Vom Pilgern ist heute viel die Rede. Während die eine da gedanklich mit der Muschel am Rucksack durch Nordspanien zieht, erinnert sich der Nächste an die jährliche Motorradtour zum Marien-Gnadenbild in Werl oder die Busreise nach Rom. Wieder einer geht am Sonntagnachmittag für zwei Stündchen auf dem benachbarten Wanderweg auf Pilgerschaft. Ganz schön vielfältig, was hinter dem so klar daherkommenden Begriff steckt. Was aber meint das eigentlich genau: pilgern?
Praxis mit langer Tradition
Alle großen Weltreligionen blicken auf eine lange Pilger-Tradition zurück. Als spirituelle Praxis hat es im Christentum einen besonderen Stellenwert. Bereits in der Bibel finden sich viele Textpassagen, die das Unterwegssein zum Thema haben. So bricht Abraham in das verheißene Land Kanaan auf und erlebt im Rahmen der Wanderschaft seine tiefe Verbindung zu Gott. Immer wieder ist im Alten Testament von Wallfahrten die Rede, in den fünf Büchern Mose oder den sogenannten Wallfahrtspsalmen (Ps 120-134). Auch Jesus bricht als jüdischer Pilger zum Pessachfest nach Jerusalem auf.
Mit der Ausbreitung des Christentums entwickelte sich die Tradition, aus Gründen des Glaubens in die Ferne zu ziehen – um auf diesem Weg etwa um Heilung zu bitten, Buße zu tun, ein Gelübde zu erfüllen, Dank zu sagen oder sich geistig zu vertiefen. Pilgerstätten im Heiligen Land, allen voran Jesu Grab in Jerusalem, sowie Rom mit der vermutlichen Grabstätte von Petrus und Paulus waren früh begehrte Ziele. Ab dem 9. Jahrhundert pilgerten immer mehr Christen auch nach Santiago de Compostela, wo der Apostel Jakobus begraben sein soll. Ein ausgezeichnetes Herbergen-Netz macht den Jakobsweg bis heute zu einem der führenden Pilgerwege Europas.