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Erzbistum Paderborn
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Petrus und der Hahnenschrei

Alle vier Evangelien erzählen davon, wie Petrus Jesus nach dessen Verhaftung drei Mal verleugnet. Welche Botschaft senden sie damit?

Es ist der vermutlich bekannteste Hahnenschrei der Welt. Man liest darüber in der Bibel, in allen vier Evangelien, und es ereignet sich in einer dramatischen Situation. Jesus war gerade verhaftet und zum Verhör in das Haus des Hohepriesters gebracht worden. Simon Petrus, sein Jünger, ist ihm gefolgt, bis in den Hof des hohepriesterlichen Hauses. Dort werden die Leute schnell auf ihn aufmerksam und fragen ihn, ob er nicht zu den Anhängern Jesu zähle. Petrus verneint drei Mal – dann kräht ein Hahn. Und Petrus erinnert sich, dass Jesus genau das kurz vor seiner Gefangennahme angekündigt hat: „Noch ehe der Hahn kräht, wirst du mich drei Mal verleugnen.“ (Mt 26, 34, vgl. auch Mk 14,30; Lk 22, 34; Joh 13,38)

Das Hahnenkrähen markiert für Petrus eine bittere Selbsterkenntnis. Denn er hat die Ankündigung Jesu entschieden zurückgewiesen. „Und wenn ich mit dir sterben müsste – ich würde dich nie verleugnen“ (Mt 26,35, vgl. auch Mk 14,31, Lk 22,33, Joh 13,37), sagt er. Doch dann, als die Situation bedrohlich zu werden scheint, hält er nicht stand. Petrus, dessen Name doch „Fels“ bedeutet, wird weich. Er kapituliert vor der drohenden Gefahr, die ein Bekenntnis zu Jesus hätte bedeuten können.

Ein menschliches Versagen?

Ist das feige? Oder einfach menschlich? Im Kleinen, meist weniger dramatisch, erleben viele Menschen vermutlich Ähnliches. Man nimmt sich zum Beispiel ganz fest vor, seine Meinung zu vertreten, doch dann, wenn es darauf ankommt, tut man es doch nicht. Weil die Situation ganz anders oder der Druck größer ist, als man sich das vorgestellt hat.

Aber kann man den Fall von Petrus damit abtun? Es geht hier ja nicht um irgendeine Meinung, sondern um das Bekenntnis zum Glauben. Indem Petrus wiederholt behauptet, Jesus nicht zu kennen, leugnet er zugleich die ganze Botschaft vom kommenden Reich Gottes, die Jesus verkündet hat. Er leugnet seine Lebensentscheidung, Jesus nachzufolgen. Laut Matthäus-Evangelium ist er sogar der erste Jünger gewesen, der Jesus als „Messias, Sohn des lebendigen Gottes“ (Mt 16,16) bezeichnet hat. Und nun will er ihn nicht kennen. Muss das nicht Konsequenzen haben?

In den Passionserzählungen verschwindet Petrus jedenfalls vorerst von der Bildfläche. Keins der Evangelien erzählt davon, dass er beim Leiden und Sterben seines Herrn in der Nähe ist. Man kann nur vermuten, was er in dieser Zeit getan und gefühlt hat. Tönt ihm der Hahnenschrei noch in den Ohren? Schämt er sich? Fühlt er sich als Versager? Zerfleischt er sich mit Selbstvorwürfen? Angenehme Stunden werden es für ihn sicherlich nicht gewesen sein.

Nach der Auferstehung ist die Verleugnung kein Thema mehr

Trotzdem hat er wohl recht schnell wieder mit den anderen Jüngern zusammengefunden. Denn als das Blatt sich wendet und die Frauen das leere Grab entdecken, ist Petrus wieder Teil der Jüngergemeinschaft. Bei den Begegnungen mit dem auferstandenen Jesus ist die Verleugnung kein Thema mehr.

Allenfalls eine Geschichte aus dem Johannesevangelium kann man als Widerhall dieser Szene lesen (Joh 21,15ff). Drei Mal wird Petrus von dem Auferstandenen gefragt, ob er ihn denn liebe – als ob Jesus Petrus die Chance geben wolle, das Bekenntnis zu ihm nachzuholen und so die entstandene Wunde zu heilen. Aber ausdrücklich erwähnt wird dieses Geschehen auch hier nicht.

Man kann das ja auch verstehen: Jesus ist von den Toten auferstanden! Er ist am Kreuz gestorben, lag im Grab und ist trotzdem lebendig. Wer denkt angesichts dieser ungeheuerlichen Ereignisse noch an das, was damals im Haus des Hohepriesters geschehen ist? Auch wenn es nur wenige Tage her ist, scheint es doch einer anderen Zeit anzugehören.

Alles nicht der Rede wert?

Ist die Verleugnung Jesu durch Petrus also gar nicht der Rede wert? Kann man im Licht der Auferstehung dezent den Mantel des Schweigens darüber breiten? Das wäre wohl zu einfach, und es würde auch nicht erklären, wieso alle Evangelien davon erzählen.

Die Tatsache bleibt also: Petrus war nicht so stark, wie er geglaubt hat. Als es darauf ankam, hat er das verraten, woran er glaubt, er hat nicht standgehalten. Vielleicht hat er auch erst in diesem Moment voll und ganz verstanden, welche Konsequenzen es haben kann, ein Jünger Jesu zu sein. Und was Jesus gemeint haben könnte, als er sagte: „Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.“ (Mk 8,34)

Jesus Blick auf die Menschen

Zur Vollständigkeit der Geschichte gehört jedoch auch dies: Jesus hat das Verhalten seines Jüngers vorausgesehen, so berichten es ja alle vier Evangelien. Er hat gewusst, dass Petrus ihn nach seiner Verhaftung verleugnen würde. Nirgendwo kann man aber herauslesen, dass er deshalb die Tatsache in Frage stellt, dass Petrus sein Jünger ist und bleibt.

Jesus weiß also, dass persönliches Versagen von Anfang an zu den Menschen gehört, die seine Botschaft weitertragen sollen. Schon sein engster Jüngerkreis war davon betroffen. Seine Freundschaft und sein Vertrauen hat er ihnen deswegen nicht entzogen. Und es hat ihn nicht davon abgehalten, den Weg zum Kreuz zu gehen – um der Rettung der Menschen Willen.

Die Geschichte von der Verleugnung des Petrus stellt an jedem Karfreitag neu die Frage, wie man sich wohl selbst in einer solchen Situation verhalten würde und erinnert daran, wie oft man selbst den eigenen Überzeugungen, dem eigenen Glauben nicht gefolgt ist. Wie oft man also – im übertragenen Sinne – selbst den Hahnenschrei hört, der auf ein nicht eingehaltenes Vorhaben aufmerksam macht.

Und es ist tröstlich, dass Jesus mit dem Versagen des Petrus und auch mit der Schwäche der Menschen rechnet und barmherzig damit umgehen kann.

Ein Beitrag von:
© Besim Mazhiqi / Erzbistum Paderborn
Redaktion

Dr. Claudia Nieser

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