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Erzbistum Paderborn
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Innenraum St. Michael Brakel© Besim Mazhiqi

Fratzen, Engel und Figurenklau

Erzbistumskalender 2024: Ursprünglich stand das Taufbecken von St. Michael in Brakel unter der Vierung des Turms und ist nun ins Zentrum der Kirche gerückt

„Brakel war zum richtigen Zeitpunkt reich und zum richtigen Zeitpunkt arm“, sagt Alfons Jochmaring. Der ehemalige Beamte der Bundesnetzagentur ist seit seiner Pensionierung als Stadt- und Kirchenführer aktiv und weiß, dass eine spannende Geschichte einen verblüffenden Einstieg benötigt, dem dann rasch eine möglichst gute Erklärung folgen muss. Die liefert er sogleich: „Der zeitweise Reichtum hat bewirkt, dass es in Brakel einiges anzuschauen gibt. Die längeren Perioden der Armut haben dafür gesorgt, dass das einmal Gebaute über eine lange Zeit bewahrt blieb.“

Auch wenn es in der Stadt viele interessante Gebäude und Kunstschätze zu betrachten gibt, widmet Jochmaring bei seinen Stadtführungen der Stadtkirche St. Michael viel Zeit. Hier laufen die Stränge der Weltgeschichte und der Stadtgeschichte ebenso zusammen wie die Linien der Kunst- und Kirchengeschichte. Der größte Teil des Kirchengebäudes wurde in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts im Stil der Romanik errichtet. Bei der Apsis handelt es sich um einen Anbau im gotischen Stil. Die Ausstattung dagegen stammt aus dem Barock. Im Zuge der Reformation war Brakel erst evangelisch geworden, wurde dann aber 1611 komplett rekatholisiert. Daran schloss sich eine kurze Phase des Reichtums an.

„Mit der Rekatholisierung änderte sich nicht nur der Ritus“, berichtet Alfons Jochmaring. „Die neuen Kirchenherren statteten die Kirche mit prunkvollen Altären aus und veränderten mit neu eingezogenen großen Fenstern die Lichtregie.“ An die Stelle der mittelalterlichen Düsternis trat nun helles Licht. Die dahinterstehende Absicht: Die Kirche sollte so etwas sein wie ein Stück Himmel auf Erden, ein Vorgeschmack aufs himmlische Jerusalem.

Reich verziertes Taufbecken

Auch in jüngerer Zeit erfuhr die Kirche immer wieder bauliche Veränderungen. Eine davon betraf den Aufstellungsort des Taufbeckens, das im Zentrum des Kalenderbilds steht. Ursprünglich stand das Kunstwerk aus dem Manierismus, also der Übergangszeit zwischen Spätrenaissance und Frühbarock, in der Vierung unter dem Turm. Dahinter steckte eine Vorstellung, die im mittelalterlichen Italien sogar zum Bau eigener Taufkirchen führte, wie die Baptisterien in Pisa, Siena oder Florenz belegen: Demnach ist der Täufling kein Mitglied der Gemeinde und hat in der Kirche noch keinen eigenen Ort. Im Lauf der Kirchengeschichte entwickelte sich aber die Vorstellung, die Täuflinge in die Mitte der Gemeinde zu nehmen. Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil rückten daher auch die Taufbecken, sofern dies die Baulichkeiten zuließen, in Richtung Kirchenmitte.

Diese modernere Idee gefällt auch Kirchenkenner Alfons Jochmaring, zumal das Taufbecken mit seinen Dämonenfratzen, seinen Engelsköpfen und dem rankenverzierten Aufsatz am neuen Aufstellungsort besser zur Geltung kommt. Leider ist das Kunstwerk stilistisch nicht mehr aus einem Guss. Weder die grimmigen Monster noch die lieblichen Putten konnten verhindern, dass vor einigen Jahrzehnten die Figurengruppe auf dem Deckel entwendet wurde. Die heutige Darstellung der Taufe Jesu im Jordan durch Johannes stammt von der Hand eines modernen Herrgottsschnitzers aus Oberammergau. In Auftrag gegeben wurde das Werk von den Eltern eines Täuflings anlässlich dessen 18. Geburtstags zum Dank, dass ihr Sprössling wohlgeraten war. Natürlich ist die Nachbildung weniger wert als das Original. Aber der Wille zählt – und außerdem hat Stadtführer Alfons Jochmaring damit eine weitere Geschichte zu erzählen.

St. Michael in Brakel

Hier finden Sie weitere Informationen zu diesem Ort.

Das Kalenderbild

© Besim Mazhiqi

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