Schöpfungslehre im Fragefokus der Schülerinnen und Schüler
„Fragen erreichen uns eigentlich in allen Jahrgangsstufen. Aber in der Oberstufe – vor allem in der Q-Phase – interessiert das Thema stärker“, weiß Mathias Rath aus der Unterrichtspraxis, dass die Schülerinnen und Schüler den möglichen Konflikt „Naturwissenschaft versus Religion“ ehrlich behandelt haben möchten. Vor allem, so ergänzt Christina Kaubrügge, böte die kirchliche Schöpfungslehre immer wieder Angriffspunkte in der Oberstufe: „Die Aussagekraft der Schöpfungsberichte aus dem Buch Genesis kommt an ihre Grenzen. Wenn man aber in die Diskussion mit den Schülerinnen und Schülern geht, hat man eine gute Grundlage, angebliche Widersprüche aufzugreifen und zu erklären.“ Die Schöpfungstheologie gehöre zu den Schlüsselstellen im Religionsunterricht, betont Rath: „Wenn die Hintergründe verstanden würden, wird sie auch akzeptiert.“
Die beiden Schöpfungsberichte im Buch Genesis (Gen 1 – 2,4a und Gen 2, 4b-25) sind unterschiedlich, ergänzen sich jedoch im Gesamtkontext. Während im ersten Kapitel in strenger Abfolge die aufeinander aufbauenden Schöpfungswerke aufgezählt werden, geht es im zweiten Kapitel vorrangig um den Menschen. „Auch Physik und Chemie haben nicht immer eine Erklärung für alles und kommen an ihre Grenzen. Manchmal stößt man auch hier auf etwas, was man wissenschaftlich nicht erklären kann“, so Christina Kaubrügge, und verweist als Beispiele auf die Quantenphysik und Astrophysik. Hier ließe sich dann ein Bogen zur Religion schlagen.
In der Biologie gehe es, so die beiden Attendorner Gymnasiallehrer, um das Leben – also der Existenz auf diesem Planeten mit der Frage „Woher kommt der Mensch?“. Aktuell natürlich auch mit der Sorge, wie geht es auf der Erde weiter, wenn der Klimawandel weiter um sich greift.
„Naturwissenschaft und Glauben suchen nach Antworten“
„Naturwissenschaft und Glauben verbindet ja auch etwas: Beide suchen nach Antworten. Beide sind nicht festgelegt und offen für neue Ergebnisse“, glaubt Rath an eine Ergänzung der beiden Richtungen, so dass man sich nicht zwingend für die eine und gegen die andere Seite entscheiden müsse. Der These, dass Religion durch Wissenschaft abgelöst worden sei, können sich Kaubrügge und Rath in keiner Weise anschließen.
Wie kommen die Diskussionen in den Schulklassen an? Überwiegend positiv, können die beiden Lehrkräfte berichten. Mathias Rath: „Ich will nicht missionieren, sondern offene Fragestellungen und Antworten anbieten. Dadurch ergeben sich oft schöne Diskussionen mit Offenheit für anderes Denken. Dass die Schülerinnen und Schüler nicht nur nachplappern mit dem Blick auf eine gute Note, sondern sich mit den Fragen auseinandersetzen, das ist unser Ziel. Wenn man merkt, da denkt jemand mit, dann ist schon viel im Unterricht angestoßen.“
Ziel: Mit Fragen auseinandersetzen
„Dann ergeben sich richtig gute Gespräche, die besser sind als alle Social-Media-Diskussionen. Als Lehrerin oder Lehrer geht dann richtig das Herz auf“, wertschätzt Christina Kaubrügge die Diskussion mit den Jugendlichen: „Schließlich profitiere ich selbst davon.“ Dazu gehören auch Fragen wie: „Woher kommen wir, wohin gehen wir?“, die Existenz von Gott oder „Wie können Sie an Gott glauben, wenn sie uns die Wissenschaft erklären?“ Kaubrügge: „Es ist auch eine Lebensaufgabe, das Ganze zu hinterfragen. Wenn man damit aufhört, hat man den Draht verloren. Daher ist es gut, dass es dieses Schulfach ‚katholische Religion‘ gibt!“