Warum? Kaum eine Frage hört Schwester Elizabeth Kovacs häufiger. Warum bist du Ordensfrau geworden? Das fragen ihre Kolleginnen und Kollegen. Das fragen ihre Freundinnen und Freunde. Und das fragt sie sich von Zeit zu Zeit auch selbst. Denn warum gibt eine junge Frau ihr bisheriges Leben mit all seinen Chancen und Möglichkeiten auf? Warum entscheidet sie sich gegen eine Hochzeit, ein eigenes Haus und eigene Kinder? Und gelobt stattdessen Armut, Keuschheit und Gehorsam? „Das verstehen viele Menschen in meinem Umfeld nicht. Auch meine Eltern tun sich damit schwer“, sagt sie.
Früher wäre das anders gewesen. Schwester Elizabeth gehört den Schwestern der Christlichen Liebe an. Der Orden engagiert sich vor allem in den Bereichen Bildung und Krankenpflege. Früher wären die Kolleginnen von Schwester Elizabeth alle Ordensschwestern gewesen. Die Frage nach dem Warum hätte sie mit der Gemeinschaft teilen können. Ihre Lebensentscheidung wäre vielleicht nicht einfacher gewesen, aber immerhin in ihrem Umfeld akzeptierter. Heute ist das nicht mehr so. Schwester Elizabeth leitet die Pflegeeinrichtung für ältere Schwestern im Mutterhaus der nordamerikanischen Ordensprovinz in Mendham, New Jersey. Sie sieht jeden Tag, wie sich ihr Orden verändert.
In Nordamerika sind in den letzten zehn Jahren eine Handvoll Frauen in den Orden eingetreten. Die Schwestern freuen sich über jede von ihnen, das merkt man. Aber um die Pflege der älteren Mitschwestern leisten zu können, sind es nicht genug. Schon lange nicht mehr. Denn wie so vielen Orden und Kongregationen fehlt es auch den Schwestern der Christlichen Liebe an Nachwuchs. Das macht etwas mit jungen Ordensfrauen wie Schwester Elizabeth. Einerseits sehen sie jeden Tag, wie ihre Gemeinschaft altert und kleiner wird. Andererseits sind sie in ihren Berufen nun von Kolleginnen umgeben, die das Ordensleben nur schwer nachvollziehen können. „Wir führen tiefgründige Gespräche über das Warum. Warum ich das alles aufgegeben habe“, sagt Schwester Elizabeth. Und: Warum es das trotzdem wert ist.