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Erzbistum Paderborn
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© Cornelius Stiegemann / Erzbistum Paderborn

Gottesdienst und Dienst am Menschen

Zu Libori geht es nicht nur ums Feiern, sondern auch um den Dienst am Menschen. Das erkennt, wer den Weg vom Dom zu einer Ausstellung in der Gaukirche geht.

Weihrauchschwaden und Chorgesang: Im Paderborner Dom feiern in der Libori-Woche viele Bischöfe viele feierliche Gottesdienste. In einem dieser Gottesdienste, dem Pontifikalamt am Libori-Dienstag, predigt der emeritierte Bischof von Fulda, Heinz Josef Algermissen: Nicht nur Verkündigung und Liturgie, sondern auch die Caritas gehöre zum Wesen der Kirche. Ja, es könne sie gar nicht ohneeinander geben. „Liturgie ohne die Bereitschaft zum Dienen wäre ein Glasperlenspiel. Dienen aber ohne Gottesdienst würde schnell zu einem leeren Management verkommen und wäre innen hohl.“ Deswegen wünscht sich Bischof Algermissen „eine Kirche, die segnend und tröstend die Hände erhebt“.

Wo Kirche für Menschen da ist

Eine Kirche, der der Gottesdienst und der Dienst an den Menschen gleich wichtig ist. Kann man diese Kirche zu Libori finden? Wo doch die ganze Stadt in religiöser und weltlicher Feierlaune ist? Die Antwort auf diese Frage findet sich nur wenige Schritte von dem Ort entfernt, an dem der Bischof eben gepredigt hat: Die Gaukirche ist zu Libori Raum für die Ausstellung „Über(S)Leben“. Die Bilder und Skulpturen stammen von Gästen des SKM-Katholischer Verein für soziale Dienste in Paderborn e.V.. Sie haben sie in der Kreativwerkstatt des SKM unter Anleitung der Künstlerin Martina Luchterhand geschaffen. Die Kreativwerkstatt möchte Menschen, die von Wohnungslosigkeit oder Arbeitslosigkeit betroffen sind, – „Gäste“ genannt – eine Tagesstruktur bieten. Durch die künstlerische oder handwerkliche Arbeit soll ihnen soziale Teilhabe ermöglicht werden. In Kooperation mit der Citypastoral Paderborn und der Pfarrei St. Liborius haben die Werke nun zu Libori ihren Weg in die Gaukirche gefunden.

Eine Figur mit einer Albert-Einstein-Büste als Kopf schaut von der grün angestrahlten Kanzel auf die Besuchenden in der Gaukirche herunter. Der Blick schweift weiter in den Altarraum. Dort stehen drei großformatige Porträts. „Agathe S.“, „Elfriede M.“ und „Robert W.“, mehr als ihre Namen weiß man nicht über die dargestellten Personen. Doch allein die Dreizahl der Bilder erinnert schon an ein Triptychon, ein Altarbild. Links von den Porträts hängen die ausgestopften Beine einer Jeanshose samt Wollsocken über den Rand eines alten Ölfasses – „Knapper Wohnraum – Wieviel Quadratmeter Wohnraum sind in Zukunft noch bezahlbar?“ heißt das Werk. Die verschiedenen Werke sind nicht extra für die Gaukirche geschaffen – aber sie funktionieren hier.

Werke im Dialog mit dem Kirchenraum

Teils stehen die Werke in einem direkten Bezug mit dem Raum und den sich in ihm befindlichen religiösen Kunstwerken. So hängt das Bild „Nackter Mann“ direkt neben der 10. Kreuzwegstation im Seitenschiff der Gaukirche: Jesus wird seiner Kleider beraubt. Und unter der Statue des heiligen Johannes des Täufers steht ein Bild mit dem Titel „Luxustussi“. Es zeigt eine halbliegende Frau mit Perlenkette um den Hals, Zigarette im Mundwinkel und roten Absatzschuhen an den Füßen. Sie passt hierher, denn „Johannes der Täufer hat gegen Dekadenz gepredigt“, erläutert Dechant Benedikt Fischer.

Mal sind die Bezüge so offensichtlich, mal wirken die Werke und der Raum auf ganz feine Art miteinander. In jedem Fall regen sie zum Dialog an. Geflüsterte Gespräche erfüllen die Gaukirche. „Es wird viel mehr gesprochen als letztes Jahr“, beobachtet Fischer. 2023 behandelte die Libori-Ausstellung in der Gaukirche das Thema Künstliche Intelligenz. Das habe die Besuchenden vielleicht zu sehr „geflasht“. 2024 ist das anders: „Das ist näher dran.“ Bei Themen wie Armut, Ungerechtigkeit und Nächstenliebe können mehr Menschen mitreden.

Menschen einen (Kirchen-)Raum geben, die sonst keinen haben

Der Austausch untereinander und mit den anwesenden Künstlerinnen und Künstlern ist erwünscht: „Wir haben die Stühle extra so aufgestellt, dass man in Ruhe die Werke betrachten, aber auch mit den Sitznachbarinnen und Sitznachbarn ins Gespräch kommen kann“, sagt Fischer. Es wird sich intensiv unterhalten. Über die Werke. Und übers Leben. Über das Leben der Menschen, die sonst in der gesellschaftlichen Wahrnehmung kaum vorkommen.

Die "Familie Papp"

Den bunten Bildern und ausdrucksstarken Figuren sind schwarze Schattenrisse von Personen zur Seite gestellt. Das sind die Angehörigen der „Familie Papp“. Anonymisiert können hier weitere Gäste des SKM ihre Geschichte erzählen. Man hört sie in Audioaufnahmen von ihrem Alltag, ihren Problemen berichten.

Auch nach Ende der Ausstellung in der Gaukirche können Sie sich die Audioaufnahmen noch anhören. Sie finden sie hier:

© Cornelius Stiegemann / Erzbistum Paderborn
© Cornelius Stiegemann / Erzbistum Paderborn

Ein Gegengewicht zum Libori-Trubel

„In den Kunstwerken und den Tonaufnahmen drücken sich die Biografien der Menschen aus, die die Angebote des SKM wahrnehmen. Für manche von ihnen ging oder geht es ums Überleben.“ Fischer weist auf zwei Kunstwerke, in denen jeweils ein Koffer prominent vorkommt. „Es gibt diesen Mann, der seine ganze Existenz in einem einzigen Koffer transportiert hat. Der hat über den SKM wieder ins Leben zurückgefunden. Genau diese Geschichten holen wir mit der Ausstellung in den ausgelassenen Libori-Trubel hinein.“ Die Ausstellung habe keine Lösungen für die Probleme der Gesellschaft parat. Das sei auch nicht ihre Aufgabe.

Vielmehr „tun wir etwas dafür, dass das Thema nicht noch weiter weggedrückt wird. Wir geben der Kunst und den Menschen dahinter einen Raum, und zwar gleich einen ganzen Kirchenraum. Hier haben sie Platz und können sich entfalten, als Personen, mit ihren Begabungen“, sagt Fischer.

 

Nicht nur während Libori

Durch die offene Tür der Gaukirche schallt Glockengeläut herein. Im Dom wird der nächste feierliche Gottesdienst gefeiert. Aber hier in der Gaukirche sieht man etwas davon, dass Kirche eben nicht nur Liturgie ist. Sondern dass sie auch tröstend und helfend bei den Menschen ist, wie es Bischof em. Altermissen in seiner Predigt gefordert hat. Dass sie denen, für die sonst keiner mehr da ist, eine Chance gibt.

Im Altarraum steht eine barocke Liboriusfigur, umrahmt von zwei Mitgliedern der „Familie Papp“. Und das passt. Denn Liturgie und Caritas gehören zusammen. Beide waren schon immer, beide sind Kirche. Zu Libori und weit darüber hinaus.

Weitere Beiträge zu Libori 2024

Ein Beitrag von:
Redakteur

Cornelius Stiegemann

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