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Erzbistum Paderborn
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© Cornelius Stiegemann / Erzbistum Paderborn

„Die Blätter nicht hängen lassen!“

Wie kann die Pastoral im ländlichen Raum in Zukunft aussehen? Diese Frage prägte den siebten Dekanatsbesuch, der Erzbischof Udo Markus Bentz nach Marienmünster im Dekanat Höxter führte

Die Doppeltürme der ehemaligen Abteikirche Marienmünster erheben sich in einen graubewölkten Himmel. Leichter Regen fällt auf die Schirme, unter denen der ehrenamtliche Kirchenführer Josef Fuhrmann Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz den Ort näherbringt: „Bei uns hat das Wort Pfarrgemeinde immer auch die Bedeutung ‚Fahrgemeinde‘“, sagt er. In Marienmünster sei mit Jugendgruppen, Kirchenchorproben und Besuchern immer etwas los, doch seien die Menschen alle auf das Auto angewiesen. Womit er gleichzeitig ein Charakteristikum des flächenmäßig großen und ländlich geprägten Dekanats Höxter mitliefert. Die Menschen hier sind gezwungenermaßen mobil. Und das wirkt sich auch auf ihr religiöses Leben aus.

Viele Dörfer, viele Kirchtürme

„Land und Leute“ wolle er kennenlernen, hat Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz kurz nach seiner Amtseinführung im März gesagt. Dafür reist er, begleitet durch Mitarbeitende aus Bischofshaus und Generalvikariat, durch alle 19 Dekanate des Erzbistums. An diesem Dienstag ist er in Marienmünster, um hier das Dekanat Höxter und die dort lebenden Menschen kennenzulernen. Der ganze Tag findet auf dem Areal der ehemaligen Benediktinerabtei Marienmünster statt. Intensiver Austausch ist geplant, erst mit dem Dekanatsteam, dann mit den Hauptamtlichen aus den Pastoralen Räumen und schließlich mit den vielen ehrenamtlich Engagierten der Region. Dabei zieht sich ein Thema durch: Wie kann Pastoral auf dem Land gelingen?

Noch auf dem Weg nach Marienmünster hat Erzbischof Bentz etwas gelernt: „Als ich im Erzbistum ankam, dachte ich, ich wüsste, was ein Dorf ist. Meine Fahrt von Paderborn hierher hat mir gezeigt, dass meine Vorstellungen nicht mit der Realität im Dekanat Höxter übereinstimmen.“ Was Bentz aus dem Bistum Mainz kannte: Dörfer, die großen Städten wie Mainz oder Frankfurt am Main vorgelagert und verkehrstechnisch gut angebunden sind – mit 5000 Bewohnerinnen und Bewohnern.

Was er nun hier im ostwestfälischen Teil des Erzbistums Paderborn vorfindet, sind deutlich kleinere Orte. In Bellersen, Rheder oder Pömbsen leben 250 bis 700 Menschen. „Viele kleine Dörfer, viele mit eigenem Kirchturm“, fasst es Dekanatsreferentin Gisela Fritsche zusammen. Die könne man schon jetzt kaum noch oder nicht mehr personell mit Hauptamtlichen versorgen. Wie wird das erst in Zukunft werden?

Abtei Marienmünster: Lebendiges Erbe in alten Gemäuern

Marienmünster ist schon lange kein Benediktinerkloster mehr, die Gesänge der Mönche erklingen hier aber weiterhin. Und auch sonst hat sich der Ort eine spirituelle Qualität behalten. Erfahren Sie mehr über diesen besonderen Ort im Dekanat Höxter.

© Besim Mazhiqi
© Besim Mazhiqi

Spannungsfeld Zentralisierung Vor-Ort-Bleiben

Über diese Frage sprechen der Erzbischof, Generalvikar Msgr. Dr. Michael Bredeck und Dr. Annegret Meyer, Abteilungsleitung Glauben im Dialog im Erzbischöflichen Generalvikariat, mit den hauptamtlich Beschäftigten der Pastoralen Räume. Die Priester und Diakone, Gemeindereferentinnen und -referenten, Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker beschreiben eine große Vielfalt an Situationen der Seelsorge, sprechen von Abbrüchen genauso wie von neuen Formaten. Pfarrer Ansgar Heckeroth, Leiter des Pastoralen Raumes Steinheim-Marienmünster-Nieheim, sagt: „Die Geschwindigkeit, in der sich Kirche verändert, nimmt rasant zu.“ Konzepte von vor zehn Jahren seien nicht mehr zu halten, insbesondere bezogen auf Gebäude.

Pastor Peter Lauschus, Vikar aus Bad Driburg, äußert sich kritisch: „Pastoraler Raum und Pastoralverbund sind städtische Konzepte. Hier sind das Dorf und die Kirche im Dorf noch immer identitätsstiftend.“ Den Fokus auf eine Zentralisierung von Seelsorge zu legen, in sogenannten pastoralen Zentren, würde hier nicht funktionieren. Dechant Gerhard Pieper aus Warburg sieht das anders: Kirchliche Strukturen in jedem Dorf mit Kirchturm, wie viele der Anwesenden sie noch gewohnt seien, könne man nicht mehr aufrechterhalten. Es brauche neue Formen. Im Pastoralen Raum Warburg feiere man seit einigen Jahren das Fronleichnamsfest zentral in der Stadthalle, in Piepers Augen eine erfolgreiche Fokussierung.

Neue Formen für Pastoral auf dem Land finden

Für Erzbischof Bentz vermittele der Begriff ‚pastorales Zentrum‘ häufig, dass sich etwas von außen nach innen konzentriert. Dabei gehe es doch eigentlich darum, Orte mit Strahlkraft zu haben, die bis an die Ränder wirke. Für ihn sei klar, dass es kein Entweder-Oder geben könne. Eine gewisse Zentralisierung sei unausweichlich. „Es braucht Ankerorte mit Struktur und Angeboten, die es anderswo nicht mehr geben kann.“

„Gleichzeitig müssen fluide Formen vor Ort gestärkt werden.“ Damit greift er Wortmeldungen auf, die von Wünschen und Bedürfnissen der Menschen vor Ort gesprochen haben: Etwa, dass die Erstkommunion weiter vor Ort gewünscht werde, auch wenn die Familien sonst wenig Bindung an die Gemeinde hätten. Oder neue Formen von Gebet und Gottesdienst, weil klassische Formen aufgrund von Priestermangel nicht mehr zu stemmen seien. „Wer wird in Zukunft das Gesicht von Kirche vor Ort sein?“, fragt Erzbischof Bentz. Hauptamtliche werden das nicht mehr sein können. „Da braucht es engagierte Menschen aus der Dorfgemeinschaft, aus den Familien, die sich einbringen.“ Eine Landpastoral der Zukunft wird Formen finden müssen, für eine Mischung aus Ankerorten und beweglichen, an Personen geknüpfte Formate vor Ort.

Die Blätter nicht hängen lassen

Kirchenführer Fuhrmann hatte morgens noch gesagt: „Es hat hier immer Menschen gegeben, die angepackt haben. Ohne Sicherheit auf Erfolg, haben Menschen immer wieder etwas gewagt.“ Das zeichne Marienmünsters Geschichte aus – das kann aber auch Hoffnung für die Zukunft im ganzen Dekanat Höxter geben. Denn diese Menschen gibt es ja auch heute: Ehrenamtliche, die den Klostergarten in Marienmünster gestalten, der dem Erzbischof so gefallen hat. Die, die in ihrem Dorf Jugendangebote offenhalten. Die, die als Laien Katechese und die Gestaltung von neuen Gottesdienstformen angehen.

Diese Ehrenamtlichen kommen am späteren Nachmittag nach Marienmünster. Und als sie kommen – kein Scherz, das war wirklich so! – bricht die Sonne durch die Regenwolken. An Stehtischen, bei Bratwurst und Freigetränken kommen sie miteinander und mit dem Erzbischof ins Gespräch. 400 Menschen sind angemeldet. Bentz nimmt sich Zeit für sie, lacht und schüttelt Hände – Erzbischof und Ehrenamtliche wollen sich wirklich kennenlernen.

Beim Anblick dieser Menschen kommen einem die Worte des Erzbischofs wieder in den Sinn, die er zum Abschluss der Gespräche mit den hauptamtlich Beschäftigten gesagt hatte. Bentz hatte den Anwesenden ein Zitat des heiligen Franz von Sales in Erinnerung gerufen: „Blühe, wo du gepflanzt bist.“ Daraus folgte für ihn: „Nicht die Blätter hängenlassen! Wir sind gepflanzt in eine Zeit, die säkularer und pluraler wird. Wir sind gepflanzt in eine Kirche, die zerrissen ist, wie vielleicht nie zuvor. Aber ich bin fest davon überzeugt: Wir sollen dort blühen, wo wir gepflanzt sind.“

Das Dekanat Höxter in Zahlen

1 Dekanat

7 Pastorale Räume

85 Kirchengemeinden

73.917 Katholikinnen und Katholiken

Die Mitgliederzahlen sind von 2000 (105.505) bis 2023 (73.917) um fast 30 Prozent gesunken.

Ein Beitrag von:
Redakteur

Cornelius Stiegemann

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