Ruhig werden
Warum ich Exerzitien kennenlernen möchte? Ich arbeite in einer Kommunikationsabteilung, der Kern meiner Arbeit dreht sich ums Sprechen und Schreiben. Es geht darum, Menschen zu erreichen und eine Botschaft zu verkünden. Doch genau diese Botschaft droht manchmal von Deadlines und Meetings übertönt zu werden. Ich mag meine Arbeit. Und ich mache Exerzitien, um mich wieder zu vergewissern, warum ich sie mache. Deshalb suche ich das Gespräch mit Gott. In der Stille.
Die Stille ist strukturiert: Ignatius schreibt vier Gebetszeiten pro Tag vor, die je eine Stunde dauern. Morgens habe ich ein kurzes Gespräch mit meiner geistlichen Begleiterin, Schwester Clara. Sie gibt mir zwei Bibelstellen mit, die ich dann in den Gebetszeiten meditiere. Ansonsten kann ich täglich an der Messe in der Mutterhauskapelle der Schwester der Christlichen Liebe teilnehmen und über das Klostergelände spazieren. Nach draußen, in die Stadt, soll ich nicht. Denn dort besteht die Gefahr, dass ich mein Schweigen breche oder mich ablenken lasse.
Stille hilft
Vor meinem Fenster krächzt eine Krähe. In meinem Kopf habe ich Ohrwürmer von Liedern und Gesprächsfetzen aus der vergangenen Woche. Bilder und Gedanken steigen vor meinem inneren Auge auf. Ich bin direkt aus der Arbeitswoche in die Exerzitien eingestiegen und merke jetzt, dass vieles, was ich im Trubel des Alltags aufgenommen hatte, noch gar nicht verarbeitet ist. Nachts schlafe ich schlecht. Ich merke quasi körperlich, wie mein Geist mit unbearbeiteten Dingen umgeht. Die Stille hilft. Denn ohne Smartphone, Bücher und Radio habe ich keine Möglichkeit, meinen Gedanken zu entfliehen.
In meiner ersten Gebetszeit am Samstag lese ich die Schöpfungsgeschichte. Genesis 1 ist kein unbekannter Stoff. Kurz befällt mich Angst: Was soll ich bloß eine Stunde lang zu diesem Text denken? Die Stille in der Kapelle lässt auch mich ruhiger werden. Nach einem kurzen Gebet lese ich. Einmal, zweimal, dreimal, viermal. Ich merke, wie ich an Worten hängenbleibe. Da sind Gedanken, die ich ins Gespräch bringen muss. Ich führe keine theologische Grundsatzdiskussion, sondern spreche meinen Gott direkt an. Lobe ihn, frage, bitte und danke. Eine intensive Erfahrung.