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Erzbistum Paderborn
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Kerzenmeer beim ersten High*light© Jugendspirituelles Netzwerk TABOR

Pastorale Aufbrüche: Neue Ideen für Kirche finden

Wie geht Kirche heute? Wir stellen zwei Projekte vor, die neue Wege gehen

Nicht erst seit den Umbrüchen durch die Corona-Pandemie braucht es neue Formen für Kirche. Im Erzbistum Paderborn wird an vielen Stellen versucht, innovative Ideen für die Pastoral zu entwickeln und Gottes Wort zu den Menschen zu bringen, die mit den herkömmlichen Angeboten nur wenig anfangen können. Zwei Projekte sollen in diesem Beitrag vorgestellt werden: Seit fünf Jahren bringt die „E-Kirche“ in Herford Boogie-Woogie und Legosteine ins Gotteshaus. Und im letzten Jahr entstand im Jugendspirituellen Netzwerk Tabor in Lennestadt die Idee für den mobilen Jugendgottesdienst „High*light – together on tour“.

Die E-Kirche in Herford

„E“ wie, „echt“, „evangelisierend“ oder „elementar“ – das E in „E-Kirche“ kann für Vieles stehen. Hinter dem Kürzel steht der Versuch, Kirche im Pastoralen Raum Wittekindsland innovativ weiterzuentwickeln und dabei Menschen zu erreichen, die sonst kaum in eine Kirche gehen. „Dabei verlassen wir gewohnte Pfade, zeigen Ausstellungen oder organisieren Konzerte“, sagt Gemeindereferent Ulrich Martinschledde, der das Konzept seit 2015/16 entwickelt hatte. In den Konzeptpapieren stand damals zunächst oft Experimentierkirche, dann die Abkürzung E-Kirche“, sagt er. Der Name blieb, auch wegen der Offenheit, die die Menschen mit einer eigenen Bedeutung füllen können.

Boogie-Woogie und Legosteine in der Kirche

Mit der Ausstellung „Mensch Jesus“ startete die E-Kirche Ende 2017 in der Herforder Pauluskirche. „Bis heute findet hier der größte Teil unserer Angebote statt“, sagt Martinschledde. „Wir teilen uns die Kirche mit der Gemeinde vor Ort.“ Um die Kirche für die neuen Formate nutzbar zu machen, wurden die fest installierten Bänke durch eine flexible Bestuhlung ersetzt. „Das wurde anfangs skeptisch gesehen“, sagt Martinschledde, inzwischen schätze die Gemeinde die Flexibilität. Auch während der Corona-Pandemie habe sich die Bestuhlung bewährt, weil die Menschen locker im Raum sitzen oder Familien zusammen platziert werden können.

Regelmäßig finden jetzt Ausstellungen statt, aber auch für Kirche eher ungewöhnliche Konzerte, etwa mit dem Boogie-Woogie-Piansten Frank Muschalle. Im Frühjahr 2018 war eine Ausstellung zur Passionsgeschichte aus Legosteinen zu sehen, danach eine Ausstellung zum Thema Taufe. Die Ausstellung „Gemeinsam stark in der einen Welt“ bot den drei katholischen Gemeinden in der Stadt Gelegenheit ihr Engagement in Guatemala, Indien und Nicaragua vorzustellen. Bisher ist Martinschledde mit der Resonanz zufrieden, auch wenn der Großteil der Besucher aus dem kirchlichen Umfeld komme. Kolping-Gruppen oder Gruppen der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands gehören dazu. „Die Passion in Lego war mit mehr als 1.000 Besuchern bisher der Renner“, sagt er.

Nicht nur rein kirchliche Themen

Bisher beschäftigten sich die Ausstellungen meist mit kirchlichen Themen im engeren Sinn. Martinschledde sieht Kirche aber auch in der Pflicht, sich zu Themen zu äußern, die gerade in der Gesellschaft aktuell sind. „Für September bereiten wir eine große Ausstellung zum Thema Glück vor“, sagt er. Dem Thema werde sich aus unterschiedlichen Perspektiven und mit unterschiedlichen Mitteln – etwa denen der Kunst – angenähert.

Auch wenn die E-Kirche für die meisten Gläubigen eng mit der Pauluskirche verbunden ist, gibt es auch Angebote, die sich von der Kirche als Gebäude lösen. Die Familienrockband „Krawallo“ spielte im Innenhof der Herforder Kirche St. Johannes Baptist, im September gab es in Spenge einen Gassigang für Zwei- und Vierbeiner mit Gebet und Segen zum Abschluss. Ungewöhnlich waren auch eine Gesprächsrunde zu Glaubensfragen in einem Restaurant in Bünde oder ein Gesprächsangebot für „Skeptiker und Zweifler“ am 1. Weihnachtstag.

Menschen erreichen

Die Teilnehmerzahl sei bei solchen Angeboten noch überschaubar, sagt Martinschledde, aber er nehme großes Interesse wahr. Auch die Rückmeldungen seien positiv. „Einer der Besucher des Skeptiker-Abends erzählte mir, dass er auf so ein Angebot seit 30 Jahren gewartet habe. Andere trauen sich noch nicht, fragen aber hinterher, wie es gelaufen ist“, sagt der Gemeindereferent. Er wisse von vielen Menschen, die sich für die Themen und die neuen Formate interessieren. Um die in Zukunft doch zu erreichen, baut er gerade einen E-Mail-Newsletter auf. Ideen und Themen für die E-Kirche kommen zum Teil aus der „Ideenschmiede“, einem Kreis engagierter Menschen aus dem ganzen Pastoralen Raum Wittekindsland.

Corona habe einige Planungen durcheinander gebracht, aber aufgeschoben sei nicht aufgehoben. Gottesdienste an ungewöhnlichen Orten – etwa in einem Schuhgeschäft oder in einem Museum – seien vorstellbar. Kirche müsse sich den Menschen wieder mehr annähern, sagt Ulrich Martinschledde. Die E-Kirche sei ein Versuch, das tun. Die bisherige Resonanz, mache Mut, diesen Weg weiter zu gehen.

Autor: Ralf Bittner

 

„High*light – together on tour“ im südlichen Westfalen

Eucharistiefeiern unterwegs und immer an einem anderen Ort. Mit Werbung auf peppigen Plakaten und Instagram, ausgestattet mit digitalen Medien, mit Lichteffekten, mit Band und in moderner Sprache. Und vor allem mit viel Raum für Gestaltung, Interaktion statt reinen Konsums. Der Name: „High*light – together on tour“. Alexander Sieler (35), Leiter vom Jugendspirituellen Netzwerk Tabor, hat das Projekt, das dauerhaft laufen soll, ins Leben gerufen. Zusammen mit Patrick Kaesberg, Priester und Dekanatsjugendseelsorger in Siegen. Und immer wieder anders und mit dabei ist ein Team junger Menschen.

Vom Berg runter in den Alltag

Vor etwas mehr als zwei Jahren wurde Tabor gegründet. Mit Sitz auf einem Berg in Lennestadt-Altenhundem. Eine schöne Analogie zum Berg Tabor in Israel, in der biblischen Überlieferung der Weltenberg, der Verklärungsberg, auf dem Jesus seinen Jüngern in göttlicher Gestalt erschien. Die Vision von Sieler: die Spiritualität junger Menschen der Region stärken, vernetzen und erneuern. Sieler: „Wir möchten zeigen, dass Glaube Licht gibt, Orientierung bietet und Gemeinschaft stiftet. Und wie Jesus seine Jünger von Tabor ausgesandt hat, möchten auch wir nicht nur auf dem Berg Gott erfahren und in Gemeinschaft erleben, sondern in die Region hineingehen. Wir wollen die frohe Botschaft auf moderne Art in den Alltag der jungen Menschen bringen, dorthin, wo sie leben und ihre Herausforderungen haben. Aus dieser Idee heraus ist High*light entstanden.“

Eucharistie als bewusste Entscheidung

High*light als Eucharistiefeier, als Begegnung mit Jesus in Wein und Brot, ist eine ganz bewusste Entscheidung. Modern, aber mit überlieferten Inhalten. „In einer Form, die junger Spiritualität entspricht. In einer Sprache, die die Botschaft in die Lebenswirklichkeit übersetzt. Das klingt banal, ist es aber nicht“, so Sieler.

„Die Welt der jungen Menschen hat sich verändert. Die alten Texte und Lieder kommen nicht an, bieten keinen echten Mehrwert, wenn sie nicht verstanden werden. Das wollen wir ändern und zusammen mit anderen jungen Menschen unterwegs und selbst kreativ sein“, sagt Sophia Jumpertz, die zum ehrenamtlichen Team gehört. Die 25-Jährige studiert Katholische Religion auf Lehramt in Siegen, kennt sich aus mit Kinder- und Jugendtheologie.

Das erste High*light fand bereits statt. Im Advent und in Form einer Rorate-Messe im Kerzenschein in der Kirche St. Michael in Siegen. „Mit viel positiver Resonanz. Ich denke, dass die Idee von High*light mitgenommen wurde. Und vor allem auch die Aufforderung, die ich als Text von Julia Engelmann vorgelesen habe: Lasst uns mal an uns selber glauben, ist mir egal, ob das verrückt ist“, so Jumpertz. „Und so glaube ich, dass wir mit High*light Kirche und Glaube neu gestalten können.“

Kein fertiger Baukasten

High*light ist ein Aufbruch. Ein neuer Weg, auf den man sich gemacht hat. Mit der zentralen Botschaft: sich um Jesus, um den Altar zu versammeln und sich nach der Mitte hin ausrichten. In Vielfalt, in Buntheit, in Gemeinschaft. Alle sind willkommen, so wie sie sind, sollen sich frei und gut fühlen. „Die Botschaft möchten wir in die Region bringen und nach außen strahlen. Wie sich die einzelne Messe entwickelt, ist die Frage der einzelnen Messe und hängt ab von Zeit, Ort, Bedarfen und Kooperationspartnern“, erklärt Sieler. „Wir haben keinen fertigen Baukasten. Fest steht, dass wir eine Messe feiern, wir bringen Technik, Musik, Ideen mit. Und viel Raum für Wünsche.“

Wo die nun folgenden High*lights stattfinden, ist pandemiebedingt noch nicht geklärt. Sicher aber ist ein High*light an Pfingsten im Zirkuszelt in Wenden, das im vergangenen Jahr vom dortigen Pastoralverbund als ganz besonderer Begegnungsort angeschafft wurde.

In die Tiefe

„Ungewöhnliche Orte sind durchaus unser Wunsch“, sagt Sieler. Indes: Coole Ideen alleine reichten nicht aus. Kirche müsse etwas bieten, was über Unterhaltung hinausgeht. Impulse, die in die Tiefe gehen. Sielers Motivation für Tabor: „Jungen Menschen beibringen zu lieben. Sich selbst, den Nächsten und Gott. Das Dreieck als Zentrum des christlichen Lebens.“ Das sei der Kern jeder Aktion, jedes Projektes, jedes Gottesdienstes. Und jeder Eucharistie, als höchste Gebetsform, als High*light. „Wenn die Botschaft mit dem Leben junger Menschen reagiert, sozusagen wie eine chemische Reaktion, dann ist das ein Wow-Effekt.“

Ein Beitrag von:
Freie Journalistin

Birgit Engel

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