Schon in der Einleitung fällt der veränderte Tonfall auf. In Laudato si᾽ hatte der Papst 2015 seine „tiefe Besorgnis um den Erhalt unseres gemeinsamen Hauses“ zum Ausdruck gebracht. Aber bei aller Sorge herrschte damals doch eine große Hoffnung, dass sich die Welt endlich in einer gemeinsamen Anstrengung vereinen würde, um dem Klimawandel mit wirksamen Vereinbarungen und Maßnahmen zu begegnen. Papst Franziskus wollte damals mit seiner Enzyklika insbesondere den Verantwortlichen in Wissenschaft und Politik den Rücken stärken, die mit viel Energie an diesem Ziel arbeiteten. „Hope from the Pope“ lautete die Überschrift des Editorials der Zeitschrift Nature nach dem Erscheinen der Enzyklika. Doch acht Jahre später ist die Situation drängender. Es ist höchste Zeit zu handeln. „Aus diesem Grund können wir den enormen Schaden, den wir verursacht haben, nicht mehr aufhalten. Wir kommen bloß noch rechtzeitig, um noch dramatischere Schäden zu vermeiden“ (16). Deswegen muss jetzt und ohne Aufschub gehandelt werden – koste es, was es wolle!
Heute richtet Papst Franziskus einen unüberhörbaren klimapolitischen Weckruf an die ganze Welt. Acht Jahre nach der Enzyklika Laudato si’ knüpft der Papst mit dem im Vatikan vorgestellten Schreiben Laudate Deum nahtlos an seine Umwelt- und Sozialenzyklika von 2015 an. So wie er damals uns alle – Kirche, Politik, Wirtschaft und Weltgemeinschaft – im Vorfeld des New Yorker UN- Nachhaltigkeitsgipfels und der Pariser Klimakonferenz (COP21) in die Pflicht nahm, veröffentlicht er sein Schreiben Laudate Deum nicht zufällig vor der diesjährigen UN-Klimakonferenz in Dubai (COP28). Er wendet sich an die gesamte Weltgemeinschaft und verpflichtet uns erneut sowie mit Nachdruck zu einem verantwortlichen Umgang mit der Schöpfung; dies umso mehr, da die bisherigen Maßnahmen nicht ausreichen und „die Welt, die uns umgibt, zerbröckelt und vielleicht vor einem tiefen Einschnitt steht“ (2).
Charakter des Apostolischen Schreibens Laudate Deum
Laudate Deum ist weniger ein Grundsatzpapier als vielmehr ein Apostolisches Schreiben mit mahnendem, die Welt aufrüttelndem Charakter. Beim Lesen wird klar: Die Lage ist ernst! Bei dieser Fortschreibung von Laudato si’ geht es dem Papst also nicht um ein neues Thema, sondern um sein Herzensanliegen, indem er die Aussagen von Laudato si’ ergänzt und konkretisiert (4). Zugleich steht Laudate Deum genauso in der Tradition von Papst Franziskus‘ zweiter Sozialenzyklika Fratelli tutti (FT), die vor drei Jahren (3. Oktober 2020) veröffentlicht wurde. Darin betont der Papst die Geschwisterlichkeit aller Menschen in einer einzigen globalen Menschheitsfamilie. Beide Enzykliken – Laudato si’ und Fratelli tutti – sind stark von der Person des heiligen Franz von Assisi inspiriert, dem Schutzpatron des Umweltschutzes, der Ökologie und der Armen. Das Herzblut, das der Papst in dieses Schreiben legt, zeigt sich somit auch im Zeitpunkt der Veröffentlichung am Festtag des heiligen Franz von Assisi, nach dem er sich benannt hat. Zudem richtet sich Laudate Deum – wie zuvor schon Laudato si’ und Fratelli tutti – nicht exklusiv an Christinnen und Christen, sondern an alle Menschen guten Willens, Verantwortung für das gemeinsame Haus wahrzunehmen.