Wer das Wort „Schiff“ hört, denkt vielleicht an Meer und Hafen, an stolze Windjammer und immer größere Containerschiffe. Mit den Schlagzeilen dieses Jahres im Hinterkopf stellen sich womöglich Assoziationen von Flüchtlingsbooten, LNG-Terminals und Kornfrachtern, die nicht auslaufen dürfen, ein. Und auch als Metapher für die Kirche steht das Schiff als „Schifflein Petri“, das durch schwere See fährt. Letztendlich schwingen beim Wort „Schiff“ aber immer die beiden Grundbedeutungen mit: Aufbrechen und Ankommen – und damit sind wir thematisch im Advent und bei meinem Lieblingslied: „Es kommt ein Schiff geladen“ (GL 236).
Ein Evergreen
Jede noch so kleine Gottesdienstgemeinde singt dieses Lied unfallfrei und kräftig, selbst während und nach Corona. Dabei stammt dieser Evergreen in seiner heutigen Gestalt aus der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert. Eine noch ältere Fassung findet sich in einer Sammlung von 1626. Dort heißt es: „Ein vraltes Gesang, So vnter deß Herrn Tauleri“. Mit dem „Herrn Tauleri“ ist der mittelalterliche Mystiker Johannes Tauler gemeint, dessen Textform des Liedes auf das Jahr 1450 zurückgeht. Damals wandelte sich die Konnotation des Wortes „Schiff“: von den Sprüchen Salomos (31,10.14) „Eine starke Frau, wer wird sie finden? … Sie gleicht dem Schiff eines Kaufmanns, aus der Ferne holt sie ihre Nahrung.“ hin zu den Predigten Johannes Taulers worin das Schiff immer für die Seele und das Gemüt steht.
Für Generationen von Gottesdienstbesuchenden gehört dieses Lied in den Advent. Weil die vierte Strophe aber mit den Worten „Zu Bethlehem geboren…“ beginnt, hat die Gottesdienstkongregation sie im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für das neue Gotteslob in die Weihnachtszeit geschoben. Dort steht es immerhin an erster Stelle. Es stellt nun also eine Gratwanderung zwischen Advent und Weihnachten dar, ähnlich dem Kirchenchor-Klassiker „Übers Gebirg Maria geht“ von Johannes Eccard.