An Fronleichnam feiert die katholische Kirche die Einsetzung des Altarsakramentes. Mit anderen Worten: Sie feiert, dass Jesus Christus im gewandelten Brot und Wein dauerhaft gegenwärtig ist. Das ist keine einfache Vorstellung. Erklären kann man sie mit Hilfe der Lehren des antiken Philosophen Aristoteles (4. Jahrhundert vor Christus). Er unterscheidet zwischen der materiellen Beschaffenheit einer Sache und ihrer „Substanz“, also ihrem Wesen – und das kann sich ändern. Mit der Wandlung behalten die Gaben am Altar also ihre materielle Beschaffenheit als Brot und Wein, ihr Wesen ist nun aber ein anderes, in ihnen ist Jesus Christus real präsent.
Eigentlich käme Gründonnerstag als Festtag für die Einsetzung des Altarsakramentes in Frage. Denn beim Letzten Abendmahl hat Jesus genau diese Einsetzung vollzogen. Nachlesen kann man dies sowohl in den drei Evangelien Matthäus, Markus und Lukas als auch im 1. Korintherbrief des Apostels Paulus. Bei Matthäus heißt es zum Beispiel: „Während des Mahls nahm Jesus das Brot und sprach den Lobpreis; dann brach er das Brot, reichte es den Jüngern und sagte: Nehmt und esst; das ist mein Leib. Dann nahm er den Kelch, sprach das Dankgebet, gab ihn den Jüngern und sagte: Trinkt alle daraus; das ist mein Blut des Bundes, das für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden.“ (Mt 26, 26-28)
Aber am gleichen Abend, an dem das Abendmahl stattfand, ist er auch verraten und gefangen genommen worden – kein guter Termin für ein Freudenfest. Deshalb hat man die Vision der heiligen Juliana von Lüttich (um 1193-1258) zum Anlass genommen, um ein eigenes Fest einzurichten. In Lüttich wurde Fronleichnam schon 1246 gefeiert, in der gesamten katholischen Kirche dann ab 1264.
Seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts finden an Fronleichnam Prozessionen statt. Dabei wird der Leib Christi in einem kostbaren Gefäß, der Monstranz, durch die Straßen und über die Felder getragen. An extra dafür aufgebauten Altären wird Station gemacht, gebetet und der Segen mit der Monstranz erteilt. Damit knüpft man an die lange Tradition der Flurumgänge an, bei denen Gläubige im Mittelalter ihre Felder, Wälder und später auch Häuser segneten. Früher war Fronleichnam Anlass für heftige Auseinandersetzungen zwischen katholischen und evangelischen Gläubigen – das ist längst einem toleranten Umgang miteinander gewichen.