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Erzbistum Paderborn
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Die Pilgergruppe von Religionslehrenden aus dem Erzbistum Paderborn im Heiligen Land.© Dr. Dennis Lewandowski / Erzbistum Paderborn

Israel: Pilgerreise mit Raketen am Himmel

Wie eine Gruppe von deutschen Religionslehrerinnen und Religionslehrern den Hamas-Angriff im Heiligen Land erlebt

Als sich Dr. Dennis Lewandowski am Dienstagmorgen des 10. Oktober per Telefon meldet, ist er kurz davor, Israel zu verlassen. „Ich kann den Grenzübergang nach Jordanien schon sehen“, sagt er. „Aber das wird sicher noch über eine Stunde dauern“. Zahlreiche Reisebusse schleichen zur Grenzkontrolle, Menschen drängen sich in einer langen Schlange.

Dr. Lewandowski ist zusammen mit einer Gruppe von Religionslehrerinnen und Religionslehrern aus dem Erzbistum Paderborn im Heiligen Land. Er leitet die Abteilung Religionspädagogik im Erzbischöflichen Generalvikariat Paderborn und begleitet die Fahrt zusammen mit Adelheid Büker-Oel, die die Abteilung Schulpastoral leitet.

Der 39-Jährige schildert die Lage mit ruhiger, fast sachlicher Stimme. Doch er weiß auch: Zuhause und im Generalvikariat sorgen sich die Menschen um ihn und die Gruppe.

Detonationen sind den ganzen Tag zu hören

Als am Samstagmorgen der Hamas-Angriff auf Israel beginnt, pilgert Dr. Dennis Lewandowski in der judäischen Wüste auf Jerusalem zu. Schon um 5:30 Uhr bricht er mit der Gruppe auf, erlebt einen traumhaften Sonnenaufgang in der Wüste.

Als der Tag hell und die Stadt so langsam in Sicht ist, hört die Gruppe zum ersten Mal Detonationen. „Dann sah man auch Raketen am Himmel, die abgefangen wurden“, sagt Dr. Lewandowski. Er erzählt, dass die Raketen „wie Flugzeuge“ am Himmel aussahen. Doch die Sirenen und Detonationen, die den ganzen weiteren Tag zu hören sind, machen klar: Jerusalem wird mit Raketen angegriffen.

Was die Gruppe da noch nicht weiß: Dass Terroristen der Hamas mehrere Orte in Israel attackieren. Dass über eintausend Menschen sterben. Dass sich die Familien zuhause furchtbare Sorgen machen.

Wann kommen die deutschen Pilger nach Hause?

Als die Gruppe am Samstag gegen 15:30 Uhr von ihrem Pilgerweg zurück im Kibbuz am Toten Meer ist, klingeln alle Handys. „Man guckt auf WhatsApp und tagesschau.de und alles wirkt höchstgefährlich“, sagt Dr. Lewandowski. „Aber dort, wo wir waren, haben wir nur gemerkt, dass die palästinensischen Mitarbeitenden des Kibbuz nicht mehr da waren und die Israelis plötzlich mit kurzer Hose und Maschinengewehr rumliefen.“

Mit jeder „Geht es dir gut?“-Nachricht aus Deutschland steigt die Sorge. Dr. Lewandowski erzählt, wie einige Teilnehmende der Reise anfangen, Tränen in den Augen zu bekommen. Zu fragen: Können wir hierbleiben? Und: Wann kommen wir nach Hause?“

Der Guide der Gruppe, beauftragt vom Reiseveranstalter VIATOR-Reisen, versichert: Hier im Kibbuz ist die Gruppe sicher. Aber wie geht es weiter?

Die Ungewissheit ist für die Reisenden am schlimmsten

Am Sonntag sollen sich alle Deutschen, die gerade im Heiligen Land sind, online beim Auswärtigen Amt registrieren. Das funktioniert aufgrund von technischen Störungen nicht. Gleichzeitig ruft die Frau von Dr. Lewandowski an und fragt: „Wann kommst du nach Hause?“. Antwort: „Das kann ich nicht sagen.“ Diese Ungewissheit sei emotional am schlimmsten gewesen, erzählt Dr. Lewandowski.

Die Hilfe des Auswärtigen Amts lässt auf sich warten, doch seit Kriegsbeginn sucht die Leitung des Erzbistums Paderborn zusammen mit Reiseveranstalter VIATOR nach einer Lösung.

Bevor es eine Perspektive gibt, wechselt die Gruppe die Unterkunft. Es geht in ein sicheres Hotel mit Schutzraum im Keller in Jerusalem.

„Direkt beim Check-In wurden wir mit Sirenen-Alarm begrüßt“, erzählt Dr. Lewandowski. Die Gruppe geht in den Sicherheitsraum, wartet zehn Minuten und kann dann die Zimmer beziehen.

© Dr. Dennis Lewandowski / Erzbistum Paderborn

Raketen-Alarm an der Klagemauer

Da Jerusalem aufgrund eines Raketenabwehrsystems als sicher gilt, geht ein Großteil der Gruppe in die Stadt. Sie besuchen die Grabeskirche und machen sich auf den Weg zur Klagemauer. Als sie gerade in der Sicherheitskontrolle vor dem Platz der Klagemauer stehen, geht der nächste Raketen-Alarm.

„Wenn man draußen ist, soll man sich flach auf den Boden legen oder eng an eine Wand stellen“, erzählt Dr. Lewandowski. Er stellt sich eng an die Wand, hört wie eine Rakete abgefangen wird und in der Luft explodiert. Da nach zehn Minuten kein weiterer Alarm folgt, gilt Entwarnung.

„Da geht jeder anders mit um“, sagt Dr. Lewandowski. In den abendlichen Austauschrunden können die Teilnehmenden erzählen, wie sie die Situation beschäftigt. „Ich persönlich habe mich sicher gefühlt,“ sagt Dr. Lewandowski. „Einerseits, weil ich darauf vertraut habe, dass unser Guide sagt, dass wir sicher sind. Andererseits ist auch eine Portion Gottvertrauen an Bord. Ich habe mir gesagt: Wir sind hier auf einer Pilgerreise und deswegen gehe ich mit dem positiven Gedanken durch die Zeit, dass uns Gott sicher begleitet.“

Pilger verlassen Israel über Jordanien, Dubai, Deutschland

Am Montag dann die erlösende Nachricht. Das Erzbistum Paderborn ermöglicht, dass die Gruppe am kommenden Tag Israel verlässt. Sie muss auf dem Landweg nach Jordanien reisen, von dort geht es per Flugzeug nach Dubai und dann Deutschland. Das Bistum übernimmt die Mehrkosten für die Flüge der Gruppe, genauso wie für eine Pilgergruppe aus dem Pastoralverbund Salzkotten. Wenn es gut läuft, ist Dr. Lewandowski am Mittwoch gegen 13:15 Uhr in Frankfurt.

„Wir sind erleichtert, dass wir ein starkes Bistum im Rücken haben“, sagt Dr. Lewandowski. „Aber während wir jetzt nach Haus zurückkehren können, leben die Menschen im Nahen Osten weiter mitten im Krieg, trauern um ihre Angehörigen, fürchten um ihr Leben. Wir hoffen und beten, dass die Waffen bald schweigen…“

Mit dieser Perspektive und dem Blick auf den Grenzübergang nach Jordanien telefonieren wir mit Dr. Lewandowski. Er sagt: „Wir sind alle mit dem Ziel ins Heilige Land gefahren, unseren Glauben zu stärken und zu erleben, welchen Pilgerweg Jesus gegangen ist. Der Krieg hat uns ins Bewusstsein gerufen, dass das Land immer schon von kriegerischen Auseinandersetzungen geprägt ist. Zwischen Mesopotamien und Ägypten, zwischen den Juden und Römern und so weiter. Und auch Jesus hat in einer Zeit voller Konflikte gelebt“.

Dr. Lewandowksi gibt zu, dass es eine Zeit dauern wird, das, was die Gruppe erlebt hat, zu verarbeiten. Doch er sagt auch: „Nach einer gewissen Zeit helfen die Erfahrungen sicher, nochmal anders auf das Land und auf das Wirken Jesu zu schauen.“ Für ihn steht fest, dass er nochmal ins Heilige Land fahren möchte. „Dafür braucht man sowieso Gottvertrauen“, sagt er. Jetzt geht es aber erstmal darum, gut nach Hause zu kommen. Morgen hat er Geburtstag und möchte am Abend bei seiner Familie sein.

Ein Beitrag von:
Redakteur

Tobias Schulte

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