Wer war dieser heilige Liborius eigentlich?
Über das Leben des Heiligen ist recht wenig bekannt. Liborius lebte als Mitglied eines vornehmen gallischen Geschlechts im 4. Jahrhundert. Er wuchs auf geprägt vom Einfluss des römischen Reiches. Im Jahr 348 wurde er zweiter Bischof des Bistums Le Mans. Er war damit Nachfolger des heiligen Julian, der heute Bistumspatron von Le Mans ist und dem zu Ehren jedes Jahr dort im Januar das Juliansfest gefeiert wird – quasi als französisches Pendant zum Libori-Fest. Fast ein halbes Jahrhundert soll Liborius laut Überlieferung als Bischof von Le Mans segensreich gewirkt haben. Er war mit dem heiligen Martin von Tours befreundet, der ihm am Sterbebett zur Seite stand, als Liborius am Ende des 4. Jahrhunderts starb: Sein Todestag war der Überlieferung zufolge der 23. Juli 397.
Überlieferungen berichten davon, dass Liborius für die Kirche von Le Mans Großes geleistet hat und dass das Volk seinen Bischof deshalb über seinen Tod hinaus liebte und verehrte. Auch von Wunderzeichen am Liboriusgrab wird berichtet.
„Der Gott Geopferte“
Übersetzt man den Namen „Liborius“ aus dem Griechischen oder Lateinischen, bedeutet er so viel wie „der Gott Geopferte“. Alle, die den Namen Liborius tragen, haben am 23. Juli Namenstag. An dem Tag – dem überlieferten Todestag des Heiligen – feiert das ganze Erzbistum Paderborn das Hochfest des heiligen Liborius. Wie kam es dazu, dass ein französischer Bischof eine so zentrale Bedeutung für Paderborn erlangen konnte – so zentral, dass er seit dem 11. Jahrhundert Patron des Bistums und Schutzheiliger des Domes ist und heute auch die Stadt Paderborn unter seinem Schutz steht?
Liborius als Brückenbauer zwischen Völkern
Im 9. Jahrhundert war das damalige Bistum Paderborn erst wenige Jahrzehnte alt. Der Paderborner Bischof Badurad wollte das Band zwischen seinem noch jungen Bistum und den schon im Glauben bewährten Kirchen des Frankenreichs stärken und die Heiligenverehrung fördern. Mit einem Empfehlungsschreiben von Kaiser Ludwig dem Frommen zogen Paderborner Gesandte im Jahr 836 nach Le Mans und erbaten dort die Gebeine eines Heiligen. Bischof und Gläubige schenkten der Abordnung aus Paderborn die Gebeine des heiligen Liborius. Dies war der Beginn des bis heute andauernden „Liebesbundes ewiger Bruderschaft“. Der heilige Liborius wurde so im besten Sinn zum Brückenbauer zwischen zwei Völkern.
Pfau und Steinchen als Attribute
Zu Pfingsten 836 erreichte die Prozession mit den Gebeinen des Heiligen schließlich Paderborn. Laut einer Legende aus dem 18. Jahrhundert soll ein Pfau der Prozession die ganze Zeit vorangeflogen sein – deshalb wird der heilige Liborius oft mit einem Pfau als Attribut dargestellt. Auch im Hohen Dom zu Paderborn finden sich zahlreiche Pfauen-Motive. Ein weiteres Attribut des Heiligen ist ein aufgeschlagenes Buch mit darauf liegenden Steinchen. Dies kennzeichnet Liborius als Helfer gegen Steinleiden aller Art.
Geraubt – und glücklich zurückgekehrt
Im Dreißigjährigen Krieg wurden der Paderborner Domschatz und der Schrein mit den Reliquien des heiligen Liborius von Landsknechten des lutherischen Herzogs Christian von Braunschweig geraubt. Dies kam für Stadt und Bistum einer Katastrophe gleich. Es gelang, die Reliquien nach fünf Jahren zurückzuerlangen – der Gedenktag an die „Rückkehr“ des Heiligen nach Paderborn wird jährlich am 25. Oktober als „Klein-Libori“ begangen.
Gegen Ende des Dreißigjährigen Krieges erlangte der Liebesbund sogar kirchenpolitische Bedeutung: Im Zuge der Friedensverhandlungen zur Beendigung des Dreißigjährigen Krieges bestand die Gefahr, dass das Bistum Paderborn aufgelöst und Hessen zugeschlagen werden könnte. Das Paderborner Domkapitel bat daraufhin das Domkapitel von Le Mans, sich beim französischen König Ludwig XIV. für den Erhalt des Bistums einzusetzen. Tatsächlich stellte der König 1647 eine Protektionsurkunde aus, die den Bestand des Bistums sicherte.
Auch heute besteht die Freundschaft zwischen Paderborn und Le Mans: Regelmäßig besuchen christliche Jugendgruppen aus Paderborn ihre Freunde in Le Mans und erhalten natürlich auch Gegenbesuch. Seit mehr als einem halben Jahrhundert pflegt die „Deutsch-französische St.-Liborius-Fraternität“ den fast 1200-jährigen „Liebesbund ewiger Bruderschaft“ zwischen den beiden Bistümern. Jedes Jahr fährt eine große Delegation aus dem Erzbistum Paderborn zum Juliansfest Ende Januar nach Le Mans, dem Patronatsfest des französischen Partnerbistums – ebenso wie im Sommer dann Gäste aus Frankreich das Liborifest mitfeiern.