Er gilt als Glanzstück und Höhepunkt der Kölner Buchmalerei um die erste Jahrtausendwende. Über tausend Jahre alt und davon 800 Jahre im Kanonissenstift in Meschede, wirkt der Hitda-Codex bis heute fort. Die wohl bekannteste Abbildung aus dem Evangeliar aus ottonischer Zeit, die Darstellung des Sturms auf dem See Genezareth, war in nahezu jedem Religionsbuch in Deutschland abgedruckt und begleitete Generationen von Schülerinnen und Schüler durch den Religionsunterricht. Zudem wirkte die Abbildung stilbildend auf die Malerei von Rembrandt bis zu August Macke und in die heutige religiöse Kunst.
Sah Äbtissin Hitda, die dieses Evangeliar vor rund tausend Jahren dem Stift Meschede übereignete, den Wirbelsturm allein als ein Wetterereignis? Oder verstand sie darunter, ähnlich wie wir Heutigen, auch schon die Stürme des Lebens? So sehr bereits diese Abbildung zum Nachdenken einlädt, will Pfarrer Michael Schmitt den Hitda-Codex nicht auf das eine bekannte Bild reduziert sehen: „Das Evangeliar mit seinen 500 Seiten ist mehr als ein geschichtliches Dokument. Er ist ein großartiges und glanzvolles Glaubenszeugnis!“
Theologie der ersten Jahrtausendwende
Dem Engagement von Pfarrer Schmitt ist es nun zu verdanken, dass ein vollständiger Nachdruck des Evangeliars erscheinen konnte – in limitierter Auflage, 500 Seiten stark, in hochwertiger Ausstattung und dank der Unterstützung der Sparkassen-Stiftung zum erschwinglichen Preis von 49,95 Euro. Das macht den Band zu einem schönen Weihnachtsgeschenk für alle, die Bücher lieben und sich für Geistes- und Glaubensgeschichte interessieren.
Stichwort Weihnachten: Im Codex finden sich auch Abbildungen von der Geburt Christi und von der Anbetung der Weisen aus dem Morgenland. Der Titulus der Weihnachtsabbildung lautet: „Hier liegt in der engen Krippe als Kind, der als Höchster im Himmel thront, durch keinen Raum umfassbar“ – dieser kleine Nachsatz „durch keinen Raum umfassbar“ deutet an, wie viel die Theologie um das Jahr 1000 bereits verstand – und wie viel sie heute noch zu sagen hat!