„Wir können Impulse, Denkanstöße geben und im Gespräch für die Jugendlichen ein Stück Begleiter auf ihrem Weg sein“, sagt der katholische Gefängnisseelsorger Michael King über seine Arbeit hinter den Mauern des Justizvollzugsanstalt Herford. Mit „Wir“ meint er sich und seinen evangelischen Kollegen Stefan Thünemann. Gemeinsam sind sie Ansprechpartner für rund 210 Insassen im Alter 14 bis 24 Jahren. Rund 90 davon haben eine Kirchenkarte, die zum Besuch der Gottesdienste in der im 19. Jahrhundert errichteten Gefängniskirche berechtigt. „Die Kirche gehört von Beginn 1883 mit zum Konzept der Anstalt“, sagt King.
Seit 2013 ist King Seelsorger in Herford, davor war er in dieser Funktion in der Jugendanstalt Rassnitz in Sachsen-Anhalt tätig. Noch davor sammelte er Erfahrungen als Fachkraft im Entwicklungsdienst. „In der bolivianischen Millionenstadt Santa Cruz de la Sierra arbeitete ich mit Jugendlichen am Rande von Stadt und Gesellschaft“, erinnert er sich. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland bewarb er sich in Rassnitz. Die Regeln des Lebens hinter den Knastmauern, die richtige Ansprache für Jugendliche und Bedienstete, für die er auch da ist, habe er erst lernen müssen.
„Anders als in Gemeinden außerhalb der Gefängnismauern ist bei uns kaum jemand katholisch aufgewaschen. Die meisten Jugendlichen hatten kaum Berührungen mit Christentum oder Kirche“, sagt King: „Wir stehen aber allen für ein unvoreingenommenes Gespräch zur Verfügung.“
Die Seelsorger seien als Gesprächspartner gefragt und respektiert, weil für sie im Gegensatz zu anderen Mitarbeitern das Zeugnisverweigerungsrecht gilt. „Die jungen Menschen können also sicher sein, dass das, was sie mir erzählen auch nur bei mir bleibt.“ Deren Themen unterscheiden sich gar nicht so von Jugendlichen außerhalb des Gefängnisses: das Verhältnis zur Familie, Probleme in der Beziehung, Trennung oder Todesfälle. Manches – etwa ein Todesfall – treffe die Jugendlichen in der Abgeschlossenheit der JVA noch existentieller als draußen. Auch die Frage nach dem „Wie weiter?“ nach der Haftzeit sei ein wichtiges Thema.