Auf der politischen Landkarte gehört die Eremitage zur Gemeinde Wilnsdorf. Auf der spirituellen Landkarte jedoch ist die Wallfahrtsstätte eindeutig der Großstadt Siegen zuzuordnen. „Das Gesamtensemble aus Gnadenkapelle, Eremitenklause, Heiligenhäuschen, Waldaltar, Klostergebäude und Sozialstation der Caritas ist Teil der Identität unserer Stadt“, erklärt Matthias Weißner, Ständiger Diakon und Küster in St. Marien. „Seit Jahrhunderten zieht dieser Ort hoch über der Stadt die Menschen in seinen Bann.“
Dem Umstand, dass für den Erzbistumskalender des Jahres 2025 keine Außenaufnahme der Gnadenkapelle ausgesucht wurde, sondern eine Fotografie des Deckengemäldes, kann Diakon Weißner vieles abgewinnen: „Als bekannter Kraftort wird die Kapelle ständig von außen fotografiert. Das Deckengemälde dagegen ist ein unverbrauchtes Motiv. Damit dürften wir sogar viele Menschen überraschen, die regelmäßig hierherkommen.“
Dargestellt ist auf dem Deckengemälde nicht viel – und doch zeigt es in großer Klarheit und tiefer Symbolik eigentlich alles. In den Zwickeln der Kuppel sind die vier Evangelisten wiedergegeben, nicht wie üblich in ihrer geflügelten Symbolform, sondern als in antikisierende Kleider gehüllte menschliche Gestalten. Darüber wölbt sich der blaue Himmel. „Unten in der Stadt, aber auch unten in der Kapelle als Versammlungsort der Lebenden und als Grablege des 1703 verstorbenen Erbprinzen Franz Joseph zu Nassau-Siegen liegt irdische Vergänglichkeit. Oben wartet himmlische Ewigkeit. Und der Weg dorthin führt über das Evangelium“, fasst Matthias Weißner die Aussage des Deckengemäldes zusammen.