Hinterm Maisfeld geht’s weiter. Die staubige Dorfstraße ist längst zu Ende, auf dem Feldweg kommt man nicht mal mit robusten Motorrollern vorwärts. Es geht nur noch zu Fuß voran. Und das ist das Problem für Kelvin. Denn Kelvin kann nicht gehen.
Der Sechsjährige ist seit seiner Geburt schwer behindert. Als Schwester Adalbera Makure zu Besuch kommt, trägt seine Mutter den Jungen aus der Hütte und setzt ihn in einen selbstgezimmerten niedrigen Stuhl. Die Ordensfrau streicht ihm behutsam über den Kopf: „Hallo Kelvin, schön dich zu sehen!“ Der Kleine dreht mühsam den Kopf zu ihr hoch, lächelt scheu. Schwester Adalbera kommt nicht oft. Aber im Blick hat sie ihn immer. Und heute kann sie vielleicht einen Hoffnungsschimmer in den Augen seiner Eltern aufleuchten lassen. Denn Kelvin soll zur Schule gehen.
„Wie soll das gehen“, fragt seine Mutter Juliana skeptisch. Die Schule ist kilometerweit weg. Der Hocker ist kein Rollstuhl; und Kelvin kann sich nicht festhalten, wenn ihn jemand auf dem Motorrad transportiert. „Die Schule nimmt sowieso keine Behinderten“, meint der Vater. Dennis Tarimo, der mit Schwester Adalbera gekommen ist, bleibt optimistisch: „Er muss etwas lernen, sonst hat er gar keine Chance. Die Schule muss ihn nehmen, und Kelvin wird da hinkommen. Mister Honori wird dafür sorgen!“.
Honori Kalisti ist einer von 28 Freiwilligen, die für das Tumaini Center arbeiten. 20 Männer und Frauen, „Unterstützer“ genannt, schauen in ihren Dörfern nach denen, die allzu leicht unter die Räder kommen: Alte, Behinderte, Kranke, Waisenkinder. Honori Kalisti ist für Kelvin und dessen Familie zuständig, er soll jetzt den Schulbesuch des behinderten Jungen organisieren. Das wird nicht leicht für den ernsten Mann aus dem Dorf, der ein wenig hilflos zuhört, wie Dennis Tarimo Pläne entwickelt. Aber er sieht auch: Ohne ihn hat Kelvin keine Chance, hinter den Feldern hervorzukommen.