Doch dann, am 13. August, überschlugen sich die Ereignisse. Der Zufall wollte es, dass Csilla von Boeselager bei einem Besuch der deutschen Botschaft von der dramatischen Situation der in der ungarischen Hauptstadt gestrandeten DDR-Bürger erfuhr. Diese wollten nach Meldungen erster Grenzübertritte als Urlauber getarnt fliehen. Und sie kamen in Scharen – so viele wurden es, dass die Botschaft schnell wegen Überfüllung schließen musste. Wie es ihre Art war, reagierte Csilla sofort und baute auf dem Gelände der Zugliget-Kirche ein Flüchtlingslager auf – quasi aus dem Nichts.
Eine unerwartete Reise
Am frühen Morgen des 15. August klingelte bei dem damals 21-jährigen Wolfgang Röver zuhause das Telefon. Seine Mutter nahm ab. Am anderen Ende der Leitung ein Mitarbeiter der Malteser Zentrale in Köln: „Frau Röver, heute muss ich Ihnen mitteilen: Ihr Sohn fährt nicht zu einem Jugendaustausch, sondern zu einem humanitären Hilfseinsatz – und es geht übrigens schon heute Abend los.“ Wolfgang Röver muss schmunzeln, wenn er daran zurückdenkt: „Meine Mutter sagte zuerst: Das geht nicht, die Hosen kommen ja gerade erst aus der Wäsche und sind noch nicht gebügelt.“ Doch noch am Abend desselben Tages startet ein kleiner Konvoi mit sechs Fahrzeugen und zwei Dutzend jungen Maltesern gen Osten. „Mit im Gepäck hatten wir – wie aus Budapest angefordert – 10.000 Einmalbestecke und einige Sonnenschirme“, erinnert sich Wilfried Schild, damals im Malteser Rettungsdienst aktiv. „Wir haben den Paderborner Großhandel und Baumärkte abgeklappert und aufgekauft, was da war und in die Bullis gepasst hat.“