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Erzbistum Paderborn
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Flüchtlingshilfe© Body Stock / Shutterstock.com

Flüchtlingshilfe des Erzbistums Paderborn gut aufgestellt

Diözesan-Caritasdirektor und Flüchtlingsbeauftragter Ralf Nolte: Kirche und Caritas leisten „wesentlichen Beitrag“

Die Situation ist beispiellos, die Herausforderung enorm: Wohl kaum waren seit dem Zweiten Weltkrieg so viele Menschen gerade auch in Europa auf der Flucht wie derzeit. Grund ist der nun schon seit einem Jahr andauernde Krieg in der Ukraine. Vor Zerstörung, Gewalt und Angst um ihr Leben müssen Tausende Menschen ihre Heimat verlassen. Sie suchen Schutz, auch in Deutschland. Das fordert hier im Land besonders die Kommunen heraus. Der letzte bundesweite Flüchtlingsgipfel brachte für sie keine wirkliche Entlastung. Wie Diözesan-Caritasdirektor Ralf Nolte die aktuelle Lage aus Sicht der Flüchtlingshilfe des Erzbistums Paderborn einschätzt und welchen Beitrag die katholische Kirche im Erzbistum Paderborn leistet, darüber spricht der Flüchtlingsbeauftragte des Erzbistums Paderborn im Interview.

Herr Nolte, sind Sie zufrieden mit den Ergebnissen des Flüchtlingsgipfels?

Ralf Nolte

Es ist wichtig und richtig, dass das Thema auf der Bundesebene unter Beteiligung aller politischen Akteure beraten wird. Es bleibt zu hoffen, dass den Worten konkrete Taten folgen und nicht diejenigen, die in der Abschottung die Lösung sehen, sich mehr Gehör verschaffen. Immerhin hat man sich vorgenommen, miteinander im Dialog zu bleiben und im März ein gemeinsames Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz durchzuführen. Außerdem wurden nunmehr auch die hauptsächlichen Lastenträger, die Kommunen, in die bestehenden Arbeitsstrukturen eingebunden. Konkrete Ergebnisse aus den Arbeitsgruppen sollen bis Ostern vorliegen.

Und konkret aus Sicht der Flüchtlingshilfe des Erzbistums Paderborn?

Ralf Nolte

Unsere Beratungsstellen und Ehrenamtsstrukturen sind vor Ort, in den Kommunen, mit den Herausforderungen konfrontiert. Das Leid der Betroffenen beschäftigt unsere Kolleginnen und Kollegen tagtäglich: Beengte Wohnverhältnisse, Trennung von Familie, begrenzte Erreichbarkeit von Behörden, keine Kindergarten- und Schulplätze, kein bzw. sehr erschwerter Zugang zum Arbeitsmarkt, die Sorge um Angehörige und so weiter. Wir müssen uns vor Augen führen, dass es in all diesen Krisen- und Notsituationen immer um Menschen geht. Vor diesem Hintergrund hält sich meine Begeisterung für die Ergebnisse des Flüchtlingsgipfels in Grenzen.

Was haben Sie sich vom Flüchtlingsgipfel erhofft?

Ralf Nolte

Anstatt die Länder und Kommunen vor finanziellen Erwartungen zu warnen, würde ich mir von Bundesinnenministerin Nancy Faeser wünschen, dass sie die Sorgen derjenigen, die die Hauptlast vor Ort tragen, die Kommunen, ernst nimmt. Außerdem vermisse ich ein klares Bekenntnis zu den positiven Erfahrungen, die man mit der humaneren Integrationspolitik mit den Menschen aus der Ukraine gemacht hat.

„Ich muss nicht gesondert auf unsere gute Infrastruktur hinweisen. Wir verfügen über langfristige Erfahrung, qualifiziertes Personal und wir genießen das Vertrauen der Menschen. Menschen, die fast alles – unter anderem ihre Heimat – verloren haben, müssen das Gefühl haben, dass sie vor Ort willkommen sind. Wo kann das besser Geschehen als in unseren örtlichen Strukturen.“

Diözesan-Caritasdirektor und Flüchtlingsbeauftragter Ralf Nolte

Was schlagen Sie vor?

Ralf Nolte

Die Wohnsitzauflage, nach der Personen ihren Wohnsitz in bestimmten Städten und Gemeinden zugewiesen bekommen, ist verständlich, aber integrationshemmend. Bei anerkannten Geflüchteten sollte sie aufgehoben werden. Zudem ist für Geflüchtete das Leben in ländlichen Regionen attraktiver zu machen: mehr Mobilität, Ausbau von Sprach- und Integrationskursen, bessere Versorgung mit Kita- und Schulplätzen.

Die Rahmenbedingungen der Integration sind zu vereinfachen, wenn es um Familiennachzug, bessere medizinische und psychologische Versorgung, leichterer Zugang zum Arbeitsmarkt oder vereinfachte Anerkennung ausländischer Qualifikationen geht. Außerdem braucht es eine bessere Erreichbarkeit der zuständigen Behörden, um unnötige Verunsicherung zu vermeiden.

Wie beteiligt sich das Erzbistum Paderborn beim Umgang mit Menschen auf der Flucht?

Ralf Nolte

Zunächst sind es im Erzbistum Paderborn unzählige Menschen, die sich aus ihrem Glauben und einem gemeinsamen Werteverständnis heraus für die Menschen auf der Flucht aktiv einsetzen. Hinzu kommen die 24 Migrationsfachdienste und weitere Initiativen der Caritas, die die Integration von Geflüchteten zum Ziel haben. All das unterstützt das Erzbistum Paderborn beratend und monetär. Selbstverständlich werden wir laufend in die Qualifizierung der Unterstützungssysteme investieren.

Seit 2014 hat der Flüchtlingsfonds unseres Erzbistums mehr als 2.300 Projekte zur Unterstützung von Geflüchteten ermöglicht. Dafür sind bereits mehrere Millionen Euro gut investiert worden – und zwar ohne Rücksicht auf Herkunft, Religion oder Status der Geflüchteten. Die Gesamthöhe des Flüchtlingsfonds beträgt inzwischen 8,7 Millionen Euro. Das Geld stammt aus Haushaltsmitteln des Erzbistums Paderborn und aus privaten Einzelspenden.

Auch leistet das Erzbistum Paderborn gemeinsam mit dem Caritasverband für das Erzbistum Paderborn im Ausland einen Beitrag, um die Fluchtursachen zu lindern. So zum Beispiel durch die Unterstützung von Projekten in Syrien und in der Ukraine.

Inwiefern ist das kirchliche Engagement des Erzbistums Paderborn eine Entlastung der politischen Kommunen?

Ralf Nolte

Ich muss nicht gesondert auf unsere gute Infrastruktur hinweisen. Wir verfügen über langfristige Erfahrung, qualifiziertes Personal und wir genießen das Vertrauen der Menschen. Menschen, die fast alles – unter anderem ihre Heimat – verloren haben, müssen das Gefühl haben, dass sie vor Ort willkommen sind. Wo kann das besser Geschehen als in unseren örtlichen Strukturen: in einer Kirchengemeinde, im Sportverein, in Kinder- und Jugendgruppen?

Ehrenamtliche in der Flüchtlingshilfe sind nicht alle kirchlich orientiert, jedoch ist ein großer Teil davon in kirchlichen Strukturen und vor Ort bestens vernetzt. Das ist bei der Vermittlung sozialer Kontakte, Wohnraum, Arbeit, aber auch bei der Begleitung zu Ämtern, Behörden und Beratungsstellen unerlässlich. Schließlich entlasten wir die Kommunen dadurch, dass wir in der Regel an einem Strang ziehen.

Welche Bedeutung hat die Zusammenarbeit mit dem Deutschen Caritasverband da hinein?

Ralf Nolte

Mit dem Deutschen Caritasverband und dem Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz haben wir zwei starke Partner, die überwiegend im Hintergrund sehr wertvolle politische Arbeit leisten. So sind wir auf der Bundesebene bestens vertreten, während wir uns mit den vielen Orts- und Fachverbänden auf Bistumsebene engagieren.

Außerdem sind wir als Diözesan-Caritasverband auf NRW-Ebene und im Rahmen der Landesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrtspflege (LAG) sehr nah am Thema dran. Auch profitieren wir in besonderem Maße von der Arbeit der Katholischen Büros in Berlin und Düsseldorf.

Wie möchten Sie zukünftig die Flüchtlingshilfe des Erzbistums Paderborn aufstellen und die Politik unterstützen?

Ralf Nolte

Viele der Beratungsangebote wären ohne unsere Unterstützung nicht möglich. Daran wollen wir festhalten. Ich sehe unsere Hauptamtlichen in den Fachdiensten für Integration und Migration auf einem guten Weg. Der öffentlichen Hand kann ich nur dazu raten, am Subsidiaritätsprinzip festzuhalten, damit jahrzehntelange Erfahrungen nicht verloren gehen. Wir als Kirche mit ihrer verbandlichen Caritas, wie auch die gesamte freie Wohlfahrt, sind starke Partner der Politik. Wir leisten mit unseren Erfahrungen und Diensten einen wesentlichen Beitrag zum sozialen Frieden, zu Gerechtigkeit und Achtung der Menschenwürde. Als Kirche und Caritas werden wir weiterhin ein verlässlicher Partner für die Politik bleiben, um die großen Herausforderungen unserer Gesellschaft zu meistern.

Die Schwerpunkte unserer Arbeit in der Flüchtlingshilfe sehe ich eindeutig auf der Bistumsebene, natürlich ergänzt um die Gremienarbeit auf Landes- und Bundesebene. Eine weitere Tradition meiner Vorgänger möchte ich auf jeden Fall fortsetzen und dort, wo möglich weiter ausbauen: das Ehrenamt in der Flüchtlingshilfe moralisch unterstützen, wertschätzen und als unverzichtbare Säule der Gesellschaft hervorheben. Das was viele Menschen hier leisten, ist unbezahlbar und nicht hoch genug anzuerkennen.

Was mir wichtig ist: Wir alle wissen, dass es auch in Deutschland Meinungsverschiedenheiten und zum Teil Polarisierungen gibt. Es hilft jedoch nicht weiter, andere Meinungen zu ächten. Wir als Christen müssen eindeutig bleiben in unserer Haltung und Hilfsbereitschaft, gleichzeitig aber auch für Kommunikation und Verständigung sorgen.

Zur Person

Ralf Nolte ist Sonderbeauftragter für Flüchtlingsfragen im Erzbistum Paderborn. Gleichzeitig ist der 52-jährige Religionspädagoge und systemische Organisationsberater aus Brilon Diözesan-Caritasdirektor und besetzt die zweite Vorstandsposition im Caritasverband für das Erzbistum Paderborn neben Diözesan-Caritasdirektorin Esther van Bebber.

Ein Beitrag von:
© ThF-PB

Benjamin Krysmann

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