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Erzbistum Paderborn
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© Magnito / Shutterstock.com

Mit mundus raus in die Welt

Ein junger Freiwilliger aus dem Erzbistum will Erfahrungen machen, die ihm daheim nicht möglich sind. Nach einem Jahr Dienst im fernen Brasilien berichtet er von seiner Zeit dort.

Luis Striewe kennt Paderborn, das Bistum, seine deutsche Heimat und sogar einige Teile Europas. All das kommt ihm vertraut vor durch zahlreiche Reisen, er pflegt Bekanntschaften an vielen Orten. Um aber völlig neue Eindrücke zu entdecken, die er hierzulande nicht glaubt erleben zu können, zieht es Luis nach Südamerika. „Außerhalb Europas kannte ich noch nichts. Auch wollte ich eine andere Sprache lernen, die ich gar nicht beherrschte – insbesondere Portugiesisch,“ erinnert sich Luis. Ihm wird immer klarer, dass er für eine Zeit lang fortgehen muss.

Es gibt keinen Mangel an Optionen für Interessierte an internationalem Austausch. Allerdings ist im Erzbistum eine Organisation namens mundus eine Welt e.V. ansässig, die bereits über Jahrzehnte Menschen in andere Länder entsendet – dem christlichen Gedanken der Brüderlichkeit folgend. Luis entscheidet sich, entlang der sogenannten Nord-Süd-Richtung über mundus eine Welt e.V. seinen Freiwilligendienst zu realisieren, da ihm eine Freundin den Verein wärmstens empfiehlt. Alle Schritte für ein erfolgreiches Gelingen werden organisiert und begleitet, versichert sie ihm aus der eigenen Erfahrung eines Jahres in Guatemala. Sein Zielort ist nicht schwer festzulegen: Luis will nach Brasilien, genauer noch nach Vitória. Er hat dorthin bereits Kontakte, dort verspricht er sich Erfahrungen, die ihm in Deutschland nicht möglich sind. Die Küstenstadt mit einer Bevölkerung von 365.000 liegt 500 km nordöstlich von Rio de Janeiro.

Luis wagt den Sprung über den Atlantik, da er schon immer rauskommen will, um eine andere Kultur kennenzulernen – und zwar eine Kultur fern seines Kontinents. Der heute 22-Jährige will dort mit Kindern und Jugendlichen arbeiten. Generell ist er kommunikativ und lernt gerne Menschen kennen. Daheim begleitet er Sommercamps und möchte mit diesen Kenntnissen und vielen Erwartungen im Gepäck auf der Südhalbkugel sozialen Dienst tun.

Viele neue Eindrücke

Vor der Ausreise muss Luis jedoch erst die Angehörigen beruhigen, seine Familie sorgt sich. „Denn Brasilien ist nicht unbedingt der sicherste Ort für einen Ausländer,“ meint Luis und lacht, da er trotz der Sorge seiner Familie keine Vorurteile mitnehmen möchte. Dann ist es soweit: Luis kommt nach langem Flug in Brasilien an. Und die erste Zeit in Vitória schildert er als emotional überwältigend. „Für mich ging ein Traum in Erfüllung. Es war surreal… Das erste Mal aus dem Haus zu gehen, in der Stadt herumzulaufen, erfüllte mich mit Freude.“ Unter die Begeisterung und Spannung mischen sich auch andere Gefühle hinsichtlich der anstehenden Zeit, ihm kommen gewisse Zweifel: Wird er die Sprache schnell lernen; mögen ihn die Menschen, mit denen er arbeitet; wie ist die Gastfamilie, über die er vorher gar nichts weiß, bei denen er aber ein Jahr wohnen soll?

Mit einer Erfahrung rechnet Luis – nämlich dem klimatischen Unterschied, auf den sich Reisende in tropischen Gefilden einstellen. Zu seiner Verwunderung bewahrheitet sich diese Annahme zunächst nicht. Er kommt im Oktober in Brasilien an, nur um bis Dezember ständigen Regen zu erleben. „Da dachte ich mir: ‚Ach, genau wie in Deutschland!‘“ Luis nimmt aber auch Unterschiede wahr. „Alles ist schon sehr verschieden: die Häuser, das Essen, die Menschen.“ Bei allem Interesse für neue Eindrücke, fällt ihm besonders das Annehmen einer Eigenheit der Einheimischen zunächst schwer. „Mir war es sehr fremd, dass alle Brasilianer – buchstäblich alle – an jeden Ort in Sandalen gehen. Wirklich überallhin, außer in die Kirche!“ Mit einem breiten Grinsen erinnert sich Luis weiter. Seine Gastfamilie will ihn überreden, beim Sprachkurs in Sandalen zu erscheinen. „…und das am ersten Tag? Nein, nein, nein!“ Bei all den augenzwinkernden Verweisen wird er allerdings auch kurz ernst. „Das brasilianische Leben ist leichter als hier,“ resümiert Luis mit Blick auf das Erlebte. Damit meint er die entspannte Mentalität der Menschen, die selbst bei geringem Wohlstand ihre Lebensfreude gerne zeigen.

Interesse bekommen, selbst Dienst im Ausland zu tun? Dann bewirb dich jetzt!

mundus eine Welt e.V. entsendet seit Jahrzehnten junge Menschen in Länder des globalen Südens, um dort als Freiwillige in sozialen Berufen zu arbeiten. Für das Jahr 2024 läuft aktuell die Anmeldephase, noch bis Ende November können sich Interessierte bewerben.

Alle Informationen zu Formalitäten und Ansprechpartnerinnen gibt es gesammelt hier: https://www.mundus-eine-welt.de/nord-sued/

© Zoomik / Shutterstock.com
© Zoomik / Shutterstock.com

Einen Platz in dieser anderen Welt finden

Nach dem ersten Einleben beginnt der eigentliche Dienst im brasilianischen Projekt. Luis arbeitet im Kinder- und Jugendhaus REAME in der Stadt Cariacica, hat dabei viel mit Heranwachsenden im Alter von sechs bis fünfzehn Jahren zu tun. Er spielt oft mit ihnen, es wird zusammen getanzt. Daneben hilft er in allen Bereichen mit – von der Küchenarbeit bis hin zu Treffen mit den Familien. Obwohl Luis ehrenamtliche Arbeit aus der Heimat gut kennt, empfindet er anfangs noch eine gewisse Unzufriedenheit. In seiner Einsatzstelle überall helfen zu müssen, beschäftigt den jungen Deutschen, er sucht nach seiner persönlichen Tätigkeit. „Ich war ein Mädchen für alles und es dauerte einige Zeit, bis ich meinen Platz gefunden hatte; eine Aufgabe, die ich und nur ich machen würde.“ Und so wird allmählich Volleyball zu seinem Steckenpferd.

Auf die Frage hin, was er beim Gedanken an die Heimat besonders vermisst hat und was gar nicht, muss Luis nicht lange überlegen. „Mir fehlten materielle Dinge kaum; nur die Menschen, die mir am Herzen liegen – besonders meine Großeltern. Sie sind die wichtigsten Menschen in meinem Leben und ich war weit weg von ihnen.“ Trotz oder gerade wegen der modernen Kommunikationsmöglichkeiten eröffnen sich praktische Herausforderungen im Austausch. Weil die Großeltern ihr Mobiltelefon nicht zuverlässig bedienen können, wird die Kommunikation mit ihnen zur Herausforderung.

Luis Einsatzstelle ist in der Stadt Cariacica. Bei dem Kinder- und Jugendhaus REAME ist er ein „Mädchen für alles“ – doch er hat auch seine ganz eigene Aufgabe: Volleyball mit den Kindern und Jugendlichen zwischen vier und fünfzehn Jahren.

© Eduardo Menezes / Shutterstock.com
© Eduardo Menezes / Shutterstock.com

Das Gefühl von Heimweh ist für Luis zwar nicht ständig präsent, aber etwas beschäftigt ihn doch immer wieder: In seinem Freundeskreis geht das Leben in der Zwischenzeit ohne ihn weiter. Luis verfolgt über Social Media fast jeden Tag wie die befreundeten Menschen Dinge unternehmen, die sie ansonsten mit ihm gemacht hatten. „Dann war ich traurig, besonders am Anfang,“ besinnt sich Luis zurück. Das Weihnachtsfest nimmt er als besonders schwer wahr, da es ihm nicht möglich ist nach Deutschland zu reisen. Er bleibt über die Feiertage in Brasilien, bemüht sich dabei um schöne Erfahrungen. Auch diese schweren Zeiten formen Luis‘ Erlebnisse im Jahr als Freiwilliger. Ohne Kontakte fühlt er sich zu Beginn noch nicht richtig angekommen. Mit dem Kennenlernen von Gleichaltrigen entspannt sich die Situation aber, auch die Besuche im Fitnessstudio helfen ihm. Sein Glück kommt recht bald zurück, mit jeder neuen Bekanntschaft in Vitória ein Stück mehr.

Ein Ort, wo der Glaube große Bedeutung hat

Für manche Menschen bietet in solchen Situationen, weit weg von zu Hause der eigene Glaube Trost und Zuversicht. In Luis‘ Leben nimmt Religion allerdings zuvor keinen hohen Stellenwert ein. Seine Familie geht zu Ostern und Weihnachten in die Messe, darüber hinaus ist der Glaube kaum relevant. In Brasilien ändert sich dies jedoch grundlegend. Luis geht mit seiner Gastfamilie jede Woche in die Kirche. Es wird oft am Tag gebetet, nicht nur vor den Mahlzeiten. Ehrfürchtig bekräftigt Luis: „Der Glaube hat dort große Bedeutung.“ Der Wandel der Relevanz des Glaubens für den jungen Deutschen beschränkt sich nicht nur auf seine Wahrnehmung der Liturgie, sondern erstreckt sich zunehmend auch auf Arbeiten in der örtlichen Gemeinde. Die Mutter der Gastfamilie wird mit ihrem Engagement in der Kirche zum Vorbild und Antrieb. Diese neue Prägung hält auch nach der Rückkehr in die Heimat an: „Zurück in Deutschland wollte ich die Kirchen der Stadt besuchen, um sie überhaupt erstmal kennenzulernen, obwohl ich hier schon mein Leben lang wohne. Jetzt habe ich definitiv mehr Interesse dafür.“

Luis Striewe ist dankbar für die vielschichtigen Erfahrungen, die er während seines Jahres im internationalen Freiwilligendienst über mundus eine Welt e.V. machen darf. Ganz im Sinne von Papst Franziskus urteilt er nun rückblickend: „Brüderlichkeit ist sehr wichtig für das Zusammenleben mit fremden Menschen, aber auch in Familien und zum Schließen von Freundschaften. Wenn ich das Leben Anderer kennenlernen will, muss ich erstmal meinen Egoismus reduzieren und Brüderlichkeit zeigen.“

Die apostolische Reise in die Vereinten Arabischen Emirate im Februar 2019 beeindruckt Papst Franziskus tief. Er besucht als erstes Oberhaupt der katholischen Kirche die arabische Halbinsel, weshalb sein Aufenthalt dort große Beachtung findet. Die Messfeier des Papstes ist enorm gut besucht, es wird sogar ein Feiertag ausgerufen. Vor allem aber trifft Franziskus auf muslimische Geistliche höchsten Ranges. Auf beiden Seiten steht der Wunsch einer offenen Annäherung. Dies veranlasst den Heiligen Vater zur Formulierung des „Dokuments über die Brüderlichkeit aller Menschen für ein friedliches Zusammenleben in der Welt“: Darin skizziert Franziskus, wie entscheidend für die zukünftige Lösung politischer und sozialer Probleme das Prinzip einer menschlichen Brüderlichkeit ist, die alle Trennungen überwinden kann und das Menschengeschlecht zusammenbringt.

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