Junge Menschen sind bereit, in der Religion Antworten auf existentielle Fragen zu suchen – wenn man ihnen Freiräume lässt und auf Augenhöhe begegnet. Das ist die wichtigste Erkenntnis der ersten „Ökumenischen Reli-Akademie“ im Erzbistum Paderborn.
Der Titel war geeignet, junge Menschen anzusprechen. „Wer ist ICH“ hatten die Organisatoren der Reli-Akademie auf dem Infoflyer formuliert – eine Frage, die Menschen im Alter von 16 bis 18 Jahren anspricht. Möglicherweise war es auch deshalb nicht überraschend, dass mehr Schülerinnen und Schüler als erwartet ihr Interesse an der ersten Reli-Akademie bekundeten. 25 Teilnehmende waren eigentlich die Obergrenze, 28 waren es tatsächlich. „Einigen Bewerberinnen und Bewerbern mussten wir leider absagen“, sagt Dr. Werner Sosna, Bildungsreferent Theologie und Ethik beim Erzbischöflichen Generalvikariat und Mitglied des ökumenischen Leitungsteams.
Dabei mussten die Schülerinnen und Schüler bestimmte Voraussetzungen erfüllen, um teilnehmen zu dürfen. Reflexionsfähigkeit, Offenheit und Sensibilität für existenzielle Fragen sollten sie mitbringen. So hatten die Veranstalter ihr Erwartungspotential in einem erzbistumsweiten Schreiben formuliert, das an Schulen mit einer Oberstufe ging. Der beigelegte Flyer versprach ein abwechslungsreiches Programm – „ausprobieren, diskutieren, kreativ werden, nette Leute kennenlernen“ – und das in der letzten Woche des Schuljahres, wenn der Notenstress von allen abgefallen ist.
Selbst-bestimmtes Lernen
Wer es zur Reli-Akademie geschafft hatte, wurde im Bildungs- und Tagungshaus Liborianum in Paderborn, das vom Erzbistum Paderborn getragen wird, mit viel Wertschätzung behandelt. Das Leitungsteam sorgte für ein angenehmes „Setting“ mit dem Ziel, eine gute Gemeinschaft zu fördern. Vor allem aber mussten sich die Schülerinnen und Schülern nicht belehren lassen, sondern konnten weitgehend selbst bestimmen, wie sie sich mit den Themen auseinandersetzten – und wie sie diese intellektuelle Auseinandersetzung in Aktion verwandeln wollten.
Vier Leitfragen bestimmten den Umgang mit dem Oberthema „Wer ist ICH“: die Frage nach dem Glück, nach dem guten Leben und nach Gott. Von wem man sich etwas über sein eigenes Leben sagen lassen will, hieß die letzte Frage, die die eigene Befindlichkeit stärker betonte. Ihre Erkenntnisse setzten die Teilnehmenden in zwei Podcasts, ein Hörspiel und Interviews, sowie eine Textcollage um.
Impulse zur Frage nach Gott
Ergänzt wurde dieser selbstbestimmte Prozess von zwei Impulsvorträgen, die es allerdings in sich hatten. Professor Dr. Aaron Langenfeld, Lehrstuhlinhaber für Fundamentaltheologie und vergleichende Religionswissenschaft an der Theologischen Fakultät Paderborn, verknüpfte die vier Blickwinkel mit bestimmten philosophischen Positionen und zeigte je nach Perspektive unterschiedliche Zugänge zur menschlichen Frage nach Gott auf.
Die religiöse Grundoption lasse sich in der Annahme verorten, so Langenfeld, dass individuelles Dasein in Beziehung begründet ist. „Es ist entscheidend, ob ich annehme, dass ich meinem Dasein selbst einen Sinn abtrotzen muss oder ob ich annehme, dass ich diesen Sinn in Beziehung zu anderen und zur Welt zuallererst als Zusage erfahre“, betonte der Theologie-Professor. „Je nachdem liegt es näher, das Dasein entweder als letztlich absurde Angelegenheit oder aber als freies und kreatives Geschenk, als Schöpfung zu bestimmen.“
„Wer Beziehungen eingeht, mit Freude mit anderen und für andere lebt, ist auf dem besten Wege, ein gutes, authentisches Leben zu führen und dem Glück zu mindestens nahe zu kommen.“ So lässt sich die Botschaft sehr verkürzt zusammenfassen – eine befreiende Botschaft und ein gutes Gefühl, das die Schülerinnen und Schüler mit nach Hause und in die Ferien nahmen. Entsprechend positiv war das Feedback bei der Verabschiedung.
Erfolgreicher Auftakt
„Wir wollten zeigen, dass Religion in der Schule ein spannendes Fach ist, das unmittelbar mit uns, unserem Leben und der Welt zu tun hat“, sagt Dr. Stefan Klug, Mitarbeiter des Generalvikariats und dort zuständig für Religionspädagogik in Gymnasien und Gesamtschulen. Der Beweis ist gelungen und der Erfolg lässt nach vorne blicken: An eine Fortsetzung in den kommenden Jahren ist gedacht.