Mit dem Bildmotiv dieses Kalenderblatts kann sich Willi Aufenberg erst auf den zweiten Blick anfreunden. Sein Wunschmotiv ist, passend zu Ostern, das Lebensbaum-Kreuz im Kircheninneren. Aber wenn das Kalenderbild hilft, die Menschen in die Kirche zu ziehen, hin zum Kreuz, ist der Pastor im Ruhestand mit der Außenaufnahme zufrieden. Selbst wenn der Turm viel später dazukam. Dann beginnt der 89-Jährige zu erzählen, und auf einmal ist sie da: eine wundervolle Geschichte. Sie beginnt mit einem Architekten auf dem Höhepunkt seines Schaffens, aber eigentlich ist sie die Erzählung von Aufbrüchen in einem erfüllten Glaubensleben.
Neugotischer Stil
Doch der Reihe nach. Erbaut wurde die Kirche Heilige Familie in den Jahren 1903 und 1904. Durch die neuen Zechensiedlungen in Lünen-Süd und Gahmen waren damals viele Katholikinnen und Katholiken nach Lünen gekommen. 1896 entstand in Beckinghausen die erste katholische Kirche Lünens südlich der Lippe, ein Jahr darauf wurde eine Notkirche errichtet, und 1903 begann man gleichzeitig mit dem Bau von zwei Kirchen, der Herz-Jesu-Kirche und der Kirche Heilige Familie. Als Architekt der Kirche Heilige Familie wurde Johannes Franziskus Klomp verpflichtet. Der 1865 geborene deutsche Architekt mit niederländischen Wurzeln war ein Vertreter des späten Historismus. Seine Schaffensperiode reichte nur von 1896 bis 1915, doch in dieser kurzen Zeit zeichnete er für die Planung und Ausführung von über 200 bedeutenden Bauten verantwortlich. Sein Entwurf der Kirche Heilige Familie war ebenbürtig mit dem der Dreifaltigkeitskirche in Dortmund; beide zählen zusammen mit der Franziskanerkirche in Dortmund und dem Artländer Dom in Ankum zu den bekanntesten Werken Klomps. Allerdings fehlte der im neugotischen Stil errichteten Kirche Heilige Familie in Lünen lange Zeit etwas Wesentliches: der Turm.