„Man zieht an einem Strick“, sagt Pastor Martin Hufelschulte und tut genau das. Hinter ihm erklingt ein heller Ton, als der Klöppel an die Glockenwand anschlägt. Hufelschulte, der seit diesem Jahr auch Glockensachverständiger im Erzbistum Paderborn ist, braucht kaum Kraft, um den kiloschweren Klöppel zu bewegen, weil er ihn zuvor „ungefähr eine Faustbreit“ an die Glockenwandung herangespannt habe. So haben er und die anderen Mitglieder des Beier-Teams acht Glocken der Kirche St. Cäcilia präpariert und können nun Rhythmen oder Melodien auf ihnen spielen. Damit ist eine jahrhundertealte Tradition eigentlich schon erklärt: das Beiern. Doch keine Erklärung reicht an das Gefühl heran, unten am Fuß des Kirchturms zu stehen und zuzuhören, wie sich aus einzelnen Tönen langsam bekannte Kirchen- und Adventslieder formen.
Eine alte Tradition
In Westönnen, einem Ortsteil von Werl im Kreis Soest, wird an der Kirche St. Cäcilia das Beiern lebendig gehalten. Glockenläuten ist den meisten Menschen ein Begriff – Beiern hingegen weniger. Das Beiern unterscheidet sich vom Läuten in zwei Punkten: Zum einen schwingen beim Läuten Glocke und Klöppel, beim Beiern steht die Glocke still. Zum anderen wird beim Beiern der nah an die Glockeninnenwand herangezogene Klöppel von Hand bewegt, was den Ton erzeugt.
Einst war das Beiern in vielen Gemeinden des Erzbistums Paderborn verbreitet, weil das manuelle Läuten der schweren Glocken sehr anstrengend war. Bis etwa 1958 war das auch in Westönnen so. Dann wurde eine elektrische Läutemaschine eingebaut, mit der die Glocken ohne menschlichen Kraftaufwand geläutet werden konnten. Beiern konnte die Maschine allerdings nicht. Der Brauch geriet schon bald in Vergessenheit.