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Erzbistum Paderborn
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Frauen in den Pfarrgemeinderat, Männer in den Kirchenvorstand?

Interview mit Klemens Reith über die ungleiche Präsenz der Geschlechter in ehrenamtlichen Gremien

Die Verhältnisse sind eindeutig: In den Kirchenvorständen des Erzbistums Paderborn sind 80 Prozent der Mitglieder männlich, in den Pfarrgemeinderäten 65 Prozent der Mitglieder weiblich. Warum ist das so, und was bedeutet das für die Pastoral vor Ort – jetzt und zukünftig? Darüber haben wir mit Klemens Reith aus dem Bereich Pastorale Dienste gesprochen, Referent für Sakramentenpastoral und langjähriger Begleiter von Pfarrgemeinderäten und Kirchenvorständen.

Redaktion

Kirchenvorstände sind eher männlich, Pfarrgemeinderäte eher weiblich besetzt – trifft sich das mit Ihren Erfahrungen?

Klemens Reith

Ja, absolut. Ich habe von 2001 bis 2012 Pfarrgemeinderäte und Kirchenvorstände begleitet. Da bin ich der „typischen“ Geschlechteraufteilung immer wieder begegnet. Jetzt, im Referat Sakramentenpastoral, habe ich auch immer wieder mit Gremien zu tun. Und es hat sich nichts geändert.

Redaktion

Welche Gründe gibt es dafür?

Klemens Reith

Was den Kirchenvorstand angeht: Ich vermute, da hat es etwas mit der Aufgabenstellung zu tun. Der Kirchenvorstand ist ja unter anderem für die kirchliche Vermögensverwaltung zuständig. Entsprechend sucht der Pfarrer für dieses Gremium nach Fachleuten aus den Bereichen Verwaltung, Finanzen, Immobilien und Recht. Und die vermutet er – meist unbewusst – bei Männern. So wird eine Vorauswahl getroffen, bei der auch die Frage eine Rolle spielen kann, mit wem der Pfarrer gut kann. Und tatsächlich ist es ja so, dass die genannten Arbeitsfelder – gerade bei Leitungspositionen – noch stark männerdominiert sind.

Redaktion

Und wie ist es beim Pfarrgemeinderat?

Klemens Reith

Beim Pfarrgemeinderat läuft es anders. Eine Vorauswahl und auch die Konzentration auf bestimmte Fachleute fallen dort weg. Es wird mehr gefragt, wer sich engagieren möchte und welche Leute welche Felder abdecken können. Die Kandidatinnen und Kandidaten, die sich für den PGR aufstellen lassen, sind sozusagen bunter und vielfältiger.

Redaktion

Kann die unterschiedliche Verteilung der Geschlechter zum Problem werden?

Klemens Reith

Naja, wenn der frauendominierte Pfarrgemeinderat etwas plant, was dann vom männerdominierten Kirchenvorstand „bewilligt“ werden muss oder sogar abgelehnt wird, dann entsteht natürlich eine Schieflage. Wenn so etwas vorkommt, finde ich dann aber auch das grundsätzliche Kräfteverhältnis zwischen Pfarrgemeinderat und Kirchenvorstand problematisch.

Redaktion

Inwiefern?

Klemens Reith

Es müsste ein stärkeres Miteinander der beiden Gremien geben. Die Verwirklichung von gemeinsamen Zielen müsste mehr im Vordergrund stehen. Im Grunde müsste es sogar so sein, dass der Kirchenvorstand jene Ideen und Konzepte umsetzt, die im Pfarrgemeinderat gedacht und geplant werden. Ein gutes Beispiel dafür sind die Immobilien in einer Pfarrei oder die Frage, ob eine Immobilie gehalten wird oder nicht. Obwohl davon natürlich das Vermögen einer Pfarrei betroffen ist, kann das nicht allein die Entscheidung des Kirchenvorstands sein. Es ist auch eine pastorale Frage und damit auch eine Sache des Pfarrgemeinderates. Mit der geplanten Immobilienstrategie geht das Erzbistum ja auch in diese Richtung.

Redaktion

Sie sagen „ Es müsste so so sein“…

Klemens Reith

Die Rolle des Pfarrgemeinderates ist nicht ganz klar. Als die Statuten für Pfarrgemeinderäte im Erzbistum Paderborn neu gefasst wurden, hat man es vermieden, ihn zu einem Leitungsgremien zu machen, man spricht stattdessen von einem „Gremium der Mitverantwortung“. Wäre er Leitungsgremium geworden, könnte er heute in ganz anderer Weise die Pastoral vor Ort mitgestalten.

Redaktion

Welche Auswirkung hätte eine paritätischere Geschlechterverteilung in den Gremien?

Klemens Reith

Ich habe es selbst erlebt, wie sich die Atmosphäre verändert hat, als ein Kirchenvorstand auf einmal ein weibliches Mitglied hatte. Es kamen andere Sichtweisen in das Gremium, andere Dynamik. Ich möchte nicht in Klischees verfallen, aber nach meiner Erfahrung besteht die Gefahr, dass die Dinge ausschließlich sachlich und rational oder auf der Machtebene behandelt werden, wenn Männer unter sich sind. Sind Frauen dabei, wird stärker die Bedeutungs- und Beziehungsebene mitgedacht. Das hat auch Strahlkraft nach außen, wenn die Gemeinde weiß, dass im Kirchenvorstand nicht nur von Männern entschieden wird.

Klemens Reith aus dem Referat Sakramentenpastoral im Erzbischöflichen Generalvikariat hat viele Jahre lang Pfarrgemeinderäte und Kirchenvorstände begleitet. Mit Blick auf die Zukunft sagt er: “Es zeichnet sich ab, dass die ehrenamtlichen Gremien mehr Verantwortung übernehmen müssen, auch Leitungsverantwortung. Umso wichtiger wäre es dann, dass sie mit Männern und Frauen paritätisch besetzt sind.”

Redaktion

Und wenn in einen Pfarrgemeinderat mehr Männer einziehen?

Klemens Reith

Im Grunde ist es das gleiche: Ich erlebe es so, dass dann die nüchtern-sachliche Betrachtungsweise stärker wird. Und dass auch mal deutlicher gesagt wird: „Nein, so nicht!“. Übrigens auch zum Pfarrer. Das sind zumindest Tendenzen, die ich beobachte.

Redaktion

Wie könnte man Ihrer Meinung nach das Problem der ungleichen Geschlechterverteilung in den Gremien angehen?

Da müsste es vermutlich eine Musterunterbrechung geben. Man dürfte nicht zuerst schauen: Wer könnte bei der nächsten Wahl kandidieren? Sondern: Was sind unsere Aufgaben in der Pfarrei? Was wollen wir – Kirchenvorstand und Pfarrgemeinderat – gemeinsam erreichen? Wenn die programmatische Ausrichtung klar ist, schaue ich anders nach Kandidatinnen und Kandidaten. Dafür wäre es meiner Meinung nach aber dringend notwendig, das Profil des Pfarrgemeinderates zu stärken und ihn endlich zu einem Leitungsgremium zu machen, das die Pastoral wirklich mitbestimmt. Der Kirchenvorstand hätte dann die Aufgabe, die Ressourcen für das gemeinsame Programm zu ermöglichen. Was der Kirchenvorstand beschließt, dient also der Pastoral.

Redaktion

Wie sehen Sie die Zukunft der Gremien im Erzbistum Paderborn?

Klemens Reith

Wir müssen die Gremien starkmachen. Wir haben im Erzbistum ja nun den Diözesanen Weg 2030+ gestartet, der unser Erzbistum heute auf die Situation vorbereiten will, die 2030 voraussichtlich eintreten wird. Es zeichnet sich ab, dass die ehrenamtlichen Gremien mehr Verantwortung übernehmen müssen, auch Leitungsverantwortung. Umso wichtiger wäre es dann, dass sie mit Männern und Frauen paritätisch besetzt sind.

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