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Seelsorge ganz nah am Menschen

Seelsorge ganz nah am Menschen

Serie "Mutige Menschen": JVA-Seelsorgerin Daniela Bröckl.

„Für mich ist meine Arbeit gar nicht so mutig, aber man muss darauf achten, nicht übermütig zu werden“, sagt Daniela Bröckl, die die einzige Frau in der Gefangenen-Seelsorge im Erzbistum Paderborn ist und Ende letzten Jahres zur Diözesanbeauftragten für die Seelsorge an Justizvollzugsanstalten ernannt wurde. „Ich habe an allen Stationen, an denen ich beschäftigt war, immer gern gearbeitet. Aber Gefangenen-Seelsorge ist nochmal etwas Anderes, etwas Besonderes.“

Zu Beginn sei sie oft gefragt worden, ob zur Gefangenenseelsorge nicht eine besondere Portion Mut gehöre. „Ich habe es selbst als eine Herausforderung gesehen, die damit verknüpft ist, sich auf eine Welt einzulassen, die man noch nicht kennt. Das war möglicherweise der mutige Schritt“, erinnert sich Daniela Bröckl. Aber es sei nicht der Mut, der in Verbindung mit „mutig ins Gefängnis zu gehen und mit schweren Jungs umzugehen“, steht. In der Praxis habe sie bisher nur gute Erfahrungen gemacht. „Mutig ist es allenfalls noch, die Lebensgeschichten der inhaftierten Menschen zu tragen.“

Gefangenen-Seelsorge sei Seelsorge an Menschen am Rande der Gesellschaft, obwohl es eigentlich die Mitte sei, ist Daniela Bröckl wichtig. Jesus hat in seinen Gleichnissen gerade die „Menschen am Rande“ in den Mittelpunkt gestellt, wenn Schuld sich in Versöhnung wandelt, wenn Ressourcen erkannt wurden, wenn Menschen zum Wesentlichen gelangen. „Ich bin hier sehr nah an den Menschen dran, in dieser Intensität habe ich es anderswo bisher noch nicht erlebt.“

 

Vita

Daniela Bröckl (56) stammt aus Augsburg, ist verheiratet und hat zwei erwachsene Töchter. Bevor sie 1994 ins Erzbistum Paderborn kam und  freiberuflich u.a. für die Bildungsstätten St. Bonifatius Elkeringhausen und Liborianum in Paderborn tätig war, arbeitete die Diplom-Theologin als Pastoralreferentin in der Gemeinde ihrer Heimat. 2003 wechselte sie zur Schulpastoral der Abteilung Schule und Erziehung im Erzbischöflichen Generalvikariat tätig. JVA-Seelsorgerin wurde Daniela Bröckl 2010 im Einsatzort Bielefeld-Senne. Im November 2018 ist sie zur Diözesanbeauftragten für die Gefängnisseelsorge ernannt worden.

Für 13 Justizvollzugsanstalten des Landes NW, dem Justizvollzugskrankenhaus, der Unterbringunseinrichtung für Ausreisepflichtige und zwei Jugendarrestanstalten ist das Erzbistum Paderborn für die katholische Seelsorge mit 15 Seelsorgerinnen und Seelsorgern.

Die Grenzen selbst erkennen

Seit nunmehr neun Jahren kann Daniela Bröckl ihre persönlichen Erfahrungen in der Gefangenen-Seelsorge machen: „Da gibt es Erfahrungen, die man gut einschätzen kann und man nicht nah an sich herankommen lässt. Aber es gibt auch Situationen, die einen persönlich beeindrucken. Es ist menschlich, dass man sich bei der Arbeit mit Menschen nicht immer distanzieren kann“, weiß die Seelsorgerin, die aber auch ihre eigene Formel für Wohlbefinden kennt und dafür sorgt: „Geht es mir persönlich gut, kann ich mit schwierigen Situationen auch besser umgehen.“

In der täglichen Arbeit müsse man die Grenzen seiner Aufgabe kennen. Denn man müsse sich auch mit Psychologie und Sozialarbeit beschäftigen. „Aber man muss wissen, wo die eigene Zuständigkeit endet und dann Rat und Unterstützung einholen“, so Bröckl, die diese sowohl bei den katholischen Kollegen und im Erzbischöflichen Generalvikariat erhält, aber auch in der ökumenischen Zusammenarbeit mit den Kollegen der evangelischen Kirche: „Das ist bereichernd und ein hohes Gut.“

Bei den Insassen haben die Seelsorgerinnen und Seelsorger im Allgemeinen einen guten Ruf. „Wir erleben sogar hohe Dankbarkeit, weil wir uns auf jeden Einzelnen einlassen, jedem zuhören und auch Rücksprachen mit Behörden oder Familien machen“, sagt Daniela Bröckl, die keine Unterschiede zwischen weiblichen und männlichen Gefangenen macht. Es sei anders, aber erreichen könne man beide Geschlechter.

Auch die Zusammenarbeit mit der staatlichen Institution, die für die Gefängnisse zuständig ist, sei für die Haftanstalten in Bielefeld von hoher Wertschätzung geprägt. Hier habe man erkannt, dass die Seelsorge mit ihrer Arbeit im Gefängnisalltag entlaste und zusätzlich andere Schwerpunkte einbringe.

Als Wunsch bleibt ihr: „Gefängnisseelsorge sollte noch mehr in den Fokus rücken, da man Seelsorge ganz nah am Menschen erleben kann. Ich denke, dass wir da im Erzbistum aber auf einem guten Weg sind. In der Zusammenarbeit mit den Pastoralen Räumen könnten noch mehr Beziehungspunkte geschaffen werden.“

Ehrfürchtig

Seelsorge nach einem Text von Almut Haneberg:

aufmerksam zuhören
ansehen statt abwerten

lebensgeschichte achten
eigenarten wahrnehmen

bedürfnissen raum geben
sehnsucht kennen

macht nicht missbrauchen
grenzen einhalten

schwierigkeiten benennen
konflikte austragen

guten willen würdigen
entwicklung bemerken

über veränderungen staunen
leben geschehen lassen

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