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Erzbistum Paderborn
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Santiago de Compostela, das Ende des Jakobswegs© Formatoriginal / Shutterstock.com

Jakobswege in Westfalen: Unterwegssein im Zeichen der Muschel

Wo beginnt der Jakobsweg? Vor der eigenen Haustür! Denn auch vom Erzbistum Paderborn aus führen historische Wege bis nach Santiago de Compostela

Auf den Wegen der Jakobspilgerinnen und -pilger in Westfalen

„Der Jakobsweg beginnt vor deiner eigenen Haustür“ – diese alte Pilgerweisheit gewinnt in unseren Tagen neue Bedeutung, wo nachhaltiges Reisen und Urlaub in der eigenen Heimat hoch im Kurs stehen. Wenn man heute vom Erzbistum Paderborn aus in Richtung Santiago de Compostela aufbrechen will, stößt man schnell auf die Wege der Jakobspilger in Westfalen, die durch die Altertumskommission für Westfalen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) wiederentdeckt und zugänglich gemacht wurden.

Im Rahmen des Projekts wurden alte Fernwege in der Region erforscht, die Reisende und Pilgerinnen und Pilger im Mittelalter nachweislich genutzt haben, und sieben moderne Jakobswege von insgesamt über 1000 Kilometern authentisch ausgewiesen. Sie laden Sinnsuchende, Pilgerfreunde und -freundinnen  aus der Region ein, sich vor der eigenen Haustür auf den Weg zu machen.

Einst eine beschwerliche Reise

Wer sich im Mittelalter oder noch vor wenigen Jahrhunderten für eine Pilgerreise ins spanische Santiago de Compostela entschied, hatte schlicht nicht die Möglichkeit, kurzerhand per Flugzeug oder Fernbus nach Südfrankreich zu reisen, um von dort aus ein paar Wochen auf dem sogenannten Camino Francés zum mutmaßlichen Grab des Apostels Jakobus zu pilgern und sich anschließend wieder wohlbehalten in die Heimat befördern zu lassen.

Aufgebrochen ist man mit Sack und Pack zu Hause und auch der Rückweg wurde größtenteils zu Fuß bezwungen. Ein mitunter beschwerliches Unterfangen. Wer etwa von Paderborn aus aufbrach, vor dem lagen rund 2600 Kilometer. Einfache Strecke. Begangen wurden in der Regel viel genutzte Wege, auf denen damals auch Händler und andere Reisende unterwegs waren.

© Armando Oliveira / Shutterstock.com
© Armando Oliveira / Shutterstock.com

Von Obermarsberg bis ans Ende der Welt

Für solche historischen Straßen wie den Frankfurter Weg, der aus Hessen kommend über Paderborn nach Bremen verlief, interessiert sich auch der Hobby-Forscher Karl-Rudolf Böttcher. Vor 17 Jahren machte er sich erstmals zu Fuß auf den Weg nach Santiago de Compostela, von seinem Wohnort Obermarsberg aus – heute ist er Vorstandsmitglied im Freundeskreis der Jakobuspilger Paderborn. „Wer sich mit alten Straßen befasst, der stößt auf jeden Fall auch auf den Jakobsweg. Mir war schnell klar: Den muss ich gehen“, erinnert sich der 70-Jährige.

2006 startete er also vor der eigenen Haustür im Hochsauerlandkreis, folgte dem mutmaßlichen mittelalterlichen Wegverlauf etappenweise über knapp 2700 Kilometer durch Westfalen, das Rheinland, Rheinland-Pfalz, Luxemburg und Frankreich bis nach Spanien, zunächst für je 10 bis 20 Tage; 2009 entschied er sich dann, die noch verbleibenden 1150 Kilometer von Saint-Astier in Südfrankreich am Stück zu gehen: 49 Tage lang auf dem Camino nach Santiago und schließlich nach Finisterre. Ein unvergessenes Erlebnis mit vielen intensiven Begegnungen, besonderen landschaftlichen Eindrücken, Momenten der Selbsterfahrung und kleinen Wundern unterwegs.

Infos für Pilgerinnen und Pilger

Wer sich auf einen der westfälischen Jakobswege begeben möchte, kann sich vorab bei der Deutschen Jakobusgesellschaft einen internationalen oder bei den Jakobusfreunden Münster einen regionalen Pilgerpass besorgen. Eine aktuelle Liste aller Stempelstellen gibt’s auf der offiziellen Website des LWL. Dort finden sich auch Hinweise zu Pilgerunterkünften. Wer nachweislich mindestens 100 Kilometer zu Fuß oder 200 km mit dem Fahrrad auf den westfälischen Jakobswegen unterwegs war, kann bei der Altertumskommission für Westfalen eine Pilgerurkunde erhalten.

Ausführliche Pilgerführer mit Kartenmaterial (1:25.000) sind im Buchhandel erhältlich. Weitere Informationen zu den Führern, zur Wegführung, Infrastruktur, wichtigen Kontakten, Natur und kulturhistorischen Sehenswürdigkeiten am Wegesrand unter:

UNESCO-Weltkulturerbe

Bereits im Mittelalter war der Jakobsweg einer der meistbereisten Pilgerwege im christlichen Westen. An Popularität hat er wenig eingebüßt. Heute gehört er zum UNESCO-Weltkulturerbe, allein im Jahr 2022 waren über 438.000 Pilger aus der ganzen Welt nachweislich mindestens 100 Kilometer auf dem Jakobsweg nach Santiago unterwegs. Ungezählt die vielen stillen Pilger auf den weniger begangenen Wegen in ganz Europa.

Auch die Jakobusfreunde in Paderborn erleben das große Interesse am Jakobspilgern. Karl-Rudolf Böttcher organisiert seit seiner eigenen großen Reise regelmäßig Pilgerangebote für Gruppen auf den Jakobswegen im Erzbistum – auch in Spanien bietet der Freundeskreis des Jakobuspilger jeden Herbst Pilgerwanderungen an. Ausgangspunkt ist die vom Verein betriebene Casa Paderborn.

Die Wege der Jakobspilgerinnen und -pilger in Westfalen im Überblick

1) Via Westfalica (205 km): Von Osnabrück über den Teutoburger Wald und Münster ins Ruhrgebiet bis Wuppertal-Beyenburg. Eine der wichtigsten Nord-Süd-Verbindungen des Jakobsweg in Deutschland.

2) Hellweg (217 km): Von Höxter über Paderborn, Soest und Dortmund nach Bochum. Unterwegs auf einer historischen Handelsstraße.

3) Ostwestfalen-Route (145 km): Von Minden über Bielefeld nach Soest. Anschluss an die Via Scandinavica, einen norddeutschen Jakobsweg.

4) Münsterland-Route (196 km): Von Bielefeld über Münster und Coesfeld bis Wesel. Auf den Wegen alter Postkutschen.

5) Siegerland-Route (53,5 km in Westf.): Von Marburg über Siegen bis Köln. Entlang typischer Siegerländer Fachwerkkirchen.

6) Heidenstraße (79 km): Von Korbach nach Marienheide. Durchquerung reizvoller Sauerländer Landschaften.

7) Heerweg (134 km): Von Paderborn nach Elspe. Auf den Spuren alter Heere und fahrender Kaufleute.

Unterwegs auf dem westfälischen Jakobsweg

Im europäischen Wegenetz stellen die Wege der Jakobspilger in Westfalen ein wichtiges Bindeglied dar. Sie bieten neben abwechslungsreichen und reizvollen Landschaften jede Menge kulturhistorische Entdeckungen und sakrale Sehenswürdigkeiten am Wegesrand. Die Infrastruktur ist nicht mit der in Spanien vergleichbar, aber immer mehr Stempelstellen, etwa in Kirchen oder Pfarrhäusern, Pilgersteine oder bronzene Tafeln am Wegrand machen auf den Camino aufmerksam. Nicht zuletzt das unverkennbare Wegzeichen: die gelbe Muschel auf blauem Grund.

Übernachten kann man vor allem in Pensionen, Hotels und Ferienwohnungen am Wegrand, aber auch in Privatunterkünften – besonders geeignete zeichnen die Jakobusfreunde, der Sauerländer Heimatbund und (auf dem Sauerland-Camino) der Tourismusverband mit dem Sigel „pilgerfreundlich“ aus.

 

Reges Interesse an heimischen Jakobswegen

„Umso näher du Santiago kommst, desto voller wird der Weg“, weiß Karl-Rudolf Böttcher aus Erfahrung. Die westfälischen Jakobswege zeichnet also noch eine wundersame Ruhe aus. Einzelpilgerinnen, Familien, Ehepaare oder Freunde sind hier unterwegs: „Das Wegenetz wird gut angenommen. Seit Herbst 2020 verleihen wir auch Pilgerurkunden, 2022 wurden immerhin rund 30 Urkunden ausgestellt“, freut sich Ulrike Steinkrüger, wissenschaftliche Referentin und Ansprechpartnerin für das Projekt beim LWL, über das wachsende Interesse. Karl-Rudolf Böttcher wundert das nicht: „Selbst wer mit Religion und Spiritualität nicht viel am Hut hat, merkt schnell: Der Jakobsweg hat etwas, dem kann man sich einfach nicht entziehen.“ Auch nicht auf den Wegen der Jakobspilger in Westfalen.

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