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Erzbistum Paderborn
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© Till Kupitz / Erzbistum Paderborn

Fatima, Lourdes, Herforder Vision und Co.

Marienerscheinungen – und was davon zu glauben ist

Filmreif. Die Geschichten von Marienerscheinungen sind unglaublich, faszinierend, herausfordernd.  Da ist die Rede von Visionen, Prophezeiungen, Heilungen und unerklärlichen Naturphänomenen. Tatsächlich wurden die Geschichten von Lourdes, Fatima und Co. schon verfilmt und sind bei Streaming-Anbietern im Repertoire. Was ist an den Orten passiert? Und was ist davon zu halten? Was bedeuten die Marienerscheinungen für den persönlichen Glauben? Um diese Fragen zu klären, blicken wir an drei Orte: Fatima, Lourdes und Herford.

So viele Marienerscheinungen gab es

Der Vatikan hat bisher an 15 Orten Marienerscheinungen anerkannt. Vor einer Anerkennung  prüfen Fachleute und Bischöfe die Begebenheiten ganz genau. Insgesamt soll es schon an 2000 Orten Marienerscheinungen gegeben haben. Manche davon wurden nicht geprüft, weil sie zu weit in der Vergangenheit liegen. Andere wurden nicht oder noch nicht anerkannt.

Und: Selbst, wenn eine Erscheinung anerkannt ist, ist es kein Muss, an sie zu glauben. Das steht laut Katechismus jeder Katholikin und jedem Katholiken frei.

In Fatima ist im Jahr 1917 die Muttergottes sechs Mal erschienen. Jeweils am 13. der Monate Mai bis Oktober. Zunächst begegnete die Gottesmutter als Frau in weißen Gewändern drei Hirtenkindern, als diese Schafe hüteten. Maria sprach mit den Kindern und legte ihnen ans Herz, den Rosenkranz täglich zu beten. Zwei Monate später offenbarte Maria drei Prophezeiungen, die heute „Geheimnisse von Fatima“ genannt werden. Der Vatikan hat die Erinnerungen der Hirtenkinder zu den Visionen seit dem Jahr 2000 im Wortlaut veröffentlicht.

Die Geheimnisse von Fatima lassen sich grob so zusammenfassen: Erstens wird der Erste Weltkrieg zu Ende gehen, doch noch unter dem Pontifikat von Papst Pius XII. wird ein anderer, schlimmerer Krieg beginnen. Zweitens: Das kommunistische Russland werde der Muttergottes geweiht und sich bekehren, sodass Friede sein wird. Drittens: Ein in weiß gekleideter Bischof werde von einer Kugel getroffen und zusammenbrechen. Mit dem Zweiten Weltkrieg, dem Ende des Kalten Kriegs und dem Attentat auf Papst Johannes Paul II. gelten alle drei Visionen als erfüllt.

Als großes Finale der Erscheinungen in Fatima kamen 70.000 Menschen am 13. Oktober 1917 zusammen. Gläubige und Schaulustige. Die Hirtenkinder, Geistliche und Journalisten. Sie sahen, wie die Sonne sich in verschiedenen Farben drehte und dann im Zick-Zack-Kurs auf die Erde zu stürzen drohte.

In Lourdes ist 1858 die Gottesmutter der damals vierzehnjährigen Bernadette Soubirous erschienen. Die Jungfrau Maria erschien der armen Müllerstochter insgesamt 18 Mal. Zunächst am 11. Februar 1858, als sie gerade auf der Suche nach Brennholz an einer Höhle vorbeiging. Bernadette sieht Maria als eine Dame von übernatürlicher Schönheit und betet den Rosenkranz. Bei allen 18 Erscheinungen ist das Rosenkranzgebet eine Verbindung von Maria zu Bernadette.

In der neunten Vision hat die Gottesmutter ihr dann aufgetragen, an der Grotte von Lourdes eine Kirche zu errichten und aus der Quelle zu trinken, die dort zu sprudeln begann. Bis heute fließt die Quelle in der Grotte und zieht jährlich Millionen Pilgerinnen und Pilger an.

Das Wasser der Grotte hat zudem heilende Kräfte. Noch im selben Jahr der Erscheinung ereignete sich das Wunder, dass ein blinder Bergmann nach Kontakt mit  Lourdes-Wasser wieder sehen konnte. Bis heute hat die katholische Kirche 70 Heilungen in Lourdes offiziell als Wunder anerkannt. Insgesamt soll es über 6.500 Fälle von Heilungswundern in Lourdes geben haben.

Auch im Erzbistum Paderborn glauben Menschen an eine Marienerscheinung: die Herforder Vision. Diese hat sich schon vor mehr als 1000 Jahren ereignet: In der Zeit der Äbtissin Ymma (970 – 1000). Die Herforder Vision ist die älteste Marienerscheinung nördlich der Alpen. Da die Vision so weit zurückliegt, wurde sie kirchenrechtlich nur vor Ort und nicht wie die Erscheinungen von Lourdes und Fatima im Vatikan geprüft.

Was war geschehen?

Ein armer, schwacher Mann machte sich auf den Weg zu den Schwestern des Stiftsklosters in Herford, das gerade aufgebaut wurde. Er wollte um Almosen bitten. Auf dem Weg dahin erschien ihm auf dem Luttenberg die Gottesmutter. Laut dem Herforder Visionsbericht sagte Maria unter anderem zu dem Bettler:

„Stehe auf, geh und sage der Äbtissin des Herforder Klosters, wenn sie so fleißig sich um die Besserung des klösterlichen Lebens sorgt, wie um die der Mauern, und den Eifer, den sie auf die äußeren Gebäude verwendet, auch auf das Innere zu richten versucht, werde ich meinen Sitz wieder einnehmen und für meine Verehrer hier bei meinem geliebten Sohn und Herrn immer Fürsprecherin sein.“

Der Mann folgte diesem Auftrag, bat jedoch die Gottesmutter um ein Zeichen, damit die Schwestern ihm glauben und vertrauen können. Daraufhin sagte Maria, der Bettler solle an der Stelle der Erscheinung ein Kreuz aus Ästen aufrichten. Dort werde die Muttergottes in Gestalt einer Taube erscheinen. Als der Mann gemeinsam mit den Schwestern und andere Gläubigen in einer Prozession zum Luttenberg ging, sahen sie die Taube wie angekündigt auf dem Kreuz sitzen. Daraufhin flog die Taube fort.

Marienerscheinungen unglaublich?!

Um die Marienerscheinungen einschätzen zu können, sei zunächst erklärt: Christen dürfen und können an Marienerscheinungen glauben. Es ist aber kein Muss. Das hat die katholische Kirche festgelegt. Außerdem ist klar, dass Marienerscheinung den Glauben an Jesus Christus und die Glaubenslehre der Kirche nicht ersetzen. Sie verdeutlichen und aktualisieren, was Gott über sich offenbart hat.

Deshalb scheint es weniger entscheidend zu sein, ob die Marienerscheinungen sich wirklich so ereignet haben. Ob sie Märchen oder Wahrheit sind. Sondern eher, wie der persönliche Glaube davon bereichert werden kann. Darüber haben wir mit drei Geistlichen, die enge Verbindungen nach Fatima, Lourdes und Herford haben, gesprochen.

Herforder Vision: Gleichgewicht des Äußeren und Inneren

Beginnen wir bei der Herforder Vision. Für den Herforder Pfarrer Gerald Haringhaus ist klar: „Die Botschaft der Vision ist heute noch aktuell: das Äußere und Innere im Gleichgewicht zu halten“. Wenn er auf sich persönlich schaut, sagt er: „Es gibt auf der einen Seite meinen Terminkalender, der seine Ansprüche stellt. Alles ist immer ganz wichtig und dringend. Und auf der anderen Seite ist es notwendig, das geistliche Leben nicht zu vernachlässigen. Also: Work-Life-Balance.“

Neben der Botschaft der Vision stellt sich noch eine andere Frage: Kann Pfarrer Haringhaus daran glauben, dass Maria in Herford erschienen ist? Er glaubt: Ja. Und erklärt: „Dahinter steht die Frage, ob ich ein himmlisches Eingreifen, ein Wirken Gottes in die Geschichte hinein grundsätzlich für möglich oder unmöglich halte. Wenn ich daran glaube, sind auch Visionen nicht unmöglich.“ Andersherum würden Visionen nicht dazu taugen, das Übernatürliche zu beweisen.

Haringhaus vergleicht die Marienerscheinungen mit der Bibel. Er sagt: „Auch da geht es ja nicht hauptsächlich um die Frage: War es so oder nicht? Sondern um die Botschaften dahinter. Der Mensch braucht Motivation. Da sind die Bibel und die Marienerscheinungen ein zusätzlicher Ansporn, die Botschaften ins eigene Leben einzubauen. Es ist ja nicht so, dass wir es einmal begriffen hätten und dann umsetzen. Es braucht immer wieder neu die Motivation zum Glauben und fürs Leben. Das kann so eine Vision auch leisten.“

Lourdes: Was er euch sagt, das tut

Lourdes ist für Pfarrer Markus Leber „geistige Heimat“ geworden. Mit dem Lourdesverein Westfalen ist Leber vor der Corona-Pandemie dutzende Male an den Ort der Marienerscheinung von Bernadette Soubirous gepilgert.

Mit 12 Jahren war er zum ersten Mal dort. „Da hat mich etwas in den Bann gezogen“, sagt Leber, der heute Pfarrer in Lennestadt ist. Er beschreibt: „Es kommen Tausende Menschen aus unterschiedlichen Nationen in Lourdes zusammen. Und die Kranken stehen im Mittelpunkt. Da zeigt sich Kirche von der besten Seite“.

Im Gespräch über die Marienerscheinungen in Lourdes sagt Leber zunächst: „Ich bin kein Typ, der hinter jeder Erscheinung hinterherläuft“. Und dann: „Ich finde es gut, dass die Vision von Lourdes so knackig ist. Maria hat eigentlich aktualisiert, was sie bei der Hochzeit zu Kana gesagt hat: Was er euch sagt, das tut“ (Joh 2,5).

Umkehr und Buße – das verbindet Leber mit diesem Zitat: „Wenn Maria dazu aufruft, sagt sie: Bitte, verliert Jesus und seine Botschaft nicht aus dem Auge“.

Auf sein Leben heute bezogen sagt Pfarrer Leber: „Ich glaube schon, dass wir als Christen uns dieses Wort der Gottesmutter zu eigen machen sollten. Dass wir in all unserem Tun an der Person Jesu Christi Maß nehmen. Dass wir uns im ganz alltäglichen Leben fragen: Was würde Jesus tun? Wie würde er entscheiden? Was wäre dem Evangelium gemäß?“

Fatima: Die Kraft des Gebets

Die Erscheinungen von Fatima waren spektakulär. Besonders das Sonnenphänomen, das 70.000 Menschen miterlebten. Pfarrer Rose deutet es so: „Wir brauchen ja öfter äußere Zeichen, um etwas glauben zu können. Von daher war das Sonnenphänomen so ein Zeichen, damit die Menschen an Gott und seine Botschaft glauben“.

Doch für Rose sind nicht die spektakulären Momente von Fatima entscheidend. Eher, dass die Muttergottes den drei Hirtenkindern ans Herz gelegt hat: Betet täglich den Rosenkranz, damit Friede ist. Ein Auftrag, dem auch Pfarrer Rose folgt.

„Da geht es nicht darum, eine Pflicht zu erfüllen“, sagt er. „Das Gebet ist eine Herzensangelegenheit“. Das Rosenkranzgebet ist für Pfarrer Rose einerseits eine persönliche Zeit. Er öffnet sich für Gott. Er ist mit ihm im Gespräch. Er gibt sich in seine Liebe hinein. Im Rosenkranz mit den verschiedenen Gesätzen wird das Leben Jesu betrachtet. „Insofern möchte uns Maria zu Jesus führen“, sagt Rose. „Wie eine Mutter, die ihr Kind an die Hand nimmt“.

Aber das Gebet ist nicht nur eine Zeit für sich. Es ist auch eine Zeit, für andere da zu sein. Indem er für den Frieden weltweit betet. Und für die Menschen, die er begleitet. Pfarrer Rose arbeitet als Seelsorger im Vincenz-Krankenhaus in Paderborn. Er sagt: „Ich bin täglich mit Menschen in Berührung, die krank sind, leiden, sterben. Diese Menschen empfehle ich der Muttergottes an, damit sie ihre schützende Hand über sie hält.“

Pfarrer Rose weiß genau, dass er durch seinen Dienst als Seelsorger nur einen kleinen Teil dazu beitragen kann, dass die Kranken Hilfe erfahren, gesund werden oder ihr Leid tragen können. „Ich habe meine Grenzen“, sagt er und zitiert dann Psalm 18: „aber mit meinem Gott überspringe ich Mauern“.

Ein Beitrag von:
Redakteur

Tobias Schulte

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