Für die damalige Kirchengemeinde war dies eine Katastrophe. Auf lange Sicht erwies es sich jedoch als Glücksfall, dass die abgerissenen Gebäudeteile im Stil der Nachkriegszeit ersetzt wurden. Auf diese Weise wurde St. Augustinus Keppel zu einer Kirche der Überraschungen. Die Außenansicht und der Eingangsbereich lassen ein traditionelles neugotisches Inneres erwarten. Wer die Kirche aber durch das Hauptportal betritt, sieht sich urplötzlich einer von bunten Glasfenstern erhellten Stahlbetonarchitektur gegenüber. Das Spannungsverhältnis zieht nicht nur Menschen mit einem Faible für Baukunst in seinen Bann. Seit dem Jahr 2007, als der Altar im Zuge einer Renovierung als Volksaltar in die Kirchenmitte rückte, ist Sankt Augustinus Keppel bei Brautpaaren recht beliebt.
Konfessionsübergreifende Aktivitäten
„Für den guten Besuch der Kirche sorgt zuletzt die Ökumene“, erklärt Isenberg. Bei den konfessionsübergreifenden Aktivitäten knüpft die Kirchengemeinde von St. Augustinus Keppel an eine lange Tradition an. Das benachbarte Stift Keppel, das der Kirche einen Namensteil gegeben hat, war vom Jahr 1654 an ein freiweltliches Damenstift im sogenannten Simultaneum beider Konfessionen. Sechs Jahre zuvor hatten Katholiken und Protestanten im Dreißigjährigen Krieg noch aufeinander geschossen. Nun lebten Frauen beider Konfessionen nach den Regeln eines freiweltlichen Damenstifts, gleichwohl in „frommer Zurückgezogenheit“, wie es in der Übersetzung einer lateinischen Inschrift über dem Hauseingang heißt. Die Haushaltungen waren zwar getrennt, es gab sogar einen katholischen und einen evangelischen Kuhstall. Aber die Stiftsdamen lebten miteinander unter einem Dach. So friedlich, dass das Simultaneum bis zur Aufhebung des Klosters im Jahr 1812 andauerte. Das zeigt, wie viel möglich ist – im Erdkreis und im Siegerland.