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Erzbistum Paderborn
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„Humanitäre Organisationen benötigen dringend Unterstützung ihrer Arbeit in dieser Region“

Statement von Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz im Pressegespräch „Flächenbrand im Nahen Osten: Zur Situation der Christinnen und Christen im Heiligen Land“

Derzeit tagt in Fulda die Herbst-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz. Ein zentrales Thema ist die brisante Lage im Nahen Osten und die Situation der Christinnen und Christen dort. Patriarch Pierbattista Kardinal Pizzaballa OFM, das Oberhaupt der lateinischen Christen im Heiligen Land (Israel, Palästina, Jordanien und Zypern), sprach hierzu vor der Vollversammlung. Im Anschluss stellte er gemeinsam mit Bischof Dr. Bertram Meier, Vorsitzender der Kommission Weltkirche, und Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Naher und Mittlerer Osten, die Herausforderungen der Region im Rahmen einer Pressekonferenz dar.

Wir dokumentieren hier das Statement von Erzbischof Dr. Bentz:

„Als Vorsitzender der Arbeitsgruppe Naher und Mittlerer Osten der Kommission Weltkirche blicke ich mit größter Sorge auf die dramatischen Entwicklungen im Heiligen Land. Bei meiner Reise im letzten April habe ich gespürt, wie sehr der 7. Oktober 2023 viele Menschen – Israelis wie Palästinenser – traumatisiert hat. Ein junger Israeli sagte mir beim Besuch einer Einrichtung, die sich für den interreligiösen Dialog und die Verständigung zwischen Juden, Christen und Muslimen einsetzt: „Der 7. Oktober war für uns der schrecklichste Tag seit dem Holocaust.“ Dennoch könne die Antwort darauf nicht Hass und Resignation bedeuten, sondern das Ziel müsse bleiben, Brücken für Verständigung und Frieden zwischen den Religionen sowie zwischen Palästinensern und Israelis zu bauen. Angesichts der derzeitigen Lage scheint dieser Dialog auf politischer Ebene weit entfernt – von Frieden ganz zu schweigen.

Besonders drastisch stellt sich die humanitäre Lage im Gazastreifen dar: Hunderttausende Palästinenser sind mit akuter Nahrungsmittelknappheit konfrontiert; mehr als 85 Prozent der dortigen Bevölkerung sind Binnenvertriebene. Die Bedingungen sind katastrophal. Es fehlt vor allem an Trinkwasser, Lebensmitteln und Medikamenten. Die bisher eingeführten Hilfsgüter reichen bei Weitem nicht aus, um den immer größer werdenden Bedarf zu decken. Es ist nach wie vor außerordentlich kompliziert, Hilfsleistungen in den Gazastreifen zu befördern. Wenn sich die Lage dort nicht schnell ändert, wird die ohnehin hohe Zahl der vielen zivilen Toten weiter ansteigen.

Das für die Not- und Katastrophenhilfe zuständige Werk des Deutschen Caritasverbandes, Caritas international, hat zusammen mit der US-amerikanischen Partnerorganisation Catholic Relief Services (CRS) vor allem elementare Hilfsgüter, die dem Überleben dienen, in den Gazastreifen eingeführt. Auch die Malteser zeigen hier ein großes Engagement. Beide Organisationen arbeiten vor Ort eng mit dem Lateinischen Patriarchat zusammen. Die Hilfslieferungen sind jedoch außerordentlich langwierig und beschwerlich. Überdies bezeichnen die Vereinten Nationen den Gazastreifen als den „tödlichsten Ort für humanitäre Helfer“. Seit Oktober 2023 sind über 280 Mitarbeitende von Hilfsorganisationen ums Leben gekommen.

Trotz ihres Einsatzes haben es katholische Hilfsorganisationen sehr schwer, Spenden für die humanitäre Hilfe im Gazastreifen einzuwerben.

Trotz ihres Einsatzes haben es katholische Hilfsorganisationen sehr schwer, Spenden für die humanitäre Hilfe im Gazastreifen einzuwerben. Das liegt zum einen an der mangelnden oder gar nicht vorhandenen Unterstützung durch die Medien, zum anderen an dem Verdacht, die Spenden würden dem Terror der Hamas zugutekommen. Aber: Humanitäre Organisationen benötigen dringend Unterstützung ihrer Arbeit in dieser Region. Wir appellieren deshalb an die Bundesregierung und an die Vereinten Nationen: Der Druck auf die israelische Regierung muss erhöht werden, damit die Bevölkerung im Gazastreifen vollen Zugang zu Hilfsgütern und medizinischer Versorgung erhält.

Auch wenn er nicht unmittelbar spürbar ist, ist der Krieg nicht nur im Gazastreifen präsent; er hat Auswirkungen auf die gesamte Region. Bei einem Gespräch mit palästinensischen Schülerinnen der deutschen Schmidt-Schule in Jerusalem erfuhr ich etwa, wie sich deren Alltag seit dem 7. Oktober verändert hat: Auf dem Schulweg werden sie als arabische Mädchen erkannt und sind immer wieder Anfeindungen ausgesetzt. Um nicht noch mehr Angriffsfläche zu bieten, unterhalten sich die Schülerinnen in der Straßenbahn nicht mehr in ihrer Muttersprache Arabisch, sondern auf Deutsch. So erleben sie den Schulweg und ihre Freizeit als ständiges Risiko.

Im Westjordanland hat sich die ohnehin angespannte Lage seit dem Angriff der Hamas und dem dadurch ausgelösten Beginn des Gaza-Kriegs deutlich verschärft. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Ramallah sollen dort bei israelischen Militäreinsätzen, bewaffneten Auseinandersetzungen und Anschlägen von Extremisten seit Oktober 2023 mehr als 600 Palästinenser getötet worden sein. Auch die Gewalt israelischer Siedler gegen Palästinenser hat deutlich zugenommen.

Als Kirche sind wir Anwalt der Würde aller Menschen – Israelis wie Palästinenser.

So sehr ich davon überzeugt bin, dass das Eintreten für die Sicherheit Israels auch den Palästinensern dient, so sehr bin ich auch davon überzeugt, dass umgekehrt das Eintreten für die Rechte der Palästinenser der Sicherheit Israels dient. Auch wenn ein Ende des Krieges noch lange keinen Frieden bedeutet, ist es das Gebot der Stunde, die Waffen niederzulegen und Deeskalation, Verhandlung und Dialog Raum zu geben. Andernfalls geht das Blutbad immer weiter und die Spirale der Gewalt dreht sich noch schneller. Als Kirche – und Sie, lieber Herr Kardinal, haben das immer wieder betont – ist unser Platz an der Seite der Opfer, die unter den Folgen der Gewalt leiden – gleich welchem Volk, gleich welcher Religion diese Menschen angehören. Als Kirche sind wir Anwalt der Würde aller Menschen – Israelis wie Palästinenser.“

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