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Erzbistum Paderborn
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Sonnenuntergang in der Savanne Tansanias© Simon Dannhauer / Shutterstock.com

Tumaini heißt Hoffnung

Waisenkinder und Behinderte haben es in den Dörfern im Nordosten Tansanias schwer. Schwester Adalbera findet Nachbarn, die sich um sie kümmern. Eine missio-Reportage aus Anlass des Afrikatages am 5. Januar 2025.

Hinterm Maisfeld geht’s weiter. Die staubige Dorfstraße ist längst zu Ende, auf dem Feldweg kommt man nicht mal mit robusten Motorrollern vorwärts. Es geht nur noch zu Fuß voran. Und das ist das Problem für Kelvin. Denn Kelvin kann nicht gehen.

Der Sechsjährige ist seit seiner Geburt schwer behindert. Als Schwester Adalbera Makure zu Besuch kommt, trägt seine Mutter den Jungen aus der Hütte und setzt ihn in einen selbstgezimmerten niedrigen Stuhl. Die Ordensfrau streicht ihm behutsam über den Kopf: „Hallo Kelvin, schön dich zu sehen!“ Der Kleine dreht mühsam den Kopf zu ihr hoch, lächelt scheu. Schwester Adalbera kommt nicht oft. Aber im Blick hat sie ihn immer. Und heute kann sie vielleicht einen Hoffnungsschimmer in den Augen seiner Eltern aufleuchten lassen. Denn Kelvin soll zur Schule gehen.

„Wie soll das gehen“, fragt seine Mutter Juliana skeptisch. Die Schule ist kilometerweit weg. Der Hocker ist kein Rollstuhl; und Kelvin kann sich nicht festhalten, wenn ihn jemand auf dem Motorrad transportiert. „Die Schule nimmt sowieso keine Behinderten“, meint der Vater. Dennis Tarimo, der mit Schwester Adalbera gekommen ist, bleibt optimistisch: „Er muss etwas lernen, sonst hat er gar keine Chance. Die Schule muss ihn nehmen, und Kelvin wird da hinkommen. Mister Honori wird dafür sorgen!“.

Honori Kalisti ist einer von 28 Freiwilligen, die für das Tumaini Center arbeiten. 20 Männer und Frauen, „Unterstützer“ genannt, schauen in ihren Dörfern nach denen, die allzu leicht unter die Räder kommen: Alte, Behinderte, Kranke, Waisenkinder. Honori Kalisti ist für Kelvin und dessen Familie zuständig, er soll jetzt den Schulbesuch des behinderten Jungen organisieren. Das wird nicht leicht für den ernsten Mann aus dem Dorf, der ein wenig hilflos zuhört, wie Dennis Tarimo Pläne entwickelt. Aber er sieht auch: Ohne ihn hat Kelvin keine Chance, hinter den Feldern hervorzukommen.

Afrikatag 2025 im Erzbistum Paderborn

Immer im Januar bittet missio Aachen die Menschen in den (Erz-)Bistümern um Spenden für die Kirche in Afrika. Im Erzbistum Paderborn findet der „Afrikatag“ am 5. Januar statt. Kollekten in den Gottesdiensten kommen dann missio-Projekten in Afrika zugute. Im Mittelpunkt stehen 2025 mutige Ordensfrauen in Tansania. Die Schwestern Unserer Lieben Frau vom Kilimandscharo arbeiten im ländlichen Norden Tansanias und setzen auf Hilfe zur Selbsthilfe. Dafür haben sie das Tumaini Center aufgebaut.

Die Afrikakollekte ist die älteste gesamtkirchliche Solidaritätsinitiative der Welt. Sie wurde ins Leben gerufen, um Spenden für den Kampf gegen die Sklaverei zu sammeln und die Arbeit der Missionare zu unterstützen. Heute unterstützt die Kollekte die Eigenständigkeit der lokalen Kirche in Afrika. 2024 spendeten Menschen im Erzbistum Paderborn rund 79.700 Euro.

Die Familie bleibt verpflichtet

Hilfe zur Selbsthilfe – das hat sich das Tumaini Center auf die Fahnen geschrieben. „Tumaini heißt auf Suahili Hoffnung. Und das sind wir: ein Ort, wo Menschen Hoffnung bekommen“, erklärt Schwester Adalbera. Seit drei Jahren leitet die Schwester von Unserer Lieben Frau von Kilimanjaro das Hilfswerk in Rombo im Norden von Tansania. Dennis Tarimo, ein Englischlehrer, ist ihr ehrenamtlicher Projektmanager. Dazu kommen sieben Mitarbeiter, die für die Schweine und die kleine Bäckerei sorgen und Unterstützer wie Honori Kalisti beraten.

Die Gründerin von Tumaini, Schwester Maria Lauda, plante 1990 zuerst ein Waisenhaus, weil viele Kinder ihre Eltern durch Aids verloren. Aber sie entdeckte bald, dass die Jungen und Mädchen in der Großfamilie leben könnten, wenn diese die nötige Unterstützung bekommt. „Es ist wichtig, Waisen nicht aus ihren Dörfern herauszuholen“, erklärt der Projektmanager. „In unserer Kultur muss ein Vater jedem Kind ein Stück Land geben, auf dem es seinen Lebensunterhalt verdienen kann. Wenn er stirbt, übernimmt der Onkel diese Pflicht. Aber wenn die Kinder anderswo versorgt werden, muss er das nicht.“ Der 36-Jährige wurde als Waise ebenfalls von Tumaini unterstützt, er blieb in der Großfamilie und ist heute dankbar, dass er auf eigenem Land ein Haus für seine Kinder bauen kann.

Länderinfo Tansania

In dem ostafrikanischen Land leben 67 Millionen Menschen, 43 Prozent sind unter 15 Jahre alt. Mehr als die Hälfte lebt auf dem Land. Hier ist die Gesundheitsversorgung vor allem für Frauen nicht gut, die Hälfte der Dorfbewohner hat keinen Zugang zu sauberem Wasser, jedes fünfte Kind geht nicht zur Schule. Über 1,3 Millionen sind Waisen.

© Paul Hampton / Shutterstock.com
© Paul Hampton / Shutterstock.com

Freiwillig engagiert trotz Armut

So entstand in den Hügeln von Rombo ein kleines Sozialzentrum, in das die Kinder kommen und sich Rat und Hilfe holen können. Auch die erwachsenen Freiwilligen, „Unterstützer“ genannt, treffen sich hier regelmäßig, um über ihre Erfahrungen zu sprechen und Lösungen für die Probleme zu suchen, mit denen sie täglich konfrontiert werden.

Denn das Tumaini-Team baut vor allem in den Dörfern selbst Hilfestrukturen auf. Gesucht werden Männer und Frauen, die ihre Nachbarschaft kennen und bereit sind, sich für andere einzusetzen. Einfach ist das nicht: Die Wege zu den Bedürftigen sind weit, das teure Benzin für einen Motorroller müssen die Unterstützer selbst bezahlen. Das nächste Krankenhaus ist sieben Kilometer entfernt. Und irgendwie müssen sie auch ihre Familien durchkriegen, Wasser holen, das Schulgeld für die eigenen Kinder verdienen. „In meinem Dorf lebt ein Waisenkind, das niemand haben will, weil es HIV-positiv ist. Also habe ich es genommen“, erzählt Lucy Avelin Mrina. Früher ist sie drei Mal pro Woche zu den Bedürftigen gegangen, heute ist sie froh, wenn sie es einmal im Monat schafft. „In der Zwischenzeit kann viel Schlimmes passieren“, sagt sie. Einen neunjährigen Jungen, der nicht gehen und nicht sprechen konnte, fand sie eingeschlossen in der Hütte seines Vaters. „Ich habe alles versucht, ihn da rauszuholen und zur Schule zu bringen, aber der Vater war dagegen. Er will seinen Sohn zum Betteln nutzen.“ Weil alles nichts half, schaltete Lucy Mrina schließlich den Dorfvorsteher ein.

Die 38-Jährige ist stolz auf das, was sie leistet: „Ich habe gespürt, wie viele Fähigkeiten ich habe, von denen ich gar nichts wusste!“ Salome Areths Kauishe weiß, dass sich die Bedürftigen in ihrem Dorf auf sie verlassen. Dieses Vertrauen will sie auf keinen Fall enttäuschen. „Es macht mich froh, wenn ich meinen Nachbarn helfen kann. Ich hoffe, dass Gott es mir lohnen wird und auch mir helfen wird mit meinen Sorgen.“

Sisters of Our Lady of Kilimanjaro

Die einheimische Ordensgemeinschaft „Sisters of Our Lady of Kilimanjaro“ wurde 1931 in Tansania gegründet. Die Schwestern arbeiten in Moshi, wozu auch Rombo im Umland gehört, sowie Mwanza im Norden Tansanias. Sie eröffneten die erste Schule im Land und arbeiten heute als Lehrerinnen, im Hospital und in der Pastoral, mit Kranken und Behinderten. Dem Orden gehören 85 Frauen in Ewigen Gelübden und 85 Kandidatinnen und Novizinnen an. Das Interesse an dem Orden ist groß. Über 50 Postulantinnen wollen eintreten.

Eine Bäckerei gibt Hoffnung

Schwester Adalbera und Dennis Tarimo hören geduldig zu. Das ist das Einzige, was sie tun können, denn das Tumaini Center hat selbst kaum Geld. Aus den wenigen Spenden, die sie bekommen, finanzieren sie das Schulgeld für 176 besonders bedürftige Kinder. Alle Hoffnung setzen sie auf die neue Bäckerei, die Weißbrot und Milchbrötchen für den Verkauf produziert und sehr erfolgreich werden könnte, wenn der Strom nicht so unzuverlässig wäre …

Trotz der bescheidenen Bedingungen hat das Zentrum der Hoffnung viele Früchte getragen: 40 Kinder, die hier Hilfe suchten, sind heute Lehrer. Drei wurden Priester, acht Frauen traten in einen Orden ein, 16 Schüler wählten einen medizinischen Beruf.

Auch Hilda hofft, dass sie Ärztin werden kann. Die 15-Jährige sorgt für ihren Großvater und vier Geschwister, das jüngste ist erst vier Jahre alt. Der Vater starb 2019, die Mutter ging mit einem anderen Mann weg. „Nein, es ist nicht schwer für alle zu sorgen“, sagt sie tapfer, dann rollen ihr die Tränen übers Gesicht. Dennis nimmt ihre Hand: „Hilda, hab´ Mut. Sieh mal, ich war genau wie du, ich hatte keine Eltern mehr und es war so schwer für mich. Aber ich habe es geschafft, du schaffst das auch!“ Als Hilda geht, sieht er ihr nachdenklich nach. „Wir wollten nie ein Waisenhaus sein, aber wir erleben auch, dass viele Kinder eigentlich nicht in ihren Familien bleiben können. Da gibt es Vernachlässigung, Gewalt, auch Missbrauch. Und wir haben keinen Schutzraum für sie.“

Schwester Adalbera hat manchmal Angst, dass ihr die Probleme über den Kopf wachsen. Sie ist 71 Jahre alt, ohne Projektmanager Dennis Tarimo, der seine ganze Freizeit in das Projekt steckt, könnte sie die Arbeit nicht leisten. „Auch wenn mich die Sorgen bis in den Schlaf verfolgen – Beten hilft! Oft können wir nur noch auf Gott vertrauen. Und das tun wir! Tumaini heißt doch Hoffnung …“

 

Christina Brunner / missio Aachen

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