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Erzbistum Paderborn
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Das Bauchgefühl entscheidet

Freude, Sorgen, Glück und Ängste – all das spüren wir auch in unserem Bauch. Manuela Mirke-Müller versucht als Schaustellerin mit ihrer Mandelbrennerei den Menschen ein gutes Bauchgefühl zu verschaffen. Sie erzählt davon, wie sie die Adventszeit auf dem Dortmunder Weihnachtsmarkt erlebt.

Advent. Vier Wochen. Vier Facetten. Vier Menschen, die ihn erleben. Mal laut, mal schmückend, mal voller Erwartung, mal mit Bauchgefühl. Anhand der Titel der Adventssonntage aus dem Buch „Achtung Advent!“  von YOUPAX – dem jungen Glaubensportal im Erzbistum Paderborn porträtieren wir vier adventliche Menschen. Diese Woche ist es Manuela Mirke-Müller, Schaustellerin auf dem Dortmunder Weihnachtsmarkt, und das Thema: Bauchgefühl!

Es ist ungewöhnlich warm für Mitte Dezember – knapp zehn Grad über Null. So manchem mag das milde Wetter ein wenig auf die vorweihnachtliche Stimmung schlagen. Für die Schaustellerinnen und Schausteller auf dem Dortmunder Weihnachtsmarkt wie Manuela Mirke-Müller ist es vermutlich ganz angenehm. Sie steht gerade gemeinsam mit ihrem Mann in ihrer Mandelbrennerei direkt vor der Kirche St. Reinoldi und bedient ihre Kundschaft. Mit einer kleinen Metallschaufel hebt sie die gebrannten, braun-glänzenden Mandeln in eine Papiertüte und wiegt sie ab. Freundlich lächelnd reicht sie Tüte über die Auslage, gibt sie der Kundin und hofft, dass ihr die Mandeln ein gutes, warmes Gefühl im Bauch geben.

Eine lange Familientradition

Michaela Mirke-Müller ist selbstständige Schaustellerin – seit 32 Jahren. Durch den kürzlich erfolgten Einstieg ihres Sohnes ist nun mindestens die fünfte Generation in dem Geschäft tätig. Dass sie selbst diese Tradition fortsetzen wollte, war ihr schon früh klar. „Ich bin ja damit groß geworden. Nach der Schule bin ich in die Straßenbahn gestiegen, habe hier im Geschäft meine Hausaufgaben gemacht und auch mit verkauft.“ Mit 16 Jahren hatte sie mit einem selbstgebauten Popcornstand neben dem Mandelwagen ihrer Eltern begonnen und Zuckerwatte und Popcorn verkauft. Fünf Jahre später hat sie einen eigenen Platz auf dem Dortmunder Weihnachtsmarkt bekommen. Seitdem ist sie als selbstständige Schaustellerin auf Reisen.

Bauchgefühl – Der Impuls von „Achtung Advent!“

Das Evangelium für den vierten Adventssonntag berichtet vom Besuch der schwangeren Maria bei der ebenfalls schwangeren Elisabet, ihrer Cousine. Als sie den Gruß Marias hört, hüpft das Kind in Elisabets Leib. Elisabet antwortet auf diese Erfahrung mit den bekannten Worten: „Gesegnet bist du unter den Frauen und gesegnet ist die Frucht deines Leibes.“ Auch unsere Vorfreude – oder unsere Sorgen vor dem kommenden Weihnachtsfest spüren wir in unserem Bauch.

Doppelseite aus "Achtung Advent!" zum vierten Adventssonntag 2024.

Familie auf Reisen

Die Geschichte aus dem Lukasevangelium ist eine von Freundschaft, Verwandtschaft, Familie – und Bauchgefühl. Auch wenn Manuela Mirke-Müller jedes Jahr auf Reisen ist, sind ihr Familie und Freunde wichtig. In Dortmund wohnt sie gemeinsam mit ihrem Mann in einem Dreiparteienhaus mit ihrer Mutter und ihrer Tante. Ihr Mann kommt „aus privat“, wie die Schausteller sagen. Er hat viele Jahre bei einer Bank gearbeitet, ist aber dann Teil des Familienunternehmens geworden. Die gemeinsamen Kinder waren auch häufig mit, beispielsweise während der Sommerferien. Damals sind sie noch mit einem Campingwagen gereist. Während der Schulzeit waren sie oft bei ihren Schwiegereltern, da diese ja „Private“ sind. Zu Hause besucht sie jeden Abend noch ihre Mutter in deren Wohnung. Sie selbst steht nicht mehr in ihrem Wagen, der keine fünf Minuten von der Reinoldikirche entfernt auf dem Weihnachtsmarkt steht. Manuelas Bruder hat das Geschäft übernommen. Trotzdem ist die Mutter immer noch sehr interessiert und möchte wissen, wie der Tag gelaufen ist. Bis Manuela nach Hause kommt, sei es häufig schon Mitternacht. Und dann müsse noch die Kasse für den Tag und der Haushalt gemacht werden. Dafür können sie in der Regel länger schlafen als andere Beschäftigte.

Weihnachten: endlich sitzen

Die klassische Vorweihnachtszeit „der Privaten“ mit Plätzchen backen und abends zusammensitzen, kennt Manuela eigentlich nicht. „Das hatte ich zum ersten Mal in meinem ganzen Leben während Corona, als wir nicht arbeiten durften.“ Es war eine andere Erfahrung als sonst. Aber sie könne nicht sagen, dass ihr das als Kind gefehlt habe. „Meine Mama hat das immer anders geregelt. Das ist schon in Ordnung.“

Auch wenn die Arbeit auf dem Weihnachtsmarkt sehr anstrengend sei, packe einen die Stimmung und die Atmosphäre auch im Geschäft. Zu Hause versuche man auch es sich gemütlich zu machen, auch wenn dort nur wenig Zeit sei. Gerade wenn die eigenen Kinder noch im Haus sind, möchte man für sie eine schöne Vorweihnachtszeit gestalten. Das Weihnachtsfest selbst feiert Manuela am liebsten bescheiden. Sie braucht keine Geschenke, schon gar keine teuren. Vielmehr ist sie dankbar, gemütlich und gemeinsam mit der Familie in Ruhe zu Essen und ein Glas Wein trinken zu können. Nichts davon sei selbstverständlich, betont sie. Das Highlight für sie: Endlich wieder sitzen zu können. Auf dem Weihnachtsmarkt müssen sie nämlich zwölf bis 13 Stunden jeden Tag am Stück stehen.

Besuch auf dem Weihnachtsmarkt

Dortmund ist für die Schaustellerin ein Heimspiel – es ist ihre Heimat. Seit vielen Jahren steht sie am selben Platz und ihre Bekannten und Freundinnen wissen das auch. In diesem Moment kommt eine Schulfreundin vorbei und kauft ein paar Mandeln. Hauptsächlich ist sie aber gekommen, um Manuela zu besuchen. Einige Minuten unterhalten sie sich über die Ausgabe hinweg – über Freunde, Bekannte, was so im Umfeld passiert ist. Ihre Schulfreundin hatte in diesem Jahr ein Klassentreffen organisiert, aber Manuela konnte nicht, da es an einem Wochenende stattfand. Jetzt ist die Freundin aber schon zum dritten Mal bei ihr an der Bude zu Besuch. Durch die sozialen Medien lasse sich mittlerweile auch besser der Kontakt mit den Freundinnen halten, die nicht auf Reise sind.

Mit der Osterkirmes beginnt das Jahr als Schaustellerin und endet dann jedes Jahr auf dem Weihnachtsmarkt. Neben der Mandelbude, die nur vor Weihnachten zum Einsatz kommt, besitzt Manuela auch einen Crêpes-Wagen und einen, in dem sie asiatische Nudeln sowie Reis anbietet. Zwischen Dortmund und Winterberg reist sie das Jahr über durch Nordrhein-Westfalen. Oft sei es möglich, abends nach Hause zu fahren, wenn nicht übernachten sie in Ferienwohnungen. In Winterberg hat Manuela zudem eine kleine Wohnung.

Eine große Gemeinschaft

Auch untereinander ist die Gemeinschaft der Schausteller groß. „Zusammenhalt wird bei uns unheimlich großgeschrieben. Die Schaustellerei ist ja wie ein kleines Dorf.“ Jeder kenne jeden „und jeder hilft auch jedem ganz selbstverständlich“. Untereinander bekomme man alles mit. Es gibt auch verschiedene Gruppen wie einen Frauen- oder einen Kegelverein. In den freien Wintern zwischen Weihnachten und Ostern werden gemeinsame Fahrten unternommen. Während der Spielzeit treffe man sich ohnehin immer wieder. Oft sitzen die Schausteller nach Veranstaltungen abends noch zusammen. Aber nicht nach dem Weihnachtsmarkt, das sei in der Regel zu anstrengend, sagt Manuela.

Auch kirchliches Leben findet unterwegs statt, ermöglicht von der katholischen Circus- und Schaustellerseelsorge mit Nationalseelsorger Pfarrer Sascha Ellinghaus. „Meine Tochter ist auf einem Autoscooter zur Erstkommunion gegangen, mein Sohn wurde auf einem Autoscooter von Pfarrer Ellinghaus gefirmt“, sagt Manuela. Ein normaler Gottesdienstbesuch sei aufgrund der Arbeitszeiten für die Schausteller meistens nicht möglich. Daher tue es gut, dass Pfarrer Ellinghaus immer auf die Festplätze kommt und vor Ort Gottesdienst feiert. Er sei Seelsorger und Freund, mit dem man viel Persönliches besprechen könne. Viele Schausteller seien gläubig und gingen zu den gemeinsamen Gottesdiensten. In Dortmund werde immer am ersten Advent gemeinsam auf dem Weihnachtsmarkt Gottesdienst gefeiert.

Ein gutes Bauchgefühl

Während Manuelas Mann Kunden bedient, hat sie Zeit Schokofrüchte vorzubereiten. Sie hält die Fruchtspieße in das Becken mit der warmen, geschmolzenen Schokolade. Anschließend legt sie das Blech mit den nun überzogenen Erdbeeren in die Kühlung. Diese werden, wie die Mandeln, den Kunden ein gutes Bauchgefühl verschaffen. Dabei weiß sie: Gefühle im Bauch gehen, auch wenn so manches Essen ziemlich gute Laune auslösen kann, über den einfachen Hunger hinaus. Viele Emotionen, positive wie auch negative, landen immer auch im Bauch. Sie können glücklich machen, aber auch nächtelang wachhalten. Auch Manuela Mirke-Müller kennt das. Eigentlich achte sie sehr stark auf ihr Bauchgefühl, sagt sie. Erst vor wenigen Wochen habe sie eine Entscheidung aus der Vernunft heraus getroffen – gegen ihr Bauchgefühl. Und habe wenig später feststellen müssen, dass sie mit ihrem Bauchgefühl richtig lag. Ein gutes Bauchgefühl ist wichtig für gute Entscheidungen. Nun hat sie für sich den Schluss gezogen: „Nie wieder werde ich irgendetwas machen, wenn ich ein schlechtes Bauchgefühl habe.“

Ein Beitrag von:
© Besim Mazhiqi
Redaktionsvolontär

Moritz Kröner

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