Unabhängigkeit der Kommission erfüllt
Die Besetzung der unabhängigen diözesanen Aufarbeitungskommission wird in der sogenannten „Gemeinsamen Erklärung“ geregelt, die 2020 zwischen den deutschen Bischöfen und dem damaligen unabhängigen Beauftragten des Bundes für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Johannes-Wilhelm Rörig, vereinbart wurde. Die Aufarbeitungskommission für das Erzbistum Paderborn setzt sich vorerst wie folgt zusammen: Johannes Keders (Präsident des Oberlandesgerichts a.D., Hamm), Dr. Eva Brockmann (Bereichsleitung Soziale Dienste, Leitung der Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche, Paderborn), Professorin Dr. Ute Ritterfeld (Technische Universität Dortmund, Psychologin); Birgit Cirullies (Leitende Oberstaatsanwältin a.D., Dortmund); sowie aus dem Kreis der Betroffenen Reinhold Harnisch (Ehemaliger Geschäftsführer KRZ – Kommunales Rechenzentrum Minden-Ravensberg/Lippe) und Heinrich Sprenger (Lehrer an der Realschule St. Ursula, Dorsten). In der Kommission sind keine Personen, die in einem Beschäftigungsverhältnis zum Erzbistum Paderborn stehen. Frau Dr. Brockmann ist Beschäftigte des Ortscaritasverbandes Paderborn e.V. Damit erfüllt die Kommission oftmals erhobene Forderungen: Zum einen wird der Staat durch das Land NRW an der Aufarbeitung beteiligt, zum anderen geschieht die Arbeit der Kommission unabhängig. Ein Platz in der Kommission wird noch durch das Land NRW nachbesetzt.
Persönliches Anliegen von Erzbischof Becker
„Auch wenn meine Dienstzeit mit dem Eintritt in mein 75. Lebensjahr dem Ende zugeht, ist es mir heute ein Anliegen, Sie für die Mitarbeit in der Aufarbeitungskommission zu berufen und somit offiziell die unabhängige diözesane Aufarbeitungskommission einzurichten“, so Erzbischof Hans-Josef Becker, der vor wenigen Tagen Papst Franziskus altersbedingt um die Entpflichtung von seinen Aufgaben als Erzbischof von Paderborn gebeten hatte. Becker betonte, wie dankbar er sei, dass die Kommission auch die Aufarbeitung seiner Amtszeit seit 2003 durch ihre Fachlichkeit in den Blick nehmen werde: „Ich habe es immer für unangebracht gehalten, diese Zeit selber in Auftrag zu geben. Daher ist es gut, dass heute diese Aufarbeitungskommission eingerichtet wird.“ Zugleich versicherte der Erzbischof, dass er sich auch nach seinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst nicht der Verantwortung entziehen werde und die Arbeit der Kommission unterstützen wolle.
„Ich erhoffe mir, dass Sie mit Ihrem Einsatz dazu beitragen, die Umstände von Missbrauch in der Vergangenheit und in der Gegenwart in den Blick zu nehmen, begünstigende Strukturen zu identifizieren und das Leid der Betroffenen in den Fokus zu stellen. Ihre Arbeit soll dazu beitragen, dass in der Kirche von Paderborn ein besseres Verständnis für die Dimensionen sexuellen Missbrauchs entsteht“, richtete sich Erzbischof Becker an die Mitglieder der Aufarbeitungskommission. Aufgrund ihrer Unabhängigkeit könne diese die Strukturen und Erkenntnisse in Verantwortung ihres Auftrags klar und deutlich gegenüber dem Erzbistum Paderborn benennen und als Erkenntnisse zur Verfügung stellen.
Dank an die Vertreter aus dem Kreis der Betroffenen
„Mein Dank gilt besonders auch den Vertretern aus dem Kreis der Betroffenen, dass sie sich trotz ihrer persönlichen Erfahrungen einbringen“, sagte Erzbischof Becker deutlich bewegt.
Erzbischof Hans-Josef Becker setzt sich für die Aufarbeitung ein und hatte auch die sogenannte MHG-Studie aktiv unterstützt – das interdisziplinäre Forschungsprojekt zum Thema Sexueller Missbrauch in der römisch-katholischen Kirche in Deutschland. Das Erzbistum Paderborn war eines der wenigen Bistümer, die für diese Studie die Personalakten aller Geistlichen geprüft haben, die zwischen 1946 und 2015 im Verantwortungsbereich des Erzbistums Paderborn entweder eine Funktion ausübten oder sich im Ruhestand befanden. Die Erkenntnisse wurden der Staatsanwaltschaft mitgeteilt, die anschließend uneingeschränkten Zugang zu den Akten erhalten hat.
Forschungsprojekt 2019 in Auftrag gegeben
Im Jahr 2019 erteilte Erzbischof Becker den Auftrag für ein unabhängiges Forschungsprojekt, das von einem Team der Universität Paderborn übernommen wurde mit dem Ziel einer kirchenhistorischen Einordnung unter dem Titel: „Missbrauch im Erzbistum Paderborn – Eine kirchenhistorische Einordnung. Die Amtszeiten von Lorenz Jaeger und Johannes Joachim Degenhardt (1941-2002)“.
Im gleichen Jahr wurde im Erzbischöflichen Generalvikariat die Interventionsstelle eingerichtet und konsequent ausgebaut. Bereits 2011 wurde der Bereich Prävention eingerichtet, über den mittlerweile über 65.000 hauptberuflich oder ehrenamtlich Mitarbeitende im Thema Prävention geschult wurden. Unter dem Leitgedanken „Augen auf. Hinsehen und schützen.“ wurden ebenso Präventionskonzepte für die Pastoralen Räume entwickelt und etabliert. Im Februar 2022 hat sich auch die Betroffenenvertretung im Erzbistum Paderborn konstituiert und erste Schritte ihrer wichtigen Arbeit aufgenommen.
Das Erzbistum Paderborn und die Aufarbeitungskommission ruft weiterhin dazu auf, dass sich alle Betroffenen melden und nach Möglichkeit sich bei der laufenden Studie zu beteiligen. Weitere Informationen stehen auf der Homepage des Erzbistums Paderborn Beratung und Hilfe