„Wirklichkeit“ im Licht der Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung
Ausgehend von der im November 2023 vorgestellten Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung umriss Erzbischof Dr. Bentz die „Wirklichkeit“: Den Katholikinnen und Katholiken gehe es mit ihrer Kirche „nicht gut“. Die Studie bestätige Erosionstendenzen im Blick auf die Verbundenheit mit der Kirche: Lediglich vier Prozent der Katholiken verstehen sich noch als kirchennah, 30 Prozent seien kritisch kirchenverbunden, 30 Prozent kirchendistanziert, der Rest der Katholiken sei unreligiös. Die „allgemeine Religiosität“ sei in der Gesellschaft rückläufig, 38 Prozent der Menschen würden der Religion keinerlei Bedeutung für ihre Lebensbereiche zumessen, 40 Prozent nur wenig.
Die Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung zeige zugleich, dass die Kirche immer noch eine hohe soziale Reichweite habe, führte Erzbischof Dr. Bentz weiter aus. „Den Kirchen wird keine Gleichgültigkeit entgegengebracht, sondern hohe Erwartungen werden an sie gestellt. Noch immer erreicht sie mit ihren Einrichtungen viele Menschen in der Gesellschaft und das Pastorale Personal ist bekannt.“ Soziales Engagement werde von den Kirchen erwartet, 78 Prozent der Konfessionslosen und 92 Prozent der Katholiken stimmen zu, dass die Kirche soziale Beratungsstellen unterhalten soll. Eine große Mehrheit der Katholiken mache eine Austrittsentscheidung von einem möglichen Veränderungswillen der Kirche abhängig.
Wirklichkeit „geistlich leben“
Eine mögliche Reaktion auf diese Wirklichkeit und Realität sei „Angst“, einige kirchliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter würden sich zurückziehen, sich abschließen, würden versuchen, den Status mit aller Gewalt zu halten, führte Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz aus. Im Gegensatz dazu rief er dazu auf: „Der Christ kann und darf der ganzen Wirklichkeit, in die er hineingestellt sind, nicht ausweichen.“ Durch den Rückzug in eine fromme Innerlichkeit könne zwar versucht werden, die Realitäten auszublenden, doch werde ein Mensch dadurch nicht christlicher, geistlicher oder spiritueller, zeigte sich Erzbischof Dr. Bentz gewiss. Die Flucht in kleine Wohlfühlzirkel, wo Gleichgesinnte unter Gleichgesinnten seien, die Flucht der Kirche „in die Sakristei“, die Flucht in eine Kontrastgesellschaft seien keine Optionen. Die tiefste – geistliche – Überzeugung von Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz: „An der Wirklichkeit vorbei kann man nicht geistlich leben. Die Realität, so bitter sie ist, ist das einzige ‚Material‘, an der wir Glaube, Hoffnung und Liebe leben können.“