Dialog und Austausch, ohne Schweigepflicht zu brechen
Einer, der den jungen Männern Mut macht, ist der katholische Gefängnisseelsorger Michael King. Mit seinem offenen Gesprächsangebot erreicht er die Insassen. „Sie kommen zu mir ins Büro, um zu reden. Um auch über sich zu reden. Dabei geht es nicht um Religion, sondern um Existenz. Viele von ihnen mussten auch viel mitmachen. Hier in der Seelsorge werden sie angenommen, wie sie sind“, umschreibt King das Leitbild seiner seelsorgerischen Arbeit. Dabei urteilt oder wertet er nicht das Vergehen der 14- bis 24-jährigen, sondern sucht den Dialog und Austausch, ohne die Schweigepflicht zu brechen.
„Die Schweigepflicht und das Zeugnisverweigerungsrecht ist unser Schatz in der der staatlichen Einrichtung. Gesetzlich genießen Seelsorgerinnen und Seelsorger diesen Schutz – im Gegensatz zu Vollzugsbeamten oder auch Sozialarbeitern, die zu Aussagen vor Gericht verpflichtet werden können. Die Häftlinge haben Vertrauen, ja sie wissen, dass wir nichts weiter geben“, so Michael King weiter. Allerdings beweist der Seelsorger dabei auch selbst Mut, indem er die Menschen, die ihn aufsuchen, herausfordert, sich mit ihrer persönlichen Geschichte auseinander zu setzen.
Vom Schwarzwald über Bolivien nach Magdeburg
Michael King ist seit sieben Jahren als Seelsorger für das Erzbistums Paderborn in der JVA Herford tätig. Aufgewachsen im Schwarzwald, studierte er in Freiburg i. Br. Theologie und arbeitete zunächst als Pastoralreferent in verschiedenen Gemeinden des Bistums Rottenburg-Stuttgart. Schließlich schloss er sich einem Entwicklungsprojekt einer Schweizer Organisation an (heute: Comundo) und ging für dreieinhalb Jahre nach Bolivien. „Diese Zeit hat mich geprägt“, resümiert Michael King, der in armen Verhältnissen und subtropischem Klima bei den Einheimischen lebte. Viele kleine Projekte wurden gemeinsam angegangen, die völlig unterschiedlich waren: vom Brunnenbau bis zur Arbeit mit Menschen mit Behinderung.
2005 kehrte Michael King zurück nach Deutschland. „Eine abenteuerliche Fahrt mit dem Frachtschiff über Brasilien nach Hamburg“, blickt King zurück, der dann in einer priesterlosen Gemeinde im Nordschwarzwald seinen alten Beruf aufgriff. Hier begann er auch seine Ausbildung zum Klinikseelsorger.
Doch die Erfahrungen in Bolivien ließen Michael King noch nicht zur Ruhe kommen, die Suche nach einer neuen Herausforderung trieb ihn an. Eine Stellenausschreibung im Bistum Magdeburg weckte seine Neugier: Seelsorger in der Jugend-Vollzugsanstalt Raßnitz im Saalekreis.