in kirchlichen Einrichtungen oder in der Kinder- und Jugendarbeit, ob in Liturgie, Caritas oder einem der vielen anderen Bereiche, die dazugehören: Kirche lebt vom Ehrenamt. Allein mit Hauptberuflichen wäre Kirche wie auch unsere Gesellschaft kaum vorstellbar. Wie sich das Ehrenamt entwickelt hat, worauf es heute ankommt und wie die Corona-Pandemie das Engagement verändert, erklärt Daniela Deittert, im Erzbischöflichen Generalvikariat Paderborn mitverantwortlich für die Ehrenamtsförderung.

Redaktion

Wer engagiert sich in der Kirche ehrenamtlich: Sind das immer die gleichen Leute?

Daniela Deittert

So allgemein lässt sich das gar nicht sagen. Natürlich gibt es Personen, die sich schon seit vielen Jahren ehrenamtlich engagieren und da ihr ganzes Herzblut reinstecken. Doch die unterschiedlichen Rahmenbedingungen in den unterschiedlichen Trägern und Organisationsformen sowie Regionen bringen ja ganz verschiedene Voraussetzungen für Ehrenamtliche mit. Immer die gleichen Leute – das kann man so deshalb nicht sagen. Ein Beispiel: Ich habe von Gemeinden während der Corona-Pandemie gehört, dass gerade diese anderen Zeiten dafür gesorgt haben, dass sich viele neue Leute für neue Projekte, die während der Pandemie entstanden sind, gemeldet haben. Selbst diese Phase, in denen das Ehrenamt vielerorts komplett still stehen muss, kann also eine Zeit sein, in der sich kleine Dinge positiv verändern.

Redaktion

Sie kümmern sich um die Ehrenamtsförderung: Was bedeutet das genau?

Daniela Deittert

Das Erzbischöfliche Generalvikariat in Paderborn ist selbst kein Träger von Ehrenamt. Unsere Aufgabe besteht mehr darin, die vielen Träger von Ehrenamt zu beraten und zu schauen, was die Träger brauchen, um die Ehrenamtlichen bestmöglich zu begleiten und zu fördern, zum Beispiel.

Redaktion

Wovon hängt es denn ab, welches Ehrenamt zu mir passt?

Daniela Deittert

Das Ehrenamt zu fördern, bedeutet für uns auch: Talente zu entdecken und Potentiale zu entfalten. Jeder Mensch ist mit Fähigkeiten ausgestattet, die Gott ihm gegeben hat. Zusammen mit den Trägern geht es dann darum, herauszufinden: Wie kann ich meine Fähigkeiten gut einsetzen zum guten Gelingen einer Gemeinschaft? Ob ich mein Talent jetzt im kirchlichen Umfeld oder an anderer Stelle mit dem Wissen, dass ich es als Christ tue, einsetze, ist nebensächlich. Fördern heißt, auf die Potentiale zu schauen, die der Person gut tun und auch darauf, bei welchem Engagement sie sich wohl fühlt.

„Das Ehrenamt zu fördern, bedeutet für uns auch: Talente zu entdecken und Potentiale zu entfalten. Jeder Mensch ist mit Fähigkeiten ausgestattet, die Gott ihm gegeben hat. Zusammen mit den Trägern geht es dann darum, herauszufinden: Wie kann ich meine Fähigkeiten gut einsetzen zum guten Gelingen einer Gemeinschaft?“

 

Daniela Deittert, Ehrenamtsförderung

Redaktion

Wie hat sich denn das Ehrenamt in den letzten Jahren verändert?

Daniela Deittert

Während das Ehrenamt früher sehr stark und längerfristig an einen Träger gebunden war, erleben wir heute zunehmend ein „spontanes“ Ehrenamt. Der Umstand, dass Menschen sich über Jahre und viele Stunden engagieren, werden weniger. Insgesamt steigt das Engagement aber sogar. Nur die Art und Weise, wie ich mich engagiere, verändert sich eben.

Redaktion

Ist das nur im kirchlichen Bereich so oder ein allgemeiner Trend?

Daniela Deittert

Die Bundesregierung gibt für Deutschland alle fünf Jahre eine Studie dazu in Auftrag, das sogenannte Freiwilligensurvey. Die aktuelle Version aus dem Jahr 2019 zeigt, dass sich ungefähr 40 Prozent der über 14-Jährigen ehrenamtlich in der Gesellschaft engagieren. Während früher mehr Leute in festen Ämtern waren oder mindestens sieben Stunden pro Woche für das Ehrenamt aufgewendet haben, ist das heute weniger: 60 Prozent geben an, „bis zu zwei Stunden pro Woche“ für das Ehrenamt aufzuwenden. Dieses sporadische und spontane Ehrenamt, das bei einigen Personen auch nur auf bestimmte Projekte und nicht eine ganze Einrichtung gerichtet ist, wird eher nachgefragt.

Redaktion

Was bedeutet diese Entwicklung hinsichtlich des Ehrenamts?

Daniela Deittert

Es macht es schwieriger, Vorstandsämter zu besetzen, da die Leute eine Vorlaufzeit brauchen, um in solche Ämter reinzuwachsen, In gewissen Bereichen braucht es eine Zuverlässigkeit. Dennoch muss sich ein Träger für ehrenamtliches Engagement fragen: Wie flexibel bin ich in dem, was ich den Ehrenamtlichen anbieten kann?

Redaktion

Das hört sich an, als wäre in einigen Bereich ein Umdenken erforderlich.

Daniela Deittert

Es geht um die Frage: Warum brauchen wir Ehrenamt? Brauchen wir Ehrenamt, nur um Aufgaben zu erfüllen, weil wir denken, dass wir diese Aufgaben als Kirche benötigen? Oder ist es nicht sinnvoller, dass Menschen einfach ihre Potentiale und Überzeugungen einbringen, auch wenn es erstmal nur für einen kürzeren Zeitraum ist? Wir sind manchmal noch sehr Aufgaben-gelenkt. Ich glaube aber, dass es in Zukunft darauf ankommen wird, zu überprüfen, welche Dinge uns als Menschen ausmachen.

© Rawpixel.com / Shutterstock.com
Ehrenamt findet heute eher spontan statt.
Redaktion

Also wissen die Menschen auch ohne vorgeschriebene Aufgabe eigentlich sehr gut, wo sie sich engagieren wollen und müssen?

Daniela Deittert

Ich finde, das hat die Flüchtlingskrise sehr gut gezeigt. Unglaublich viele Menschen wollten sich dabei engagieren, als sie das gesehen haben. Der Geist der Menschen weiß schon sehr gut, wann und wo Hilfe benötigt wird. Deshalb gibt es besonders im caritativen Bereich eine hohe Engagement-Quote. Dort finden die Menschen einen Sinn in ihrer Arbeit.

Redaktion

Wie kann es gelingen, den Menschen Anerkennung zu zeigen und ihren Einsatz zu würdigen?

Daniela Deittert

Das Mittel der Wahl ist, sich klarzumachen: Wie werde ich den Menschen gerecht? Natürlich gibt es anerkennende Nachweise des ehrenamtlichen Engagements. Aber ich glaube, dass Dinge wie ein persönliches Danke und ein ehrliches Feedback die Menschen noch besser erreichen. Sich Zeit dafür zu nehmen, die Menschen hinter dem Ehrenamt zu sehen, ist wichtig. Es braucht nette, gemeinsame Abende oder Feiern, aber auch die persönliche Wertschätzung, maßgeschneidert auf das einzelne Tun. Engagement muss gesehen werden.

Redaktion

Muss man nun befürchten, dass durch die Corona-Pandemie einige ehrenamtliche Stützen wegbrechen?

Daniela Deittert

Es gibt viele Menschen, die nur darauf warten, sich in verschiedensten Bereichen wieder einzubringen und ehrenamtlich aktiv zu sein. Es wird aber auch andere Menschen geben, die richtig eingespannt waren während der Pandemie und erstmal erschöpft sind und keine Lust haben. Die dürfen wir nicht aus dem Blick verlieren. Es wird eine spannende Zeit, allen gerecht zu werden. Dazu braucht es ein gutes, seelsorgliches Ohr für die Ehrenamtlichen und ihre Fragen. Wir brauchen Geduld und Einsicht. Es gilt: Zuerst müssen wir auf den Menschen schauen und dann auf die Aufgabe.

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