„Frau Reiter, haben Sie kurz Zeit für mich?“
„Kann ich Sie mal eben sprechen, Frau Reiter?“
„Können wir vielleicht eine Runde drehen?“
Dienstagmorgen in der Caritas-Werkstatt Neheim. Kaum hat Corinna Reiter den Flur betreten, ist sie mitten im Geschehen. Man spricht sie an, manche schreiben lieber eine E-Mail. Aber jeder hier kennt sie. Als seelsorgliche Begleitung der Caritas-Werkstätten Arnsberg ist das ihre Aufgabe: ein offenes Ohr haben für die Menschen im Arbeitsalltag, vor allem in Krisenzeiten. Seit 2016 ist Corinna Reiter Ansprechpartnerin für rund 700 Beschäftigte in sieben Einrichtungen: Menschen mit psychischen Erkrankungen, geistigen Behinderungen oder Schwerstmehrfachbehinderungen. Ein Projekt, das das Erzbistum Paderborn bis heute fördert.
Stehen bleiben, wenn’s schwierig wird
Anfangs waren manche skeptisch. Nicht jeder hat mit der Kirche was am Hut. Aber die 47-Jährige ist nicht der Typ Seelsorgerin, die mit Bibel unterm Arm durch die Gruppen zieht. Erst wenn das Gespräch existenziell wird, spricht sie von Gott. Oft thematisieren Beschäftigte ihn auch von selbst. Dabei ist die Arbeit hier alles andere als leicht, nicht immer geht es um die schönen Seiten des Lebens. „Schwere Lebenskrisen, Gewalterfahrungen – manchmal bekomme ich solche Lebensscherben vor die Füße geworfen, dass das schwer auszuhalten ist“, gesteht Corinna Reiter. Warum sie trotzdem bleibt? Jesu Jünger Johannes, der unterm Kreuz stehen geblieben ist, während viele wegliefen, ist ihr ein Vorbild: „Auch wenn’s hart auf hart kommt: dranbleiben, dableiben, aushalten, so verstehe ich meine Aufgabe hier.“
Seit 24 Jahren arbeitet die diplomierte Sozialpädagogin beim Caritasverband Arnsberg-Sundern. Lange war sie im Sozialen Dienst tätig, bevor sie ihrem Herzensanliegen nachging und sich zur seelsorglichen Begleitung qualifizierte. Angeschlossen hat sie eine Ausbildung zur Trauerbegleiterin. Denn neben vielen anderen Lebensthemen wie Einsamkeit, Glauben, Zweifeln, Hoffen nimmt Trauer viel Raum in den Gesprächen ein – über den Verlust eines lieben Menschen, aber auch wenn Träume aufgrund der eigenen Einschränkungen nicht realisiert werden können.