Der 22. September des Jahres 1900 ist ein großer Tag für die Diasporagemeinde St. Augustinus Keppel in Dahlbruch, einem heute der Stadt Hilchenbach zugehörigen Ort im nördlichen Siegerland. Der Paderborner Bischof Dr. Wilhelm Schneider, erst seit wenigen Wochen im Amt, kommt eigens zur Weihe der im neugotischen Stil errichteten Kirche angereist. Es ist nicht irgendeine Dorfkirche. Nein, die Augustinus-Kirche ist das neue bauliche Zentrum einer Missionspfarrei, der neugotische Turm ein katholisches Leuchtfeuer in der sonst protestantischen Region. Bald schon wird das Gotteshaus ob seiner imposanten Erscheinung den Beinamen „Keppeler Dom“ tragen. Nun stößt Bischof Schneider, wie es Brauch ist, mit seinem Hirtenstab gegen das verschlossene Kirchenportal. Als früherer Professor für Moraltheologie ist Schneider wahrlich kein Haudrauf. Vielleicht liegt es an seiner Nervosität und Unerfahrenheit. Womöglich hatte der Krummstab schon vorher einen Knacks. Jedenfalls gerät der Schlag etwas zu wuchtig. Der Stab geht entzwei.
Eine pannenüberschattete Weihe
Die Geschichte von der pannenüberschatteten Weihe ist eine der Lieblingsgeschichten von Dr. Erwin Isenberg. Mit ihr weiß der pensionierte Studiendirektor am Gymnasium Stift Keppel, Mitglied des Kirchenvorstands und Archivar des Pastoralverbunds Nördliches Siegerland, die Besucherinnen und Besucher der Kirche zu fesseln. „Die weitere Baugeschichte von St. Augustinus Keppel stand ebenfalls unter keinem guten Stern“, fährt Isenberg mit seiner Erzählung fort. „Weil die Gründung auf der Hangseite so schlecht war, mussten schon 1959 das Kirchenschiff und der Ostchor wieder abgerissen werden. Übrig blieben nur der Turm und die Westapsiden.“