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Erzbistum Paderborn
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© Sabine Robrecht

Corvey: Wo der Himmel die Erde berührt

Ökumenischer Vespergottesdienst der christlichen Konfessionen in Westfalen und Lippe mit EKD-Ratsvorsitzenden Kurschus und Diözesanadministrator Bredeck zum 1.200-jährigen Jubiläum des ehemaligen Benediktinerklosters Corvey

„Christen unterschiedlicher Konfessionen mögen im gemeinsamen Gebet verbunden bleiben.“ Zu diesem Schulterschluss im Glaubenszeugnis haben die EKD-Ratsvorsitzende Dr. h.c. Annette Kurschus und Diözesanadministrator Monsignore Dr. Michael Bredeck am Sonntag in der Welterbestätte Corvey bei Höxter vor großem Auditorium aufgerufen. Festlicher Rahmen war die traditionelle ökumenische Ansgar-Vesper im Gedenken an den Heiligen und erfolgreichen Verkünder des Evangeliums. Der Gottesdienst in der ehemaligen Abteikirche Corvey war zugleich der traditionsreiche ökumenische Vespergottesdienst der christlichen Konfessionen in Westfalen und Lippe, der aus Anlass des 1.200-jährigen Jubiläums des ehemaligen Benediktinerklosters Corvey mit dem Leitwort „1200 Jahre Corvey – wo der Himmel die Erde berührt. Einladung in die Himmelsstadt“ in diesem Jahr hier gefeiert wurde.

Der Benediktinermönch Ansgar aus dem französischen Corbie gehörte 822 zu den ambitionierten Ordensmännern, die im Weserbogen bei Höxter das monastische Leben begannen. Schnell leitete er die Klosterschule der jungen Abtei. Und zog alsbald von Corvey aus zu seinen so mutigen und wirkungsvollen Missionsreisen in den Norden Europas aus.

Als Apostel des Nordens verehrt, hatte der für die Ausbreitung des Christentums bedeutende Glaubenszeuge für seinen Dienst genau das dabei, was die EKD-Ratsvorsitzende und Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Annette Kurschus, in den Mittelpunkt ihrer Festansprache stellte: die Heilige Schrift. Sie zu reflektieren – und das am besten in Gemeinschaft – legte sie den vielen Gästen aus tiefster Überzeugung ans Herz. Schmackhaft machte Präses Kurschus den Zuhörerinnen und Zuhörern die Beschäftigung mit der Heiligen Schrift anhand der Berufung Ezechiels zum Prophetenamt: In einer Vision weist Gott ihn an, eine Schriftrolle zu essen – um die Schrift zu verinnerlichen und sie dann gestärkt zu verkünden.

Kurschus: Heilige Schrift bewegt und verändert

Als „Kraft, die uns trägt“ habe Gott aber weder Ezechiel noch die Menschen heute auf die Sonnenseite des Lebens geführt, sagte Annette Kurschus. Die Heilige Schrift liefere auch keine Patentrezepte für die Krisen der Gegenwart und keine Gewissheit darüber, was richtig und was falsch ist. Beispiel: Waffenlieferungen. „Wie gerne würde ich eine eindeutige Antwort finden“, sagte Präses Kurschus. In der Bibel stehe aber sowohl das Gebot „Du sollst nicht töten“ als auch die Maßgabe, nicht tatenlos zuzusehen wie getötet wird.

Dieser Zwiespalt mache das Einverleiben der Heiligen Schrift nicht leicht. Außerdem enthalte die Bibel auch schwere Kost. Sie deshalb zur Seite zu legen, sei aber die falsche Schlussfolgerung. Denn: „Wer nicht aufhört, sich die Schrift einzuverleiben, wer also weiter auf den Psalmen kaut, auf der Thora und auf dem Evangelium, bleibt nicht unverändert.“ Und wenn in Gemeinschaft über das Wort Gottes gesprochen werde, „dann berührt der Himmel die Erde“, griff die prominente Festrednerin das Motto des Corvey-Jubiläums auf. Gerade in einer Zeit abnehmender Bindung an das Christentum sei es umso wichtiger, gemeinschaftlich Gottes Wort zu reflektieren. „Das brauchen wir. Das braucht die Welt von uns. Wenn wir es nicht tun, tut es niemand“, mahnte die EKD-Ratsvorsitzende.

Verbunden als Christen

„Lassen Sie uns als Christen verschiedener Konfessionen verbunden bleiben!“ Diesen Appell der Festrednerin bekräftigte der aktuelle Leiter des Erzbistums Paderborn, Diözesanadministrator Dr. Michael Bredeck, der dem festlichen Gottesdienst im Jubiläumsjahr zum 1200-jährigen Bestehen der ehemaligen Benediktinerabtei Corvey vorstand. Als Liturgen zur Seite standen ihm Bischof Anba Damian, Generalbischof der Koptisch-Orthodoxen Kirche Deutschlands, und Pfarrdechant Dr. Hans-Bernd Krismanek, Leiter des Pastoralverbunds Corvey.

Das gemeinsame Gebet in der Abteikirche von Corvey reihe sich, so Diözesanadministrator Bredeck, in die 1200-jährige Geschichte des Glaubens und des Gebets an diesem bedeutenden Klosterort ein. In einer Zeit, in der Christen zur Minderheit werden, sei es umso wichtiger, sich neu auszurichten und gemeinsam das Evangelium von der Liebe Gottes allen Menschen zu bezeugen. Insofern könne vom ökumenischen Beten eine neue Kraft ausgehen. Basis sei der Glaube, der vor langer Zeit im Heiligen Land seinen Anfang genommen hat und für den die Mönche aus Corbie vor 1.200 Jahren an der Weser ein strahlkräftiges Zentrum geschaffen haben.

Worum es in diesem Glauben geht, fasse das Motto des Corvey-Jubiläums „Wo der Himmel die Erde berührt“ zusammen, betonte der Diözesanadministrator. Er sei beeindruckt vom großen Engagement der kleinen Kirchengemeinde für diesen hochrangigen Glaubens- und Erinnerungsort.

Dieses Engagement spiegelte sich in der würdigen und festlichen Ausgestaltung der Ansgar-Vesper und auch im anschließenden Empfang im Evangelischen Gemeindezentrum in Höxter eindrucksvoll wider. Das Beisammensein führte vor Augen, wieviel Herzblut Ehrenamtliche in die Geschicke dieses Weltdenkmals und lebendigen Ortes des Gemeindelebens investieren.

Corvey-Verdienstmedaille

Beispielgebend stand Josef Risse (82) im Mittelpunkt. Die Kirchengemeinde St. Stephanus und Vitus Corvey verlieh ihm für sein 18 Jahre währendes engagiertes Wirken im Kirchenvorstand die erste Corvey-Verdienstmedaille. Die Gemeinde hat sie von dem renommierten, international bekannten Schriftkünstler Brody Neuenschwander aus Brügge entwerfen lassen. Monsignore Andreas Kurte, der ehemals Pfarrdechant in Höxter war, bezeichnete die Medaille in seiner Laudatio für Josef Risse als das „Verdienstkreuz von Corvey, von dem es nur wenige Exemplare gibt, jedenfalls deutlich weniger als vom Bundesverdienstkreuz“.

Pfarrdechant Dr. Hans-Bernd Krismanek erläuterte, was auf der Medaille zu sehen ist: „Sie zeigt auf der Vorderseite die Ansicht des berühmten karolingischen Westwerks vor dem bekannten Monogramm Karls des Großen, auf dessen Initiative die Gründung Corveys zurückgeht.“ Die Umschrift zitiere das Motto des Jubiläumsjahres „1200 Jahre Corvey – Wo der Himmel die Erde berührt“. Die Rückseite zeige die lateinische Inschrift der berühmten Grundsteintafel der karolingischen Kirche aus der Zeit um 844. „Darin heißt es mit Bezug auf Kirche und Kloster: ‚Zieh einen Ring um jene Stadt, o Herr, und lass deine Engel die Wächter ihrer Mauern sein.‘“

Sichtlich bewegt nahm Josef Risse die besondere Auszeichnung entgegen. Als er die Medaille erblickte, strahlte er vor Freude. „Sie ist sehr schön“, sagte er. Engagiert für Corvey habe er sich gerne. „Es war eine schöne Zeit.“ Daher sei es lohnenswert, ehrenamtlich Verantwortung zu übernehmen, ermutigte er andere.

Der gebürtige Höxteraner war von 2000 bis 2018 Mitglied im Kirchenvorstand und seit 2003 erster stellvertretender geschäftsführender Vorsitzender. In seine Zeit fielen, so Monsignore Andreas Kurte, Herausforderungen wie die Welterbe-Bewerbung Corveys, die Anerkennung zum Welterbe 2014 und die Restaurierung der hochbedeutenden Andreas-Schneider-Orgel. Josef Risse habe immer den Mut gehabt, auch „heiße Eisen anzupacken“, würdigte der Laudator. „Konflikte waren zu lösen, nachbarschaftliche Absprachen notwendig. Gekniffen hast Du nie, sondern stets die Interessen der Kirchengemeinde vertreten.“

Corvey nehme im Erzbistum Paderborn eine herausragende Stellung ein, unterstrich Andreas Kurte. Ebenso wie Risses Nachfolger im Kirchenvorstand, Josef Kowalski, dankte der mit Corvey nach wie vor eng verbundene und heute in Brakel tätige Geistliche dem Erzbistum Paderborn. Ohne die Unterstützung des Erzbistums Paderborn könne die kleine Kirchengemeinde all das nicht leisten.

Text und Fotos: Sabine Robrecht, Corvey

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