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Erzbistum Paderborn
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© Besim Mazhiqi

Für immer befreundet

Dieses Jahr können sie wieder dabei sein: Wie erleben die Mitglieder der Liborius-Fraternität das Libori-Fest nach zwei Jahren der Beschränkungen?

„Ich bin zum ersten Mal mit nach Paderborn gefahren“, sagt Augustin. Seine letzte Reise liegt lange zurück, noch vor Corona. „Die Pandemie hat mich daran gehindert, andere Länder kennenzulernen und überhaupt irgendwohin zu fahren.“ In diesem Jahr ist es nicht nur für Augustin wieder möglich, zu reisen. Er ist Teil einer ganzen Reisegruppe, der französischen Delegation der Liborius-Fraternität nämlich, die nach zwei Jahren der Beschränkungen endlich wieder zum Libori-Fest nach Paderborn fahren konnte. „Wir können wieder aufatmen“, sagt Augustin und nimmt damit verschmitzt Bezug auf das Motto des diesjährigen Festes.

Wer hier vor dem Pfarrheim der Kirche St. Dionysius in Paderborn-Elsen einmal tief einatmet, der riecht Grillgut. Augustin sitzt mit Lancelot und Thaddée auf Bierbänken, vor sich ein kühles Getränk. Um sie herum der Rest der Jugendabteilung der Fraternität, die Erwachsenen und ihre deutschen Gastgeber. Es wird gelacht und geplaudert, Sprachengewirr zwischen Französisch, Deutsch und einigen Brocken Englisch erfüllt den Platz. Kultureller Austausch, wie ihn viele hier lange vermisst haben.

Eine Fraternität für den direkten Kontakt

Denn normalerweise treffen sich die deutsche und die französische Abteilung der Fraternität St. Liborius zweimal im Jahr: Zum Libori-Fest im Sommer reist eine französische Delegation aus Erwachsenen und Jugendlichen nach Paderborn. Und zum Juliansfest im Januar kommen junge und ältere Menschen aus Paderborn nach Le Mans. Dabei ganz wichtig: der direkte Kontakt. „Wir brauchen menschlichen Kontakt“, betont Bruno Delaroche, ein Priester der Diözese Le Mans, der dieses Jahr geistlicher Begleiter für die Erwachsenengruppe ist.

„Nicht nur über Bildschirme und Videocalls, sondern direkt und über Landesgrenzen hinweg. Deshalb sind die Gäste aus Paderborn in Le Mans immer bei Familien von uns zu Gast. Umgekehrt ist es genauso, wenn wir nach Paderborn fahren. So erfahren die Menschen, dass die Freundschaft nicht nur zwischen Bischöfen und Priestern besteht, sondern zwischen allen.“ Gerade die Jugendlichen, die über die Fraternität miteinander in Kontakt kommen, seien ein wichtiges Zeichen für die Lebendigkeit dieser Freundschaft.

Warum junge Menschen der Fraternität beitreten

Thaddée ist einer dieser Jugendlichen und sagt, dass es während der Corona-Pandemie sehr schwer war, sich mit Freunden zu treffen oder etwas in der Pfarrei zu organisieren. „Es ist schön, dass wir jetzt hierherkommen können und Libori mit den Deutschen gemeinsam erleben können.“ Lancelot stimmt zu: Man sehe mittlerweile wieder mehr Menschen auf der Straße. Aber es gebe noch immer viele, die sich in ihren Häusern versteckten. Jeder habe eben seine eigene Umgangsweise mit der Pandemie. „Wir Jugendliche sind vielleicht etwas weniger ängstlich als ältere Leute. Da ist es für uns einfacher, nach den Beschränkungen wieder neu anzufangen.“

Neu anfangen und an Bestehendes anknüpfen – warum nehmen die drei Jugendlichen an der Fahrt nach Paderborn teil? Augustin freut sich, über die Fraternität Deutschland kennenlernen zu können. Thaddée sagt, dass er stolz darauf sei, ein konkretes Zeichen der Freundschaft zwischen Paderborn und Le Mans zu sein. Lancelot fährt bereits zum zweiten Mal mit. Wie für die anderen beiden, haben die freundschaftlichen Kontakte zu Paderborner Jugendlichen große Bedeutung für ihn. „Ich freue mich, hier in Paderborn Freunde wiederzusehen.“ Der Besuch der Delegation hat zwar gerade erst begonnen, aber ein paar von ihnen habe er schon treffen können.

Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Die Freundschaft zwischen Le Mans und Paderborn sei eine alte Verbindung, die durch die Jahrhunderte weitergetragen worden sei, sagt Lancelot. „Mir ist es wichtig, das nicht nur selbst zu erleben, sondern auch selbst weiterzugeben und damit ein kleiner Teil in dieser langen Kette der Tradition zu werden.“ Für ihn sei zudem der gemeinsame Glaube wichtig. Die Jugendabteilung der Fraternität formuliere zum Beispiel gemeinsame Gebetsanliegen, etwa für den Frieden in der Ukraine oder für die verfolgten Christen im Nahen Osten. „Momente, in denen wir den Glauben miteinander teilen können, helfen uns, uns selbst zu finden.“

Thaddée stimmt zu: „Ich finde es interessant, dass wir einen gemeinsamen Glauben haben.“ Frankreich und Deutschland seien sich geografisch sehr nah und doch gebe es kulturelle Unterschiede – auch in der katholischen Kirche. Das fange mit der finanziellen Ausstattung der Diözesen an. „Aber was gerade zu Libori besonders deutlich wird: In Paderborn scheinen die Menschen der Stadt enger mit dem Glauben verbunden zu sein als in Le Mans.“

Das mag etwas sein, woran sich die französischen Gäste in der Tat erst gewöhnen müssen, sagt Bruno Delaroche. Wenn er mit einer Delegation herkomme, müsse er erklären, dass kirchliche Feiern hier anders ablaufen. „Diese Verbindung aus weltlicher und kirchlicher Feier, aus Liboriberg, Pottmarkt und Gottesdiensten im Dom, das haben wir in Frankreich nicht.“ Eigentlich sei die Verbindung von Kirche und Kirmes typisch in der Geschichte Europas. „Wir haben in Frankreich auch nach wie vor große religiöse Feiern, in Le Mans ist das das Juliansfest. Aber seit der Französischen Revolution werden die nicht mehr von weltlichen Feiern begleitet.“

Wie Franzosen und Deutsche Glauben (er)leben

Der französische Staat versteht sich als laizistisch, das heißt, er besteht auf eine strikte Trennung von Kirche und Staat. Deshalb sind weltliche Jahrmärkte zu christlichen Feiertagen die absolute Ausnahme. „Wenn der Paderborner Dom zu Libori brechend voll ist und die Leute aus voller Brust singen, erstaunt das die Franzosen – aber in einem guten Sinne“, sagt Delaroche und lacht.

Lancelot hat noch einen anderen Unterschied zwischen Deutschland und Frankreich entdeckt. Seiner Auffassung nach beteiligen sich in Le Mans mehr junge Menschen am kirchlichen Leben. „In Frankreich sind die katholischen Pfadfinderverbände sehr aktiv in der Jugendarbeit. Und die führen junge Menschen an den Glauben heran“, sagt er. Die Verbände stehen allen Kindern und Jugendlichen offen, natürlich dürfen auch Ungetaufte mitmachen. Dabei bewahren sie aber ein klares katholisches Profil. „So kommen auch Menschen mit dem Glauben in Kontakt, die aus einem nicht-praktizierenden Kontext kommen.“ Das spiegle sich in Lancelots Augen auch in den Gottesdiensten und im Gemeindeleben.

Verschiedene Sprachen und kulturelle Unterschiede, der gemeinsame Glaube und das Band der Freundschaft – das alles macht den Kontakt der Mitglieder der Fraternität St. Liborius aus. Auf den Bierbänken neben St. Dionysius kommen Katholikinnen und Katholiken zusammen. Es kommt zu einem Austausch, der anders kaum herzustellen wäre. Aber durch den heiligen Liborius besteht er seit bald 1.200 Jahren. Und er wird dank engagierter Jugendlicher wie Augustin, Thaddée und Lancelot noch weiter bestehen. Die drei werden nicht das letzte Mal zu Besuch in Paderborn gewesen sein.

Die St. Liborius Fraternität

Seit die Reliquien des heiligen Liborius im Jahr 835 von Le Mans nach Paderborn überführt wurden, sind die beiden Diözesen durch einen „Liebesbund ewiger Bruderschaft“ verbunden. Im Jahre 1960 wurde die deutsch-französische Priesterbruderschaft des hl. Liborius durch Priester der Diözesen Le Mans und Paderborn gegründet, aus dem Gedanken, zwischen den beiden Völkern Frankreichs und Deutschlands nach dem Schrecken zweier Weltkriege eine wirkliche Freundschaft zu begründen.

Zunächst waren nur Priester der beiden Diözesen Mitglieder der Bruderschaft. Durch die Entwicklung nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil beteiligten sich verstärkt auch Diakone und Laien an Aktivitäten und konnten Mitglieder werden. Die St. Liborius-Fraternität, bestehend aus der französischen und der deutschen Sektion, hat die Aufgabe, die Verbindungen zwischen den Katholiken der Bistümer Le Mans und Paderborn in einer Gemeinschaft des Gebetes und der gegenseitigen Solidarität zu fördern.

Mehr Informationen finden Sie hier

Ein Beitrag von:
Redakteur

Cornelius Stiegemann

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