Im Diözesanmuseum Paderborn hat der Countdown für die neue große Sonderausstellung „Corvey und das Erbe der Antike. Kaiser, Klöster und Kulturtransfer im Mittelalter“ (21. September 2024 bis 26. Januar 2025) begonnen. Die neue Website – www.erbe-der-antike.de – stellt erste Highlights der Ausstellung vor. Die Schirmherrschaft für die Ausstellung hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier übernommen.
Täglich treffen in Paderborn neue Zusagen für kostbare Leihgaben aus ganz Europa ein. Mit dabei die gut 2.300 Jahre alte, einzigartige Bronzeskulptur einer Bärin, die einst Karl der Große aus Rom mitgebracht haben könnte und die heute im Aachener Dom bewahrt wird. Aus dem Musée de la Cour d‘Or in Metz kommen Fragmente des wertvollen spätantiken Sarkophags Kaiser Ludwigs des Frommen. Er war Sohn und Nachfolger Karls des Großen und gründete 822 das Kloster Corvey. Die ehemalige Benediktinerabtei an der Weser war ein geistiges, wirtschaftliches, politisches und kulturelles Zentrum mit großer Strahlkraft und ist Ausgangspunkt der Ausstellung im Diözesanmuseum. Es waren vor allem die Klöster, die im Mittelalter jenes antike Wissen bewahrten, das uns bis heute prägt.
Mit zahlreichen faszinierenden Exponaten macht die Sonderausstellung erlebbar, wie antike Kulturtechniken – insbesondere das Lesen und Schreiben – sowie Vorstellungen von Politik, Recht, Kunst und Wissenschaften damals weitergegeben wurden: Mönche vervielfältigten antike Schriften, Handwerker arbeiteten antike Originale um oder integrierten sie in eigene Werke. Vereinnahmt und geprägt vom jeweiligen Zeitgeist, erzählen solche Schätze Geschichten oder geben bis heute Rätsel auf.
Schatzkunst und Spurensuche bei den Bewahrern der Antike
Die Geheimnisse eines goldenen Reliquiars in Form einer Burse, einer Art Tasche, erforscht zurzeit ein Team renommierter Wissenschaftlerinnen, Wissenschaftler, Restauratorinnen und Restauratoren der Staatlichen Museen zu Berlin. Das charismatische Stück aus dem 8. Jahrhundert gehört zu den bedeutendsten Werken mittelalterlicher Goldschmiedekunst. Die so genannte Engerer Burse ist reich besetzt mit Edelsteinen, Perlen und Gemmen, die mythologische Motive antiker Steinschnittkunst zeigen. Das umfangreiche und aufwendige Forschungs- und Restaurierungsprojekt wird anlässlich der Paderborner Ausstellung von der Ernst von Siemens Kunststiftung ermöglicht.
Wie beliebt und wichtig der Rückgriff auf die Antike im Mittelalter war, zeigt auch ein weiteres ungewöhnliches Stück aus der Sammlung des Berliner Kunstgewerbemuseums, das ebenfalls in Paderborn zu sehen sein wird: Es ist ein Gießgefäß, ein Aquamanile, in Form einer Sirene, das für Handwaschungen bei liturgischen Handlungen oder vor Mahlzeiten gereicht wurde. Das mythologische Mischwesen aus Frau und Vogel ist auch aus Homers Erzählung der Odyssee bekannt. Dass Sirenendarstellungen im Mittelalter eine gewisse Beliebtheit besaßen, zeigt sich auch im Westwerk des Klosters Corvey, wo bereits im 9. Jahrhundert eine harfe-spielende Sirene Teil des Ausmalungsprogramms ist.