„Es braucht bestimmte Zeiten und Gelegenheiten, die ‚wahrnehmen‘ und ‚gedenken‘ neu möglich machen. Es braucht auch bestimmte Gemeinschaften, die aufmerksam machen auf das, was weiterhin noch geschehen muss, damit sich das Miteinander verändert“, unterstreicht Prälat Theodor Ahrens. Der Theologe würdigt damit den „Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus“, der bundesweit jährlich am 27. Januar begangen wird. Der Priester des Erzbistums Paderborn ist seit vielen Jahren Vorstandsmitglied der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Paderborn. Diese lädt jeweils an dem 1996 vom damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog eingeführten Gedenktag zu einem ökumenischen Gottesdienst ein, der abwechselnd im Hohen Dom und in der Abdinghofkirche begangen wird. Domkapitular Monsignore Dr. Michael Menke-Peitzmeyer und Superintendent Volker Neuhoff feiern den Gottesdienst in diesem Jahr am Freitag, 27. Januar, um 18.30 Uhr in der Bischofskirche des Erzbistums Paderborn.
Prälat Theodor Ahrens weist darauf hin, dass zahlreiche Opfer des Nationalsozialismus oft gegenüber ihren Mitmenschen über ihr Leid geschwiegen haben, es sei ihnen erst nach vielen Jahren möglich geworden, über die erlebten Schrecken zu sprechen. „Manche Erinnerungen kehren nicht einfach so in unsere Sprache und Wörter zurück. Sie sind auch nicht immer gegenwärtig“, erläutert der Seelsorger.
„Die schieren Zahlen der Ermordeten und der Schrecken über die Taten waren so ungeheuerlich, dass man hätte denken können, nach der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz durch die Rote Armee wäre unser Gedächtnis tief geprägt worden von den Geschehnissen“, führt Prälat Ahrens aus. Doch das öffentliche Schweigen habe noch lange – mehr als ein halbes Jahrhundert – gedauert, bis ein offizieller Gedenktag am 27. Januar durch den damaligen Bundespräsidenten eingeführt wurde.
Prälat Ahrens ruft dazu auf: „Wir dürfen die gemeinsame Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft nicht aus unserer Erinnerung und aus unserer Hoffnung verdrängen.“ Der katholische Priester weist darauf hin, dass insbesondere Christinnen und Christen „Grund genug“ haben, ihre lange Geschichte mit ihren jüdischen Geschwistern bewusst zu halten und nach Wegen des Miteinanders zu suchen.