Der Direktor und Vorstandsvorsitzende des Paderborner Diözesan-Caritasverbandes, Josef Lüttig, hält die Dienste von Kirche und Caritas gesellschaftlich für unverzichtbar. „Wir sollten all unsere zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nutzen, um für die Menschen da zu sein“, sagte er am Donnerstag, 19. Januar, in Paderborn anlässlich seines Eintritts in den Ruhestand zum 1. Februar. 14 Jahre an der Verbandsspitze prägte Josef Lüttig die Caritas im Erzbistum Paderborn.
„Auch in Zukunft wird unsere Gesellschaft das Evangelium benötigen. Wir dürfen Jesus Christus und seine Botschaft den Menschen nicht vorenthalten“, zeigte sich Josef Lüttig in einem Interview für das bistumseigene Online-Portal überzeugt. „Unsere Gesellschaft braucht Zusammenhalt und gleichzeitig Vielfalt. Sie braucht Chancengerechtigkeit und Solidarität, Frieden und eine gemeinsame Werteorientierung. Sie braucht Integration und Offenheit.“ Dafür sei das Evangelium ein bedeutender Orientierungsrahmen, dafür stünden Kirche und Caritas ein.
Dabei gehörten die verfasste Kirche und die Caritas untrennbar zusammen. „Beides wird auch in Zukunft gefragt sein. Beide sind letztlich eins. Sie treten miteinander, nicht gegeneinander an“, betont der scheidende Diözesan-Caritasdirektor. „Kirche braucht die Caritas. Und Caritas ist ohne Kirche nicht Caritas.“
Kirche und Caritas sind gefordert
Gemeinsam könnten Kirche und Caritas viel für die Gesellschaft leisten, besonders für diejenigen, die „wirtschaftlich und sozial am Rande der Gesellschaft“ leben. „Wo Menschen mit Füßen getreten, instrumentalisiert, ihres Lebens beraubt, aus ihrer Heimat vertrieben oder in ihrer Not alleine gelassen werden oder Kinder keine Entwicklungschancen haben“, da seien Kirche und Caritas gefordert. Da könne man „sich nicht entpflichten, Verantwortung zu tragen. Das ist eine eindeutige Option für den Menschen, insbesondere für den ‚armen‘ Menschen“, erklärte Josef Lüttig.
Das „Produkt“ bei Kirche und Caritas halte er „für ausgesprochen gut“. Nur komme es heute im gesellschaftlichen „Wettbewerb“ besonders auf „Kundengewinnung, Kundenbindung und Kundenzufriedenheit“ an. Um stärker in Erscheinung zu treten, müsse darum „alles unterbleiben, was der eigenen Marke, dem eigenen Image schadet.“ Hier habe gerade die verfasste Kirche in der Vergangenheit große Fehler gemacht.
„Mit Geschlechtergerechtigkeit wirklich ernst gemacht“
Für die Zukunft rät Josef Lüttig den Verantwortlichen in Kirche und Caritas, beieinander zu bleiben: „Wer Kirchenentwicklung will, sollte auch entschieden Caritas wollen. Und wer caritative Dienste und Einrichtungen will, der muss dafür Sorge tragen, dass kirchlicher Geist darin vorkommt.“ Dieser solle „einladend, menschenfreundlich“ sein und „Vielfalt als etwas Positives“ erachten. Die neue Grundordnung, das überarbeitete kirchliche Arbeitsrecht, biete dafür eine gute Basis.
Rückblickend auf sein 14-jähriges Engagement an der Spitze des Diözesan-Caritasverbandes zeigte sich Josef Lüttig „für vieles“ dankbar. Besonders aber freue ihn, dass die Caritas zuletzt „mit der Geschlechtergerechtigkeit wirklich ernst gemacht“ habe. Auf der Ebene des Deutschen Caritasverbandes gebe es inzwischen eine Präsidentin und neben ihr ab Februar 2023 dann zwei Frauen in einem dreiköpfigen Vorstand. „Ähnlich bildet es sich auch im Diözesanverband Paderborn ab. Das bedeutet Chancengerechtigkeit unabhängig vom Geschlecht“, so Lüttig.
Zur Person
1957 in Paderborn geboren, studierte Josef Lüttig nach dem Abitur in Paderborn, München und Benediktbeuern. Seine Studien schloss er als Diplom-Theologe, Diplom-Sozialarbeiter und Master of Organizational Psychology ab. Nach sozialarbeiterischer Tätigkeit war er von 1984 bis 1991 Referent im Missionsreferat des Erzbischöflichen Generalvikariates Paderborn.
Anschließend leitete er im Diözesan-Caritasverband Paderborn die Fachstelle Personal- und Organisationsentwicklung und war Geschäftsführer des Albertus-Magnus-Vereins zur Unterstützung katholischer Studierender. Von 1994 bis 1999 leitete er zusätzlich die Stabsstelle Gemeindecaritas und war mit Gründung des Diözesanen Ethikrates im Jahr 2007 dessen erster Geschäftsführer. Im Jahr 2005 wurde ihm die Aufgabe des stellvertretenden Diözesan-Caritasdirektors übertragen.
Seit 2009 ist Josef Lüttig Diözesan-Caritasdirektor und leitet seitdem zugleich den Bereich Caritative und soziale Dienste im Erzbischöflichen Generalvikariat. 2019 wurde er Flüchtlingsbeauftragter des Erzbistums Paderborn. Nach einer Satzungsreform, die nunmehr einen hauptamtlichen Vorstand für den Diözesan-Caritasverband vorsieht, ist Diözesan-Caritasdirektor Lüttig seit 2019 Vorstandsvorsitzender des Verbandes. Auf Landes- und Bundesebene ist er in zahlreichen Gremien und Ausschüssen aktiv.
Die Caritas in Deutschland und im Erzbistum Paderborn
Der Deutsche Caritasverband (DCV) ist der größte Wohlfahrtsverband Europas. Die Dachorganisation katholischer Sozialeinrichtungen setzt sich im In- und Ausland für Menschen in Not ein. Mit rund 660.000 hauptamtlichen Mitarbeitern, davon rund 80 Prozent Frauen, ist die Caritas auch der größte private Arbeitgeber in Deutschland. Außerdem sind mehrere Hunderttausend ehrenamtlich im Verband tätig. Das Wort Caritas stammt aus dem Lateinischen und bedeutet Nächstenliebe.
Der Caritasverband für das Erzbistum Paderborn ist der Zusammenschluss von mehr als 200 katholischen Trägern der Alten- und Gesundheitshilfe, der Jugend- und Behindertenhilfe sowie weiterer Dienste mit rund 70.000 Beschäftigten. Der Verband unterstützt die caritative Arbeit der angeschlossenen Träger und Einrichtungen, regt soziale Innovationen an, leistet politische Interessenvertretung und fördert das besondere Caritas-Profil.
Einem Bereich im Erzbischöflichen Generalvikariat entsprechend nimmt der Diözesan-Caritasverband für die erzbischöfliche Verwaltung die sozialen und caritativen Aufgaben wahr. Als solcher ist er Instrument des Erzbischofs von Paderborn, um sozial und caritativ agieren zu können. Gegründet wurde der Verband 1915. In der Paderborner Geschäftsstelle sind rund 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig.
Das Gebiet des Caritasverbands für das Erzbistum Paderborn deckt Ost- und Südwestfalen sowie das östliche Ruhrgebiet ab, also etwa ein Drittel des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen. Hinzu kommen kleine Bereiche in Nordhessen und Niedersachsen. Der Diözesan-Caritasverband Paderborn ist einer von fünf Spitzenverbänden der Caritas innerhalb der Freien Wohlfahrtspflege Nordrhein-Westfalens.
Dem Diözesan-Caritasverband sind 23 Orts- und Kreis-Caritasverbände als Gliederungen angeschlossen. Zum Verband gehören außerdem caritative Fachverbände mit besonderen Arbeitsschwerpunkten. Der Verband kennt weiterhin korporative und persönliche Mitglieder. Die persönliche Caritas-Mitgliedschaft ist bei den Caritasverbänden vor Ort möglich.