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Kaffeebecher mit Logo des Erzbstums Paderborn© Erzbistum Paderborn

Erde zu Erde

Auf eine Kaffeelänge mit Stefan Alterauge, Totengräber und Friedhofspfleger aus Drolshagen

Innerhalb unserer Reihe „Auf eine Kaffeelänge mit …“ treffen wir uns regelmäßig mit einer Person aus dem Erzbistum Paderborn. Einzige Vorgabe der Zusammenkunft: Das Treffen endet, sobald die Kaffeetasse geleert ist. Diesmal haben wir uns mit Stefan Alterauge, Totengräber und Friedhofspfleger, getroffen.

Stefan Alterauge trägt grün. Eine robuste funktionelle Hose, einen Kapuzenpullover, denn es ist warm draußen und kein Regen in Sicht, dazu eine Basecap. Wenn man von den Kleidern auf den Menschen schließen kann, dann bedeutet das: der Mann packt an, hat was mit Natur und Landschaft zu tun. Nur, dass „seine“ Landschaft eine ganz besondere ist. Stefan Alterauge ist Totengräber. Und – weil das eine zum anderen gehört – Friedhofspfleger.

Der Tod ist nicht böse

Totengräber – die Vokabel, die bei manchem skurrile Fantasien beflügelt, macht ihm nichts aus. Dahingehend ist er ohne Eitelkeit. „Die Leute trinken auf Schützenfest trotzdem ein Bier mit mir“, lacht Alterauge. Im Alter von 16 Jahren hat er das erste Grab geschaufelt. Mit einer Schaufel und seiner Hände Kraft. Daran kann er sich gut erinnern. „Die Größe passte nicht. Der Sarg ging nicht durch, stand nicht eben.“

Stefan Alterauge ist in die Fußstapfen seines Vaters getreten. In seiner Heimat, der Stadt Drolshagen im südlichen Sauerland, leben etwa 4.700 Menschen, die meisten von ihnen sind katholische Christen. Das Ausheben von Gräbern ist nicht seine Berufung, sondern eine Familientradition. „Mein Vater lebte in der alten Vikarie, die Familie war gut bekannt mit dem Pfarrer. Als der damalige Totengräber starb, fragte der: Hey, Hans Werner, kannst du das nicht mal machen.“ Der Vater hat es gemacht. Nicht übergangsweise, sondern über 40 Jahre lang. Neben seiner kleinen Landwirtschaft. Mit seinem Ruhestand übernahm Sohn Stefan, der eigentlich Landmaschinenschlosser von Beruf ist. Und? Ist das, was er nun tut, nicht doch manchmal absonderlich? „Der Tod ist ja nicht immer böse. Er ist auch Erlösung. Und er gehört zum Leben. Von der Erde sind wir genommen und dahin kehren wir zurück.“

Ein Kommen und Gehen zwischen verlassenen Gräbern

Der Friedhof in Drolshagen umfasst 30.000 Quadratmeter, umfriedet von einer Hecke und mit vielen über 100 Jahre alten Bäumen. Buchen, Ahorne und Linden. Spätestens Anfang des 19. Jahrhunderts sind hier die ersten Menschen beerdigt worden. „Wenn ich in anderen Städten unterwegs bin, gehe ich immer auf die Friedhöfe. Schaue auf die Gestaltung, die technischen Dinge. Und auf die Namen der Verstorbenen. Friedhöfe erzählen etwas über die Kultur und Geschichte eines Dorfes, einer Stadt. Sie sind besondere Orte.“

Viele Menschen sieht Alterauge kommen und gehen. Da ist die ältere Dame, die zweimal täglich ihren verstorbenen Mann besucht. Oder der ältere Herr, der gerne ein Pläuschchen hält und sagt: „Hier ist mehr los als auf dem Marktplatz.“ Gerade vor Allerheiligen ist auf dem Friedhof jede Menge Leben. Die Gräber werden herausgeputzt. Mit Blumen und Gestecken. Und Kerzen, dem Seelenlicht, das zeigt, dass Gott immer da ist. Aber da ist auch noch die andere Seite. Die der ungeschmückten Ruhestätten. Der verlassenen Gräber. Der leeren Plätze.

Wenn Friedhofskultur verloren geht

Mit der zunehmenden Säkularisierung der Gesellschaft und auch, weil sich Angehörige nicht mehr jahrelang um ein Grab kümmern wollen, werden alternative Bestattungsformen immer beliebter. Im Wald oder auf See. Oder sogenannte Gräber ohne Gestaltungsmöglichkeit: eine Platte mit dem Namen des Toten auf einer Wiese. „Die Wertigkeit eines Verstorbenen driftet in Richtung Entsorgung ab. So empfinde ich das“, sagt Alterauge. Wenn früher jemand gestorben sei, dann sei es das Wichtigste gewesen, sich um den Toten zu kümmern. Heute aber werde dieser beerdigt, wenn zwischen Arbeit und Urlaub gerade Zeit sei. Frage: Wenn man die Toten entsorgt, entsorgt man damit auch Gott? „Das weiß ich nicht. Das muss wohl jeder für sich selbst entscheiden. Ich denke, wenn unsere Friedhofskultur verloren geht, geht auch die Gemeinde kaputt.“

Ausdruck der Wertschätzung

Die Familie von Stefan Alterauge hat eine Gruft. Da lag schon der Uronkel drin. „Für mich hat es mit Wertschätzung, Dankbarkeit, Andenken zu tun. Die Toten tun mir so gesehen nichts Gutes mehr. Aber ich kann ihnen etwas Gutes tun. Mich kümmern für ein paar Stunden im Monat. Meine Eltern haben mir immer gegeben. An erster Stelle das Leben. Da muss man doch etwas zurückgeben. Auch im Tod.“

Ein Beitrag von:
freie Journalistin

Birgit Engel

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