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Erzbistum Paderborn
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© Ansgar Hoffmann / Erzbistum Paderborn

Sedisvakanz im Kriegsgeschehen

Das Erzbistumsarchiv bearbeitet nicht ausschließlich Dokumente, es gibt auch eine kleinere Sammlung an Siegeln und Stempeln

Sedisvakanz – mit diesem Begriff und mit den insgesamt etwas komplizierten Abläufen bei einem Bischofswechsel sind die Gläubigen im Erzbistum Paderborn gut vertraut. Und sie wissen, dass es lange dauern kann, bis ein neuer Bischof ernannt wird. Entsprechend groß war die Freude, als Papst Franziskus am 9. Dezember 2023 Dr. Udo Markus Bentz zum neuen Erzbischof von Paderborn ernannte und dieser am 10. März 2024 in sein Amt eingeführt wurde. In früheren Zeiten waren Sedisvakanzen mitunter noch länger. Von einer besonders langen und schwierigen Sedisvakanz zeugt die Archivalie des Monats November 2024. Es handelt sich um das Petschaft des Kanzlers des Domkapitels, mit dem dieser in seiner Funktion als geistlicher und weltlicher Diözesanverwalter Schriftstücke besiegelte. Diese Sedisvakanz währte von 1761 bis 1763 und führt uns zurück in die Zeit des Siebenjährigen Krieges.

Ein Weltkriegsereignis

Heute ist der Siebenjährige Krieg (1756–1763) weitestgehend in Vergessenheit geraten. Dabei mischten sämtliche europäischen Großmächte im Kriegsgeschehen mit. Aber nicht nur Europa verwandelte sich in ein Schlachtfeld. Auf allen Weltmeeren wurde blutig um Einflusssphären gerungen, darüber hinaus bekriegten sich Landstreitkräfte in Afrika, in Indien und in den noch jungen Kolonien Nordamerikas. Der bekannte Abenteuerroman „Der letzte Mohikaner“ aus der Lederstrumpf-Reihe von James Fenimore Cooper beispielsweise, mit den rechtschaffenen Mohikanern Uncas und Chingachgook auf Seiten der Briten und dem dämonischen Huronen Magua auf Seiten der Franzosen, spielt im Siebenjährigen Krieg. Es gibt Stimmen in der Geschichtswissenschaft, die vom Siebenjährigen Krieg als einem Weltkriegsereignis sprechen.

In diesen globalen Krieg wurden nicht nur indigene Stämme in der Neuen Welt hineingezogen. Auch das Hochstift Paderborn, ein geistliches Fürstentum, war gezwungenermaßen Kriegspartei, allerdings eine mit eher überschaubaren militärischen Fähigkeiten. Es währte daher nicht lange, bis britisch-hannoveranische Truppen das Hochstift besetzten. Hintergrund dieser Allianz aus Briten und Hannoveranern: König Georg II. war nicht nur König von Großbritannien und Irland, sondern auch Kurfürst von Hannover.

Es droht die Auflösung des Fürstbistums

Während der Besatzung durch die Briten und Hannoveraner verstarb der Paderborner Fürstbischof Clemens August von Bayern (1700–1761) aus dem Geschlecht der Wittelsbacher, die seinerzeit die Kurfürsten und ab 1806 die Könige von Bayern stellten. Mit dem Tod des Fürstbischofs aus bayerischem Geblüt waren die Hannoveraner drauf und dran, sich zumindest den weltlichen Herrschaftsbereich des Bistums Paderborn einzuverleiben. Was nun drohte, war nichts weniger als die Auflösung und Säkularisierung des Fürstbistums.

Der Liebesbund ewiger Bruderschaft bringt die Rettung

Dass es nicht so kam, lag an der Fürsprache des Bistums Le Mans, dem Bistum Paderborn über den heiligen Liborius und den Liebesbund ewiger Bruderschaft aufs engste verbunden, beim französischen König Ludwig XV. Dieser, im Siebenjährigen Krieg Hauptgegner der Briten, machte seinen Einfluss geltend, dass das Fürstbistum Paderborn weiterbestehen konnte. Was sich hier fast liest wie eine fromme Legende, entspricht übrigens geschichtswissenschaftlich belegten Tatsachen.

Für das Hochstift Paderborn nimmt die Geschichte also ein gutes Ende. Und auch die Sedisvakanz geht gut aus: Am 25. Januar 1763 wählte das Paderborner Domkapitel zwei Jahre nach dem Tod von Fürstbischof Clemens August von Bayern einen neuen Bischof, der bei der Besatzungsmacht und beim Kirchenvolk Zustimmung fand.

Die Archivalie ein Petschaft

Petschaft ist wie Zölibat. Es kommt auf den richtigen Artikel an. Der Zölibat ist männlich. Aber heißt es das oder die Petschaft? Die Freundschaft, die Kundschaft, die Verwandtschaft sind allesamt weiblich, aber beim Petschaft verhält es sich anders. Petschaft ist sachlich, das Petschaft ist die einzig richtige Schreibweise! Bei einem Petschaft handelt sich um einen Stempel aus hartem Material wie Metall oder Stein, der in Wachs oder Siegellack gedrückt wird. Damit unterscheidet sich das Petschaft grundsätzlich von Papierpräge-, Gummi- und Farbsiegelstempeln.

Eng verwandt hingegen ist das Petschaft mit dem Siegelstempel. Der einzige Unterschied: Der Begriff Petschaft wird meist für große und offizielle Siegelstempel verwendet, während bei Privatpost eher der Gattungsbegriff Siegelstempel angebracht ist.

Das Erzbistumsarchiv macht nicht nur eine in die Millionen gehende Sammlung an Dokumenten zugänglich. Auch eine kleinere Sammlung an Siegeln und Stempeln aus verschiedenen Epochen ist hier aufbewahrt. Die Archivalie des Monats November 2024 ist das Petschaft des Kanzlers des Domkapitels in seiner Funktion als Diözesanverwalter aus dem Jahr 1761.

Das Artefakt ist zeittypisch gehalten, weist aber einige Besonderheiten auf. So wurde das Petschaft des Diözesanadministrators hochwertig in Metall ausgeführt. Dies zeugt von der Würde des Amtes, auch wenn es sich um eine zeitlich befristete Stellvertreteraufgabe handelt. Womöglich rechnete das Paderborner Domkapitel aber auch schon 1761 angesichts der Kriegswirren mit einer längeren Sedisvakanz. Wie jedes Sedisvakanzsiegel ist es namenlos, wurde aber eigens für diese Sedisvakanz angefertigt.

Foto Petschaft Ansgar Hoffmann
Signatur Bestand Sammlungen Siegel und Stempel S 3, 10
Entstehungsdatum 1761
Provenienz Domkapitel
Kulturhistorische Bedeutung Das Petschaft führt zurück in die Zeit einer Sedisvakanz im Siebenjährigen Krieg, in der das Hochstift als Fürstbistum besetzt und von seiner Auflösung bedroht ist. Das Petschaft ist zeittypisch und als Siegelstempel eines Diözesanverwalters hochwertig ausgeführt.
Literaturangaben 1.) Die Bischöfe und Erzbischöfe von Paderborn. Hgg. Brandt u. Hengst, 1984.

2.) Das Bistum Paderborn. Geschichte des Erzbistums Paderborn, Bd. 2. Hgg. Brandt u. Hengst, 1984.

Hintergrund: Zwei unterschiedliche Bischöfe

war eine typische Erscheinung der Barockzeit. Schon mit 19 Jahren wurde der Spross aus bayerischem Hochadel Fürstbischof von Paderborn und Münster, ab 1723 war er Erzbischof von Köln und damit Kurfürst des Heiligen Römischen Reiches. Später zog er noch weitere geistliche und weltliche Ämter auf sich und ist damit ein typisches Beispiel für die Pfründenhäufung, die eigentlich bereits durch das Tridentinische Konzil (1545–1563) eingedämmt werden sollte.

Darstellen ließ sich Clemens August häufig in Rüstung und auch sonst war er weltlichen Dingen nicht abgeneigt. Dass er häufig mit seinen Schlössern, mit Festen, Feuerwerken, der Jagd und anderen Freuden des höfischen Lebens in Verbindung gebracht wird, ist sicher nicht falsch, aber auch nicht ganz richtig. In diesem Urteil spiegelt sich auch die Denkweise des 19. Jahrhunderts wider, in dem preußische Sparsamkeit als Ideal galt. Allseits bestätigt wird Clemens August seine tiefe Frömmigkeit, die im Barock nicht zwingend in Widerspruch zu seinem Lebenswandel stand.

war Nachfolger von Clemens August von Bayern und ab 1763 Fürstbischof von Paderborn. Wer die Reihe „Archivalie des Monats“ verfolgt, kennt ihn bereits aus der Episode zum Paderborner Kaffeelärm von 1781 aus dem März 2024 als strengen Tugendwächter, der entschieden gegen den Kaffeegenuss vorging.

Geboren wurde Wilhelm Anton von der Asseburg auf der Hinnenburg bei Brakel, er war also ein Kind des Paderborner Landes. Dies brachte ihm bereits bei Verkündung seiner Wahl die Sympathien des Kirchenvolkes ein. Des Weiteren wird er als plattdeutschsprechend, volksnah und asketisch beschrieben. Die Ereignisse um den Kaffeelärm und die Verkürzung der Prozession von Paderborn nach Werl (man ging nun nur noch bis zur Muttergottes von Verne) minderten seine Beliebtheit bei seinen Landeskindern nur kurzzeitig. Seine große politische Leistung als Fürstbischof bestand darin, durch Sparsamkeit und geschicktes Wirtschaften Aufschwung in das kriegsgeschädigte Fürstbistum zu bringen.

Die Archivalie des Monats

Das Erzbistumsarchiv ist das Gedächtnis unserer Erzdiözese. Es sichert und erschließt die schriftliche Überlieferung und macht Geschichte allgemein zugänglich. Und das sogar kostenlos. Selbst die wertvollsten Archivstücke können Sie sich werktäglich zu den Öffnungszeiten des Erzbistumsarchivs ansehen. Darunter sind selbstverständlich auch die Stücke, die wir Ihnen in unserer Reihe „Die Archivalie des Monats“ vorstellen.

Besuchendenadresse:

Erzbistumsarchiv Paderborn
Domplatz 15 (Konrad-Martin-Haus)
33098 Paderborn
Tel.: (0 52 51) 1 25-12 52
E-Mail: archiv@erzbistum-paderborn.de
Geöffnet Montag-Donnerstag, 9.00 Uhr bis 16.00 Uhr

Ein Hinweis für alle genealogisch Interessierten: Die digitalisierten Kirchenbücher des Erzbistums Paderborn finden Sie auf

Matricula

Ein Beitrag von:
© Jürgen Hinterleithner
freier Autor

Hans Pöllmann

© Besim Mazhiqi / Erzbistum Paderborn
Archivar

Gerrit Eder

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