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Erzbistum Paderborn
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Kathedrale San Isidro Kirche und Umgebung in Buenos Aires, Argentinien bei Sonnenuntergang© Joshua Lehew / Shutterstock.com

„Christus spornt uns an!“

Wie drei Schwestern der Christlichen Liebe aus Argentinien und den USA mit den Herausforderungen des Ordenslebens im 21. Jahrhundert umgehen. Bei einem Besuch im Mutterhaus in Paderborn haben wir mit ihnen gesprochen

Warum? Kaum eine Frage hört Schwester Elizabeth Kovacs häufiger. Warum bist du Ordensfrau geworden? Das fragen ihre Kolleginnen und Kollegen. Das fragen ihre Freundinnen und Freunde. Und das fragt sie sich von Zeit zu Zeit auch selbst. Denn warum gibt eine junge Frau ihr bisheriges Leben mit all seinen Chancen und Möglichkeiten auf? Warum entscheidet sie sich gegen eine Hochzeit, ein eigenes Haus und eigene Kinder? Und gelobt stattdessen Armut, Keuschheit und Gehorsam? „Das verstehen viele Menschen in meinem Umfeld nicht. Auch meine Eltern tun sich damit schwer“, sagt sie.

Früher wäre das anders gewesen. Schwester Elizabeth gehört den Schwestern der Christlichen Liebe an. Der Orden engagiert sich vor allem in den Bereichen Bildung und Krankenpflege. Früher wären die Kolleginnen von Schwester Elizabeth alle Ordensschwestern gewesen. Die Frage nach dem Warum hätte sie mit der Gemeinschaft teilen können. Ihre Lebensentscheidung wäre vielleicht nicht einfacher gewesen, aber immerhin in ihrem Umfeld akzeptierter. Heute ist das nicht mehr so. Schwester Elizabeth leitet die Pflegeeinrichtung für ältere Schwestern im Mutterhaus der nordamerikanischen Ordensprovinz in Mendham, New Jersey. Sie sieht jeden Tag, wie sich ihr Orden verändert.

In Nordamerika sind in den letzten zehn Jahren eine Handvoll Frauen in den Orden eingetreten. Die Schwestern freuen sich über jede von ihnen, das merkt man. Aber um die Pflege der älteren Mitschwestern leisten zu können, sind es nicht genug. Schon lange nicht mehr. Denn wie so vielen Orden und Kongregationen fehlt es auch den Schwestern der Christlichen Liebe an Nachwuchs. Das macht etwas mit jungen Ordensfrauen wie Schwester Elizabeth. Einerseits sehen sie jeden Tag, wie ihre Gemeinschaft altert und kleiner wird. Andererseits sind sie in ihren Berufen nun von Kolleginnen umgeben, die das Ordensleben nur schwer nachvollziehen können. „Wir führen tiefgründige Gespräche über das Warum. Warum ich das alles aufgegeben habe“, sagt Schwester Elizabeth. Und: Warum es das trotzdem wert ist.

Die Schwestern der Christlichen Liebe

Die selige Pauline von Mallinckrodt gründete 1849 mit drei Gefährtinnen die Kongregation der Schwestern der Christlichen Liebe. Die Kongregation widmete sich zunächst der Fürsorge für blinde und behinderte Kinder sowie für Waisenkinder. Der Orden wuchs schnell und übernahm Aufgaben im Bildungsbereich, gründete und führte Kindergärten und Schulen. Ein weiterer Schwerpunkt war und ist die Exerzitienarbeit. Später kam das Engagement in der Krankenpflege hinzu. Noch im 19. Jahrhundert expandierte der Orden nach Süd- und Nordamerika. Heute gibt es Schwestern der Christlichen Liebe in Europa, Amerika und Asien. 2024 feiert der Orden sein 175-jähriges Bestehen.

Bildung für Ärmere möglich machen

Schwester Maria Luisa Garcia Mansilla erzählt mit leisem Stolz, dass in den letzten drei Generationen ihrer Familie stets eine Frau Ordensfrau geworden sei – sie als dritte. In Buenos Aires geboren, hat sie die dortige Schule der Schwestern der Christlichen Liebe selbst besucht. Früher, so erzählt sie, waren alle Lehrerinnen Ordensfrauen. Ein ganzes Kollegium in der schwarz-weißen Ordenstracht der Kongregation. Heute ist Schwester Maria Luisa eine von vier Schwestern. Sie selbst ist eine der letzten Frauen, die in der südamerikanischen Ordensprovinz – die die Länder Argentinien, Chile und Uruguay umfasst – eingetreten ist. Das war vor 20 Jahren.

„Die Menschen lassen ihre Kinder taufen. Aber in die Messe gehen sie nicht mehr“, sagt Schwester Maria Luisa. Von einem Ordenseintritt ganz zu schweigen. „Wir beten um neue Berufungen“, sagt sie. Doch bis es so weit ist, gibt es viel zu tun. Denn Schwester Maria Luisa denkt nicht ans Aufgeben. Warum? Beispiel Uruguay: Das Land ist ein säkularer Staat, die Arbeit der Schwestern der Christlichen Liebe komplett spendenfinanziert. Doch gerade dort ist ihre Arbeit wichtig. Denn die ordenseigenen Schulen können auch die Kinder armer Familien besuchen. Dafür ist das Schulgeld in armen, ländlichen Gegenden bewusst niedrig gehalten. „Wir versuchen, allen einen Zugang zu Bildung zu ermöglichen. Das bereichert eine Gesellschaft“, sagt die Ordensfrau.

Diese Aufgabe können die Schwestern längst nicht mehr allein stemmen. Müssen sie aber auch nicht. Schwester Maria Luisa und ihre drei Mitschwestern wohnen auf dem Gelände der Schule in Buenos Aires. „So sehen wir ‚unsere‘ Kinder jeden Tag.“ Sie sind hauptsächlich für den Religionsunterricht und die Seelsorge zuständig. Den Unterricht der anderen Fächer übernehmen Laiinnen und Laien. Sie sind an die Stelle der Ordensfrauen getreten, die früher das Kollegium stellten. Gemeinsam führen Ordensfrauen und Laiinnen und Laien das Charisma von Pauline von Mallinckrodt fort.

"Come and See" - Kloster auf Zeit

Schwester Mathilde DeLucy steht in der nordamerikanischen Provinz ihres Ordens vor einer ganz anderen Herausforderung: Die Highschool in Allentown, an der sie wirkt, gehört dem Bistum. Katholische Angebote gibt es dort – aber wie den Geist von Pauline von Mallinckrodt weitergeben? In der Kapelle der Schule findet regelmäßig eucharistische Anbetung statt. Das hat Schwester Mathilde auf eine Idee gebracht: „Die Anbetung war Mutter Pauline ein großes Anliegen.“ Deshalb gibt sie den Schülerinnen und Schülern Gebete mit, die Mutter Pauline über das Allerheiligste Sakrament geschrieben hat. „Es ist eine schöne, stille Art, sie zum Fragen zu bewegen“, sagt die Ordensfrau. Immer wieder kommen Jugendliche und fragen: Wer ist Pauline von Mallinckrodt? Was bedeutet sie euch Schwestern?

Für junge Frauen, die diese Fragen ausführlicher und ganz konkret beantwortet haben möchten, gibt es die „Come and See“-Aktion. Ganz ähnlich dem „Kloster auf Zeit“-Angebot im deutschsprachigen Raum können junge Frauen eine Zeit lang im Kloster mit leben. „Damit sie mit uns beten, mit uns arbeiten, unser Leben kennenlernen“, sagt Schwester Mathilde. Denn was man kennt, davor hat man weniger Angst. „Es gibt in unserer Gesellschaft eine große Angst vor Verbindlichkeit und Verpflichtung. Was ist, wenn es doch nicht das richtige für mich ist? Was ist, wenn es anders wird, als ich es mir vorgestellt habe? Diese Fragen haben auch uns begleitet, als wir eingetreten sind. Deshalb sehe ich es als unsere Aufgabe, die Gegenfrage zu stellen: Ja, aber was ist, wenn es das richtige ist?“

Damit echte Gemeinschaft entsteht

Schwester Elisabeth, Schwester Maria Luisa und Schwester Mathilde waren Teil einer größeren Gruppe von jungen Ordensfrauen, die im Sommer 2023 im Paderborner Mutterhaus zusammenkam.

Der Ordensleitung ist sehr daran gelegen, dass sich die Schwestern untereinander kennenlernen. Denn in ihren jeweiligen Einsatzfeldern sind sie oftmals allein. Und viele von ihnen werden in Zukunft Leitungsfunktionen in den Einrichtungen ihres Ordens übernehmen.

Da ist es von großer Bedeutung, dass sie sich als Teil einer Gemeinschaft erleben. Je weniger wir werden, sagen die Schwestern, desto wichtiger ist es, dass wir zusammenwachsen – international und interkulturell!

"Denn je weniger wir werden, desto wichtiger werden wir."

Für Schwester Elizabeth ist das Ordensleben der richtige Weg. Wenn sie nach dem Warum gefragt wird, gibt sie bereitwillig Antwort. „Denn je weniger wir werden, desto wichtiger werden wir.“ In einer säkularen Gesellschaft sind Ordensfrauen wie sie positive Störfaktoren. Sie zeigen einen anderen Weg auf als den des Konsums und Überflusses. Nämlich dass man Erfüllung auch im bewussten Verzicht und der Beschränkung auf das Wesentliche finden kann. Für Schwester Elizabeth ist das der Dienst am Menschen. „This is not a job, this is a ministry. So: How are you serving?“ Das ist ihre Leitfrage. Wem dienst du? Und wie? Das Leben als Ordensschwester bringe ihr täglich Freude und Segen, sagt sie. In Form der älteren Mitschwestern, um die sie sich kümmert.

Am Ende, sagt Schwester Mathilde, „arbeiten wir nicht, um etwas zu tun zu haben. Wir arbeiten, weil Christus uns dazu anspornt.“ In allem Wirken der Schwestern der Christlichen Liebe steht der Mensch im Mittelpunkt – weil das der Auftrag Christi ist: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“ (Mt 25,40). Und bei diesem Dienst kommt es letztlich nicht auf Zahlen an. „Mutter Pauline und ihre Freundinnen waren zu viert, als sie den Orden gründeten“, sagt Schwester Maria Luisa. 2024 feiert dieser Orden sein 175-jähriges Bestehen. Und Schwester Elizabeth, Schwester Maria Luisa und Schwester Mathilde sind drei von denen, die den Geist dieses Ordens in die Zukunft tragen. Wie auch immer die aussehen mag.

Ein Beitrag von:
Redakteur

Cornelius Stiegemann

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