Wer jetzt von den Badestränden des Mittelmeers zurückkehrt, hat sie noch frisch in Erinnerung, diese Schilder, die praktisch vor jeder Kirche in Südeuropa stehen. Dargestellt sind stilisierte Personen, wobei die Männer in Badehose und Frauen in Bikini mit dicken roten Balken durchgestrichen sind. Verboten sind obendrein das Eisessen, das Telefonieren mit dem Handy oder das Hören von Musik. Diese Verbotsschilder stehen nicht von ungefähr vor den Kirchen. Tatsächlich soll es Menschen geben, die keine Hemmungen haben, in Badeklamotten durch ein Gotteshaus zu latschen und den Raum mit irgendeinem Sommerhit zu beschallen.
Eine Kleiderordnung gab es auch im Jahr 1926 im damaligen Bistum Paderborn. Es wandte sich aber nicht an Badende. Sondern gegen die Mode und Lebensweise der Flapper. Markenzeichen dieser jungen Frauen waren der Bubikopf und die Zigarettenspitze. In den Wilden Zwanzigern fuhren die emanzipierten jungen Frauen ganz undamenhaft Auto oder Fahrrad, gingen einer Erwerbsarbeit nach, tranken Alkohol, lehnten sich keck gegen Autoritäten auf und tanzten in hauchdünnen Kleidchen Charleston, als gäbe es kein Morgen.
Von Hollywood nach Paderborn
Groß gemacht wurde die freizügige Subkultur der Flapper durch das Starkinosystem der Stummfilmzeit. Streifen mit Pola Negri oder Gloria Swanson, mit Lya de Putti, Clara Bow oder Louise Brooks in der weiblichen Hauptrolle liefen überall auf der Welt und auch in den Kinos der westfälischen Provinz. So dauerte es nicht lang, bis auch dort junge Frauen der neuen Mode folgten. Die Röcke wurden kürzer, die Stoffe durchsichtiger. Und sehr zum Unmut der damaligen Paderborner Bistumsleitung trugen die jungen Frauen diese für die damalige Zeit unziemliche Kleidung sogar beim sonntäglichen Kirchgang.