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Erzbistum Paderborn
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Außenansicht des Herzenskinder-Haus© Kinder- und Jugendhilfe Herzenskinder e. V.

Das Herzenskinder-Haus in Hagen-Eilpe

Volker Dornheim hat aus einem leerstehenden Pfarrhaus ein "Herzenskinder-Haus" gemacht. Seitdem findet Kinder- und Jugendhilfe in Hagen-Eilpe mitten im Gemeindeleben statt.

„Wir Menschen brauchen mehr Interesse füreinander“, sagt Volker Dornheim, Ideengeber, Initiator und Mitbegründer des Herzenskinder-Hauses in Hagen-Eilpe. Im Interview erklärt er, was das Besondere daran ist, an was es der Gesellschaft mangelt und wie konkret Gott ist.

Volker Dornheim:

„Ich wollte immer Lebensbegleiter für Menschen sein. Aus meiner religiösen Überzeugung und aus meinem Glauben heraus. Deswegen habe ich Theologie studiert. Weil mich zunehmend die Arbeit mit jungen Menschen interessiert hat, habe ich dann Erzieher gelernt. Daraus hat sich ergeben, dass ich zur Familienberatung gekommen bin.“

Redaktion

Herr Dornheim, seit nunmehr sechs Jahren gibt es das Herzenskinder-Haus und ab Herbst wird es sogar ein zweites in Unna-Hemmerde geben. Was ist überhaupt die Idee dahinter?

Volker Dornheim

Wir, eine Gruppe von Menschen, die sich über die kirchliche Jugendarbeit in unterschiedlichen Zusammenhängen kennt, hatten die Idee einer Kinder- und Jugendhilfe, die anders ist. Bei der es nicht in erster Linie ums Geld geht, mit weniger Kosten- und Belegungsdruck und die möglichst früh unterstützt. Zusätzlich dazu hatten wir die Vision, die Ressourcen einer Kirchengemeinde zu nutzen, verschiedene Gruppierungen miteinzubeziehen. Es war wirklich verrückt, dass wir sozusagen offene Türen eingerannt haben. Vielleicht hat da ein bisschen der gute Geist gewirkt.

Redaktion

Gibt es etwas Vergleichbares in Deutschland?

Dornheim

Wenn man Vergleiche in der Jugendhilfelandschaft sucht, dann sind wir so etwas wie die SOS-Kinderdörfer, nur eben kein Dorf, sondern ein einzelnes Haus. Die Anbindung an die Gemeinde und das bewusste Mitreinnehmen, das ist indes ziemlich einzigartig. Ein weiterer Aspekt sind die ehrenamtlich Arbeitenden, die uns unterstützen, wie selbstverständlich dazugehören und eine große Familie drumherum bilden.

Redaktion

Der Verein, den Sie gegründet haben und der kooperatives Mitglied der Caritas ist, sowie das Haus tragen das Wort Herz im Namen. Was hat es damit auf sich?

Dornheim

Das Pfarrhaus direkt neben der Herz-Jesu Kirche stand leer und war perfekt für unser Vorhaben. Aber auch der inhaltliche Bezug sollte deutlich werden. Nämlich, dass das, was wir machen, nicht nur ein soziales Projekt ist, sondern dass die Gemeinde unsere Kinder ins Herz schließt. Und genauso ist es.

© Kinder- und Jugendhilfe Herzenskinder e. V.
Redaktion

Sie sind Theologe, Erzieher, Familienberater. Was an erster Stelle?

Dornheim

Ich wollte immer Lebensbegleiter für Menschen sein. Aus meiner religiösen Überzeugung und aus meinem Glauben heraus. Deswegen habe ich Theologie studiert. Weil mich zunehmend die Arbeit mit jungen Menschen interessiert hat, habe ich dann Erzieher gelernt. Daraus hat sich ergeben, dass ich zur Familienberatung gekommen bin. Wenn es bei den Eltern nicht läuft, geht es der ganzen Familie schlecht und es leiden besonders die Kinder. Meine Berufe sind also eine Verzahnung aus ein und demselben Grund.

Redaktion

Jetzt leben sie im Pfarrhaus. Da schließt sich der Kreis…

Dornheim

Der liebe Gott macht schon verrückte Sachen. Ich glaube tatsächlich, das ist ein Lebenstraum. Und ich bin heilfroh, dass ich den nicht als alleinlebender Priester, sondern mit meiner Familie und den Herzenskindern teilen darf. Es ist ein Haus voller Leben. Gleichwohl haben meine Frau, unser Sohn und ich eine abgeschlossene Wohnung und ziehen uns auch ein paar Tage in der Woche in unsere Außenwohnung zurück. Insgesamt sind wir fünf Mitarbeitende.

Redaktion

In dem Haus wohnen fünf Jungs im Alter von sieben bis 15 Jahren. Warum gibt es keine gemischte Gruppe? Und wie suchen Sie die Kinder aus?

Dornheim

Tatsächlich haben wir Anfragen von Jugendämtern aus dem ganzen Land. Ich muss sagen, es entscheidet zunächst das Bauchgefühl. Daneben spielen verschiedene Überlegungen eine Rolle, wie beispielsweise das Alter. Zurzeit haben wir einen 15-Jährigen, der an der Spitze der Gruppe steht. Ihm einen Gleichaltrigen an die Seite zu stellen, wäre nicht so gut. Oder da ist ein Siebenjähriger, der allein rumwuselt. Ihm würde ein gleichaltriger Spielkamerad guttun. Warum es eine reine Jungengruppe ist, ist leicht erklärt. Anfangs lebte ich noch ohne Familie. Da schien es mir schwierig, Mädchen aufzunehmen. Mittlerweile haben wir aber auch die Erfahrung gemacht, dass es tatsächlich gut ist, keine gemischte Gruppe zu haben. Das neue Haus in Unna-Hemmerde wird eine reine Mädchengruppe.

Volker Dornheim:

„Ich glaube, die Welt braucht mehr Beziehungen. Mehr Kontakt, ein Mehr an Interesse füreinander auch da, wo es vielleicht mal nicht so geradeaus läuft. Und da könnte Kirche vieles leisten. In unserem Herzenskinder-Haus sage ich immer: Lasst uns nicht über Strukturen reden, das klappt schon.“

Redaktion

Was fehlt den Kindern und Jugendlichen besonders?

Dornheim

Grundsätzlich ist Kinder- und Jugendhilfe immer dann schlecht, wenn sie nur Lückenbüßerin und Notnagel ist. Das hat unsere Gesellschaft über Jahre so praktiziert. Man hat die Jugendämter kaputtgespart und dann irgendwann gesagt: ‚Jetzt müssen wir aber!‘ Vorkommnisse wie in Lügde spielen da eine Rolle. Aber wir haben auch gesellschaftlich ein Problem mit der Wertschätzung von Erziehung. Sie ist ‚nice to have‘, es fehlt die Anerkennung. Ein weiteres Problem ist, dass passgenaue Hilfen zumeist nicht früh genug angesetzt werden, sondern erst, wenn sich schwierige Verhaltensweisen zeigen, wenn es bereits Beziehungsabbrüche gegeben hat. Dann aber ist es oft zu spät. Das hat uns immer gestört und stört uns bis heute. Wir beginnen mit den Hilfen, wenn das Kind zu uns kommt. Und da spielt dann unser Netzwerk mit den Ehrenamtlichen eine Rolle und die Spenden, über die wir vieles finanzieren, das über die Grundbedürfnisse hinausgeht.

Redaktion

Wenn sie auf die Anfänge schauen. Wie hat sich das Haus weiterentwickelt? Gibt es auch einen Lernprozess?

Dornheim

Wir sind professionell organisiert und haben uns im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe in Hagen gut aufgestellt. Das sind Entwicklungen auf der formalen Ebene. Inhaltlich ist es schön zu sehen, was mit der Gemeinde zusammen möglich ist. Da gab es anfangs auch schmerzhafte Erfahrungen. Nach dem ersten Verliebtsein in das Projekt und der Euphorie des Anfangs haben wir gemerkt, dass manches nicht gut gemeinsam geht. Hier sind wir sozusagen miteinander in der Realität angekommen. Das waren aber eher organisatorische Dinge, die sich regeln lassen, wenn man aufeinander zugeht.

Redaktion

Wie wichtig ist Religion und Glauben im Herzenskinder-Haus?

Dornheim

Wir beten zum Essen, gehen in die Kinderkirche und zu den Familiengottesdiensten, feiern die großen Feste. Wir Erzieher beten auch für unsere Kinder, wenn wir mal keine Lösung finden, keine Idee haben. Ich denke, dass es vor allem aber eine Frage der Haltung ist. Und dann gibt es ja die Einbindung in die Kirchengemeinde. Bei der Sternsingeraktion. Oder bei den Messdienern. Und durch die vielen anderen Menschen, von denen sich manche nie besonders kirchlich engagiert haben, aber hier ihren Platz finden. Für unsere Kinder ist der Glaube eher auf einer Ebene, die nicht sprachlich ist. Es geht um das Grundgefühl, dass es eine Richtung gibt, etwas Gutes, das hält und trägt.

Redaktion

Wenn Sie einen Wunsch für die Welt frei hätten, was würden Sie verändern?

Dornheim

Wir hatten in Hagen eine schwierige pastorale Situation, die viele Menschen enttäuscht und aus der Kirche getrieben hat. Seit Kurzem haben wir einige neue Priester, die offen und interessiert sind. Und man merkt, dass die Menschen das quasi aufsaugen. Ich glaube, die Welt braucht mehr Beziehungen. Mehr Kontakt, ein Mehr an Interesse füreinander auch da, wo es vielleicht mal nicht so geradeaus läuft. Und da könnte Kirche vieles leisten. In unserem Herzenskinder-Haus sage ich immer: Lasst uns nicht über Strukturen reden, das klappt schon. Wir sind keine Einrichtung, wir sind Gemeinschaft. Ich vertraue auf Gott und darauf, dass er uns das gibt, was wir brauchen. In meiner Ausbildung zum Erzieher habe ich mal eine große Kiste Lego aus meiner Kindheit an das Heim gegeben. Diese Kiste ist in den letzten fünf Jahren bestimmt mehr als 20-mal zurückgekommen. Ich finde es bemerkenswert, wie konkret Gott ist. Was wir verschenken, bekommen wir vielfach wieder.

Redaktion

Danke für das Gespräch.

1000 gute Gründe

© Erzbistum Paderborn

Für unseren Glauben, unsere Kirche und für unser Engagement sprechen 1000 gute Gründe. Und noch viele mehr. Es ist Zeit, von ihnen zu erzählen! Ohne etwas zu verschweigen oder schön zu reden. Sondern, indem wir auch das Gute wieder zur Sprache bringen und sichtbar machen, wie lebenswert und vielfältig unser katholisches Glaubensleben ist. In einer einladenden, konstruktiven Haltung möchten wir mit Menschen ins Gespräch kommen.

Wir möchten hören, was Sie im Leben und Glauben trägt – egal, ob Sie in der Kirche arbeiten, ob Sie engagiert sind oder ob Sie einfach neugierig auf unsere Themen und Angebote sind. Alle sind herzlich eingeladen, bei der Initiative „1000 gute Gründe“ mitzumachen. Denn je mehr wir sind, desto stärker ist unsere Stimme. Und umso stärker wird unsere Initiative, die in den kommenden Jahren und Monaten immer weiter wachsen wird.

Ein Beitrag von:
Freie Journalistin

Birgit Engel

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