Idyllisch am Weserbogen nahe der hübschen Fachwerkstadt Höxter gelegen, gilt Corvey heute als beliebtes Ausflugsziel. Wer die weitläufige Anlage betritt, freut sich zunächst über das freundlich wirkende barocke Schloss, bevor der Blick nach rechts geht und haften bleibt. Denn hinter altem Baumbestand ragt ein imposantes Bauwerk hervor. Eher dunkel, schlicht, aber beeindruckend mit der rötlich schimmernden Bruchsteinfassade.
Architektonisches Meisterwerk
Das Westwerk, zwischen 873 und 885 erbaut, ist ein Ort, der anzieht. Zwei schlanke Türme, die wie zwei Finger himmelwärts streben, komplettieren das ungewöhnliche Bauwerk, das weltweit als eines der wenigen erhaltenen Zeugnisse aus karolingischer Zeit gilt. Gemeinsam mit der versunkenen Klosterstadt „Civitas“ – sie liegt als Bodendenkmal im Umfeld des Westwerks – wurde das architektonische Meisterwerk 2014 als UNESCO-Weltkulturerbe ausgezeichnet.
Und doch geht es in Corvey um viel mehr als um gekürte Steine. Denn die Abtei war einst ein lebendiges und erfolgreiches Reichskloster: Von Corvey aus gingen berühmte Mönche wie der heilige Ansgar, der spätere Erzbischof von Hamburg und Bremen, auf Missionsreise gen Norden. Durch die Überführung der Reliquien des heiligen Vitus von St. Denis entwickelte sich Corvey seit 836 zum zentralen Wallfahrtsort.
Abbild des himmlischen Jerusalem
Die Abtei selbst besaß in seiner Blütezeit vom 9. bis 12. Jahrhundert eine wertvolle Klosterbibliothek und eine hochgerühmte Schreibschule. Corvey zog weite Kreise, Herrscher kamen und gingen. Neue Klöster entstanden: Bursfelde, Nütschau, Nienburg und auch Marienmünster. „Von Corvey aus bauten die Benediktiner nach und nach ein Stück Europa auf“, fasst es Professor Christoph Stiegemann zusammen.