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Weihnachten ist Hoch und Tief in einem

Themenspecial „Innehalten“: Küster Georg zur Heiden kümmert sich um die Westfälische Krippe im Soester Patroklidom

Themenspecial „Innehalten“: Küster Georg zur Heiden kümmert sich um die Westfälische Krippe im Soester Patroklidom

Plötzlich stand Josef ohne Maria da. Die Figur in der Westfälischen Krippe im Patroklidom in Soest wurde gestohlen. „Das war ein großes Unglück für uns“, sagt Küster Georg zur Heiden. Es war im Jahr 1999, zur Heiden war damals erst in seinem dritten Jahr im Amt.

Damals wie heute befanden sich Maria und Josef vor dem Diebstahl innerhalb der Krippe noch in einem Wohnhaus. Dort wird Maria vom Engel verkündet, dass sie einen Sohn gebären wird. Gleichzeitig ist Josef dabei, seine Sachen auf den Esel zu packen. Nach der Schocknachricht sucht er lieber schnell das Weite.

Als nun im Jahr 1999 Maria aus der Szene gerissen wurde, stand Küster Georg zur Heiden vor vielen Fragezeichen. Er musste eine neue Marienfigur auftreiben, die von der Größe und den Gesichtszügen zu ihrem Mann passt. Und auch in das gesamte Ensemble: eine Bauernlandschaft der Soester Börde mit Fachwerkhäusern, Bachläufen und Hirten mit blauen Kitteln.

Für Küster Georg zur Heiden ist die Landschaft Teil seiner Identifikation. „Hier bin ich aufgewachsen, hier habe ich meine Freunde. Das ist schon ein großes Gut“, sagt er. Die Soester Börde bedeutet für ihn Heimat. Und der Soester Dom? „Ein Zuhause“, sagt er. Ruhe und Geborgenheit finde er immer wieder hinter den dicken Sandsteinmauern und unter dem starken Turm.

Krippe lockt auch “untrainierte” Besucher an

Als wir zur Heiden am Freitag vor dem dritten Advent zum Gespräch treffen, ist es 8 Uhr morgens. Wir sind allein mit ihm im dunklen Patroklidom. Nur die Krippe wird schon angestrahlt. Als alle Fragen gestellt, alle Bilder gedreht und geschossen wurden, ist der Weihnachtsmarkt vor den Kirchentüren erwacht und auch die ersten Besucher haben den Weg in den Dom gefunden und kreisen um die Krippe. Sie lockt viele Menschen in den Soester Dom. Auch solche, die zur Heiden „untrainiert“ nennt – Besucher, die sonst nie oder nicht oft in ein Gotteshaus gehen.

Deswegen kann es schon mal umtriebig zugehen an der Krippe im Patroklidom. „Doch wenn ich sehe, wie viele Kerzen am Opferstock brennen und wie viele Menschen in den Bänken sitzen und still sind, dann ist es auch ein Ort des Innehaltens“, sagt Küster zur Heiden.

Ein Josef, vier Marias

Über 70 Quadratmeter erstreckt sich die Landschaft der Krippe. Sie ist von allen vier Seiten einsehbar. Teil der Krippe sind unter anderem fünf Igel, 26 Schafe und bis zu 25 Menschen. Der Großteil der heutigen Figuren wurde in den 1960er Jahren gekauft. Die heutige Maria ist übrigens schon die vierte Frau von Josef.

Nach dem Diebstahl 1999 fuhr zur Heiden in vorweihnachtlicher Eile nach München zur Firma Ludwig, die auch Krippenfiguren herstellt. Als Notlösung kaufte er die Figur einer anderen Frau, die zur Maria „umfunktioniert wurde“, wie der Küster beschreibt. „Dann gab es eine weitere Maria mit einem schönen Gesicht“, erzählt zur Heiden. „Sie war aber einen guten Kopf größer als der Joseph, weshalb die Figur nur hingesetzt wurde.“ Erst rund 10 Jahre nachdem die erste Maria verschwunden war, schnitzte der Soester Künstler Alfons Düchting eine neue Maria, die der ersten sehr ähnlich kommt – und auch von der Größe her zum Joseph gut passt.

Die menschlichen Figuren sind bis auf das Jesuskind ab dem 19. Dezember in der Krippe komplett. Dann setzt zur Heiden die Figuren von Maria und Josef in den Stall um. In dem Wohnhaus, in dem sie vorher waren, halten dann schon die Heiligen Drei Könige mit ihren Kamelen und Kameltreibern Rast.

Der 51-Jährige hat den Beruf des Küsters und damit auch die Sorge um die Krippe im Jahr 1997 von seinem Vater übernommen. „Ich kannte den Beruf ja von Kindesbeinen an – mit allen Höhen und Tiefen“, sagt er. Das Weihnachtsfest sei Hoch und Tief in einem. Besonders das Familienleben leide. Weihnachten in gemütlicher Runde unterm Tannenbaum? Kennt Georg zur Heiden nur noch aus Kindestagen.

Trotz aller Arbeit nah beim Herrn

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Ruhe und Hektik zugleich bedeutet die Westfälische Krippe in Soest für Küster Georg zur Heiden. Es ist hauptamtlich für den Aufbau und die Sorge um die Krippe im Soester Patrokli-Dom zuständig.

Der Weihnachtsmoment am 23. Dezember

An Heiligabend gilt für ihn: nach dem Gottesdienst ist vor dem Gottesdienst. Die Feiern ab 14:30, 15:30, 17:30 und 23 Uhr bereitet er vor, feiert sie mit und räumt wieder auf. Der 51-Jährige ist sich im Klaren darüber, dass das, was er Heiligabend an Familienleben mit seinem Sohn verpasst, auch nicht wiederkommt. „Da ist man vielleicht auch mal sentimental in diesen Tagen“, sagt der Küster mit tiefer, kerniger Stimme. „Aber das gehört auch dazu.“

Dafür genießt zur Heiden an der Westfälischen Krippe am Abend des 23. Dezember einen einzigartigen Moment – ein Hoch in seiner Arbeit. Wenn niemand außer ihm mehr im Soester Dom ist, zündet er die Kerzen an den Tannenbäumen an. Dann trägt er das Jesuskind von der Sakristei im Chor zur Krippe unterhalb des Turms und legt es in den Stall. Ein echter Moment des Innehaltens. „Da geht mir viel durch den Kopf“, sagt zur Heiden. Vor allem sei er zufrieden, wenn er auf die Krippe blickt – und hat die vielen schweißtreibenden und schmerzhaften Momente im Kopf, wie er mit seinen Helfern die Krippe auf- und umgebaut hat.

Stabiler und rustikaler Glauben als Küster

Anfang Oktober wird das Untergestell der Krippe vom Dachboden des Kreuzgangs im Soester Dom geholt. Schäden werden repariert. Ab der Woche vor Christkönig läuft der Aufbau. Um die Figuren in Szene zu setzen, schiebt das Team rund um zur Heiden Bretter auf die Krippe. „Man kniet ewig im Feuchten, bis die Knie schmerzen“, beschreibt der Küster. Für zur Heiden ist Kirche nicht nur Gotteshaus, sondern auch Arbeitsplatz. Beten und mit dem Besen kehren – beides gehört zu seinem Beruf.

„Als Küster muss man schon einen stabilen, aber auch rustikalen Glauben haben“, sagt zur Heiden. Woran glaubt er denn? „Natürlich an den Kern: die Auferstehung“, antwortet er. Ohnehin sei Ostern mit der Liturgie von Palmsonntag bis Ostermontag sein Fest. „Da geht mir das Herz auf.“

Trotz allen schönen Erinnerungen und stillen Momenten – Georg zur Heiden sagt jetzt schon, dass er froh ist, wenn er gemeinsam mit seinen Helfern die Krippe nach dem 2. Februar wieder abbauen kann. Dann hat er manche Sorge weniger. Und wer weiß: Vielleicht taucht noch irgendwann die Marienstatue auf, die 1999 gestohlen wurde. Bis heute wurde die Figur nicht gefunden.

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