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Erzbistum Paderborn
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© Peter Semmler / Bonifatiuswerk

An der Seite der Menschen

Mit einer Suppenküche versorgen die Malteser in der westlettischen Diaspora viele Menschen und helfen ukrainischen Geflüchteten

Mitten in der Nacht knippst Svetlana Malberga in einem Kellerraum der Peter- und Paul-Kirche im westlettischen Saldus das Licht an. Oft ist es noch 3.00 Uhr in der Nacht. Dann stellt die 54-Jährige einen großen Topf auf den alten Herd in der kleinen Küche, beginnt Kartoffeln, Möhren oder anderes Gemüse zu schälen und aus dem Ganzen eine Suppe zu kochen. „Heute gibt es Rosolnik“, sagt die Köchin mit 36-jähriger Berufserfahrung. Eine Salzgurkensuppe, wie sie im Osten Europas oft auf den Tisch kommt. Manchmal koche sie Suppe mit Nudeln, immer wieder auch mit Reis, erklärt sie. „Jedenfalls gibt es jedes Mal etwas anderes zu essen“, sagt sie und rührt den Löffel in dem 50-Liter-Topf.

Suppe zum Mitnehmen

Der große Pott sei nötig, erklärt Daiga Ročkus, die regelmäßig die Zutaten besorgt. Ročkus ist von Beruf Anwältin und zugleich Präsidentin der Malteser in Lettland. Die katholische Hilfsorganisation ist Trägerin jener Suppenküche, die ab 8.00 Uhr morgens im westlettischen Saldus ihre Türen öffnet und rund 90 Menschen mit einer Mahlzeit versorgt. „Die Suppenküche ist wichtig, besonders für die bedürftigen Menschen im Ort“, sagt sie. In Lettland gebe es auf dem Land wenig Arbeit und viele notleidende Menschen – Saldus mit seinen 10.000 Einwohnern zählt dazu. „Die Menschen können herkommen und sich eine warme Mahlzeit abholen.“

Denn Tische und Sitzgelegenheiten sucht man in den engen Räumen der Malteser Suppenküche im Keller der Peter- und Paul-Kirche vergebens. Die Menschen kommen mit Gläsern oder anderen Lebensmittelbehältern und lassen sich die warme Suppe darin einfüllen. Jurgis Malbergs, der Mann von Köchin Svetlana, schwingt dann die Kelle und verteilt die nahrhafte Brühe an die ankommenden Menschen. Die Suppenküche arbeitet mit dem örtlichen Sozialamt zusammen und so hat der 63-jährige Vorruheständler Malbergs eine Liste mit sozial schwachen Menschen vor sich, die regelmäßig in die Suppenküche kommen.

Nah am Menschen, modern und kompetent

Die Gemeinschaft der Malteser geht zurück auf ein vom seligen Gerhard gegründetes Hospiz in Jerusalem. Dessen Bruderschaft schlossen sich 1099 die ersten Ritter aus dem Abendland an. 1113 wurde der Orden vom Papst bestätigt. Durch die Jahrhunderte verlagerte sich der Hauptsitz über Rhodos nach Malta – daher der Name „Malteser“ – und schließlich nach Rom. Ab 1310 wurde ein Hospital- und Sanitätswesen aufgebaut, das die weltweite Bekanntheit des Malteserordens begründete.

Der Malteserorden ist als katholischer Ritterorden vom Vatikan anerkannt. Als souveränes Völkerrechtssubjekt unterhält er diplomatische Beziehungen zu über 100 Staaten und ist als offizieller Beobachter bei den Vereinten Nationen akkreditiert. Sein Leitsatz lautet: „Bezeugung des Glaubens und Hilfe den Bedürftigen“.

In Abstimmung mit dem Sozialamt

Eine von ihnen ist Aina Vieško. Die 78-jährige wohnt wenige Gehminuten von der Kirche entfernt in einer Einzimmerwohnung im fünften Stück eines Plattenbaus. Zu Sowjetzeiten habe sie in einer Landwirtschaftskolchose gearbeitet, im Zuge der Unabhängigkeit Lettlands 1991 sei diese zusammengebrochen, erzählt sie. 345€ Rente erhält sie nun, weniger als der Durchschnitt. „Das ist zu wenig, also komme ich in die Suppenküche.“ Lettland, das von 1944 bis 1991 von Moskau okkupiert und damit unfreiwillig Teil der Sowjetunion war, befindet sich auch 32 Jahre nach der Unabhängigkeit noch in der Transformation in die Marktwirtschaft. Das soziale Sicherungssystem ist noch lange nicht auf dem Stand wie in Deutschland.

Laut Statistiken der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) beträgt die Rente in Lettland rund 54,3 Prozent des Durchschnittseinkommens und ist auf dem Papier prozentual sogar geringfügig höher als in Deutschland. Aber: Bei einem mittleren Einkommen von 773 Euro müssen lettische Rentner mit durchschnittlich 419 Euro im Monat auskommen – in Deutschland betragen Einkommen und Altersbezüge laut OECD mehr als drei Mal so viel. Die Preise für Benzin und Lebensmittel etwa sind in Lettland und Deutschland allerdings fast gleich hoch.

„Insbesondere ältere Menschen brauchen unsere Unterstützung“, sagt Inese Motte. Die studierte Theologin und macht nun einen weiteren Abschluss in Sozialarbeit. Vor zwei Jahren hat sie die nationale Vereinigung der Malteser in Lettland gegründet und ist nun die Generalsekretärin der Hilfsorganisation in Lettland. „Wir sind zwar ein EU-Land“, sagt die 53-Jährige, „das ist aber wie ein großer Titel. Die Realität sieht anders aus.“ Sie erzählt von der Armut insbesondere im ländlichen Raum des 1,9 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner zählenden Landes, das etwa die Fläche von Bayern hat. Gerade die Inflation habe viele Menschen abgehängt. Lettland gehört zu den traurigen Spitzenreitern in Europa: 17,2 Prozent betrug die Teuerungsrate 2022.

© Markus Nowak
Hier packt Malteser Lettland Generalsekretärin Inese Motte im Büro in Riga Lebensmittelpakete für ukrainische Geflüchtete. Neben den Bedürftigen aus Lettland selbst sind auch die Ukrainerinnen und Ukrainer, die vor dem russischen Angriffskrieg geflohen sind, von Armut und Hunger betroffen.

Lebensmittelpakete auch für ukrainische Flüchtlinge

Unter dieser leiden besonders die Geflüchteten aus der Ukraine, die seit Februar 2022 auch in Lettland zu Tausenden ein vorübergehendes Obdach gefunden haben. In der Hauptstadt Riga, wo es viele Jobs im IT- und Bankensektor gibt, ist die Lebensqualität mit westeuropäischen Städten vergleichbar. Aber auch das Preisniveau ist um ein Vielfaches höher. Gerade hier leben die meisten Geflüchteten aus der Ukraine. Die Malteser verfügen in ihren Rigaer Räumen über einen Anlaufpunkt, wo Lebensmittelpakete zusammengestellt werden und auch Sprachkurse sowie psychologische Beratung für die Kriegstraumatisierten stattfinden.

Die Malteser als katholische Hilfsorganisation stellen sich mitten in der lettischen Diaspora an die Seite der Menschen. Im Bistum Liepeja, zu dem Saldus mit der Malteser Suppenküche gehört, ist weniger als jede zehnte Person katholisch. Daher ist die katholische Suppenküche auf Unterstützung auch von deutschen Katholiken angewiesen, sagt Malteser-Generalsekretärin Motte. „Wir sind noch eine kleine Organisation und befinden uns im Aufbau. Daher könnten wir ohne diese Unterstützung den bedürftigen Menschen hier nicht helfen.“

Das Bonifatiuswerk - Hilfswerk für den Glauben

Das Bonifatiuswerk der deutschen Katholiken ist das Hilfswerk für den Glauben. Es unterstützt katholische Christinnen und Christen dort, wo sie in einer extremen Minderheitensituation, in der Diaspora, ihren Glauben leben.

Mit seiner Bau-, Verkehrs-, Kinder- und Glaubenshilfe fördert es Projekte in Deutschland, Nordeuropa und dem Baltikum.

Solidarität und Nächstenliebe

Das Bonifatiuswerk der deutschen Katholikinnen und Katholiken steht als Hilfswerk des Glaubens und der Solidarität an der Seite dieser Organisation. „Es ist uns ein wichtiges Anliegen, im Rahmen unserer Möglichkeiten dort zu helfen, wo Menschen in Not sind. Solidarität und Nächstenliebe nehmen hier ganz konkrete Ausdrucksformen an und werden auf beeindruckende Weise gelebt. Dank unserer Spenderinnen und Spender ist es möglich, die Bedürftigkeit in Lettland ein Stück weit zu lindern. Und dafür sind wir sehr dankbar“, erklärt der Generalsekretär des Bonifatiuswerkes, Monsignore Georg Austen.

Zu der Unterstützung des Hilfswerkes gehört auch ein gebrauchter BONI-Bus. Im Herbst 2022 haben ihn die lettischen Malteser in Paderborn abgeholt, da hatte er schon einer deutschen Diaspora-Gemeinde treue Dienste geleistet. Mit dem rapsgelben Neunsitzer kauft Daiga Ročkus nun Lebensmittel oder holt auch mal Brotspenden eines Salduser Bäckereibetriebes ab. Und vor allem dient er den Menschen, die nicht selbst in die Suppenküche kommen können und daher mit Mahlzeiten versorgt werden müssen.

Zu ihnen gehört Renata Druvinia. Sie wohnt in einem der Außenbezirke Saldus‘ in einem alten und kleinen Holzhaus, das wie viele andere solcher Art die ländliche Landschaft in Lettland prägt. Geheizt und gekocht wird mit Holz, in ihrer Küche steht zugleich die Dusche. „Ich selbst kann kaum noch kochen“, sagt die 87-Jährige und freut sich, wenn ihr von den Maltesern warme Suppe und andere Lebensmittel gebracht werden. „Ich könnte ohne diese Hilfe nicht leben.“

 

Markus Nowak

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