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Erzbistum Paderborn
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© Erzbistumsarchiv Paderborn

Liberté, Égalité, Bohnenkaffee: Der Paderborner Kaffeelärm von 1781

Eine Geschichte von der ausgehöhlten fürstbischöflichen Macht Ende des 18. Jahrhunderts und ein Lehrstück über das, was bürgerliche Proteste und eine gute Tasse Kaffee bewirken können

Es ist ein Kuriosum in der Stadthistorie. Wer die Geschichte vom Paderborner Kaffeelärm von 1781 gut zu erzählen weiß, dem ist ein lachendes Publikum sicher. Aber worum geht es genau? Was war passiert in Paderborn, dem beschaulichen Bistumsstädtchen, dass Ende des 18. Jahrhunderts plötzlich sonst so sittsame Bürger und treue Untertanen gegen die Obrigkeit revoltierten, Schmähschriften verfassten, missliebigen Beamten heimlich die Keller fluteten, aufsässige Spottgesänge anstimmten und ihren Protest auf die Straße trugen, bis sich der Fürstbischof und Landesherr Wilhelm Anton von der Asseburg gezwungen sah, zwei Kompanien Soldaten in Marsch zu setzen, um die Ruhe wiederherzustellen?

Kaffee als Getränk der privilegierten Schichten

Der Grund für den Aufruhr war ein Erlass des Fürstbischofs. Gleich mehrfach hatte Wilhelm Anton von der Asseburg versucht, seinen Untertanen per Gesetz das Kaffeetrinken auszutreiben. Auf Basis der Bestände des Erzbistumsarchivs kennt die Geschichtswissenschaft vier Paderborner Kaffeeedikte aus den Jahren 1766, 1767, 1777 und 1781. Begründet wurden die Verbote jeweils mit der Sorge, der Genuss des Luxusartikels könnte die Kaffeesüchtigen in den finanziellen Ruin treiben. Daher war der Kaffeegenuss lediglich den niederen Ständen untersagt. Die Privilegierten, der Adel, die Geistlichkeit und die höheren Beamten, durften weiterhin nach Lust und Laune die Mokkatässchen erheben. Nachdem die ersten Kaffeeedikte trotz hoher Geldstrafen und Belohnungen für Denunziationen nicht zum gewünschten Erfolg führten, ließ der Fürstbischof 1781 einen letzten und verschärften Erlass folgen.

Nur eine Provinzposse?

Mit der heftigen Reaktion seiner Untertanen aber hatte er nicht gerechnet. Das Volk zeigte sich widerständig – und zwar aus zwei unterschiedlichen Motiven. Zum einen wollten sich die Menschen nicht von der Obrigkeit den Kaffeegenuss verbieten lassen. Zum anderen erregte die Ungleichbehandlung ihren Zorn: Kaffee sollte nicht länger ein Privileg sein, sondern ein Getränk des Volkes.

Die etwas beschwichtigende Bezeichnung „Paderborner Kaffeelärm von 1781“ erfand der Paderborner Chronist Georg Joseph Rosenkranz erst Mitte des 19. Jahrhunderts. Man kann darin eine Provinzposse um ein belebendes Heißgetränk sehen, ein „Viel Lärm um nichts“. Es gibt aber auch andere Lesarten.

Aufruhr acht Jahre vor der Französischen Revolution

Zum Beispiel die, dass in Paderborn das Bürgertum allmählich selbstbewusst wurde und mit Mitteln des Protestes begann, für seine Rechte einzutreten – und dies acht Jahre vor dem Ausbruch der Französischen Revolution. In dieser Deutung zeigt der Paderborner Aufruhr zudem die allmähliche Aushöhlung alter Machtstrukturen. Mit dem Aufmarsch seiner Soldaten gelang es Fürstbischof Wilhelm Anton von der Asseburg zwar, den Aufruhr niederzuschlagen, glücklicherweise ohne Blutvergießen. Aber langfristig durchzusetzen war das Kaffeeverbot nicht – auch nicht mit Mitteln der Drohung, mit Denunziation und militärischer Gewalt.

Das Kaffeeverbot – es gilt bis heute!

Widerrufen wurde das Kaffeeedikt übrigens niemals und wäre das Hochstift Paderborn mit der Säkularisation und der Angliederung an Preußen im Jahre 1803 nicht als Staat untergegangen, würde das Gesetzeswerk dem Papier nach immer noch gelten. An einem besonderen Ort ist der Kaffeegenuss sogar bis heute strengstens untersagt: Es ist das Erzbistumsarchiv, wo auch die Originaldokumente zum Paderborner Kaffeelärm lagern, darunter die fürstbischöflichen Kaffeeerlasse, die brieflichen Berichte von den Aufständen und die Bittschriften der Bürger. Anders als gegen das historische Edikt regt sich gegen das aktuelle Kaffeeverbot in den Magazinräumen und im Lesesaal des Erzbistumsarchivs kein Protest. Es gilt schließlich für alle gleichermaßen und es hat gute Gründe: Wo einzigartige Handschriften, historisches Aktenmaterial und wertvolle Druckwerke für die Nachwelt erhalten werden, ist nun wirklich kein Platz für Kaffee.

Foto Erzbistumsarchiv Paderborn
Signatur EBAP, generalia, Band 18 rot, fol. 118
Entstehungsdatum 15. August 1781 (Bericht des Geheimen Rates Otto von Spiegel an Fürstbischof Wilhelm Anton von der Asseburg über Volksauflauf in Paderborn)
Provenienz Erzbischöfliches Generalvikariat
Kulturhistorische Bedeutung Ein Stück Stadtgeschichte und zugleich ein Stück Kulturgeschichte, das die Freiheitsbestrebungen des Bürgertums Ende des 18. Jahrhunderts verdeutlicht
Literaturangaben Ein Jahrtausend in Urkunden – Eine Ausstellung des Bistumsarchivs; Paderborn 1972, S. 14
Linneborn, Johannes: Inventar des Archivs des Bischöflichen Generalvikariates zu Paderborn; Münster 1920, S. 115
Linde, Roland: Der Paderborner „Kaffeelärm“ von 1781 – Ein städtischer Konflikt in der Spätphase des geistlichen Staates, WZ 151/152, 2001/2002. S. 361-373
Rosenkranz, Georg Joseph: Der Kaffee-Lärm in Paderborn; in: WZ 11, 1849, S. 339-345

Die Archivalie des Monats

Das Erzbistumsarchiv ist das Gedächtnis unserer Erzdiözese. Es sichert und erschließt die schriftliche Überlieferung und macht Geschichte allgemein zugänglich. Und das sogar kostenlos. Selbst die wertvollsten Archivstücke können Sie sich werktäglich zu den Öffnungszeiten des Erzbistumsarchivs ansehen. Darunter sind selbstverständlich auch die Stücke, die wir Ihnen in unserer Reihe „Die Archivalie des Monats“ vorstellen.

 

Besuchendenadresse:

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Domplatz 15 (Konrad-Martin-Haus)
33098 Paderborn
Tel.: (0 52 51) 1 25-12 52
E-Mail: archiv@erzbistum-paderborn.de
Geöffnet Montag-Donnerstag, 9.00 Uhr bis 16.00 Uhr

 

Ein Hinweis für alle genealogisch Interessierten: Die digitalisierten Kirchenbücher des Erzbistums Paderborn finden Sie auf

Matricula

Ein Beitrag von:
© Jürgen Hinterleithner
freier Autor

Hans Pöllmann

© Besim Mazhiqi / Erzbistum Paderborn
Archivar

Michael Streit

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