Mit 74 Jahren wagen wenige Menschen noch ein großes Abenteuer. Schwester Ines Schmiegel hat es getan: Sie hat eine neue Sprache gelernt und ist nach Amerika aufgebrochen. Für drei Monate hat sie in verschiedenen Konventen ihres Ordens, den Schwestern der Christlichen Liebe, gelebt. Hat dort mitgearbeitet, Freuden und Sorgen ihrer Mitschwestern geteilt – und nach den Spuren ihrer Ordensgründerin, Pauline von Mallinckrodt (1817-1881), gesucht.
Mit Gottvertrauen unterwegs
Die erste Herausforderung war der Flug. „Ich bin noch nie allein geflogen. Und dann auch noch so weit“, sagt Schwester Ines. Die Reise machte ihr Angst. Außerdem sei sie mit „so wenig Englisch“ aufgebrochen, sagt sie und lässt zwischen Daumen und Zeigefinger nur eine kleine Lücke. Doch die Ordensfrau hat Gottvertrauen. Also spricht sie eine Flugbegleiterin an, wer sie denn in München zum Gate nach Amerika bringen könnte. Prompt macht die eine Kollegin ausfindig, die den gleichen Flug wie Schwester Ines hat und sie begleitet. „Und wieder war ich ein Stückchen weiter“, sagt Schwester Ines, schlägt die Hände zusammen, schaut leicht nach oben und fügt an: „Lieber Gott, ich danke dir!“
Aus dem Flugzeugfenster sieht sie unter sich den blauen Atlantik. Dabei muss sie an Pauline von Mallinckrodt denken, die sie – wie alle Schwestern ihres Ordens – vertrauensvoll „Mutter Pauline“ nennt. Die Angst vor dem Flug sei das eine, aber „was habe ich für Annehmlichkeiten? In zehn Stunden bin ich in New York. Mutter Pauline ist wochenlang mit dem Schiff gefahren, war schrecklich seekrank und ist in einen schweren Sturm geraten. Was diese Frau in ihrer Zeit alles geschafft hat!“